Ein Schild warnt vor Coronaleugnern.© Pusteflower9024 / iStock / Getty Images Plus
Wer von den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie abrät, gefährdet die Gesundheit seiner Mitmenschen. Dagegen gehen Facebook und das Weiße Haus nun vor.

Falschinformation

FACEBOOK UND DAS WEISSE HAUS GEGEN VERSCHWÖRUNGSERZÄHLER

Es gibt Menschen, die ihre persönlichen Ansichten über wissenschaftliche Erkenntnisse stellen. Das wird dann zum Problem, wenn sie in Gesundheitsfragen ihre Meinung anderen als Fakten präsentieren. Facebook setzt nun ein Zeichen gegen „Querdenker“, das Weiße Haus lädt Nicki Minaj zum Gespräch.

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Facebook hat ein neues Verfahren entwickelt, um weltweit „schädliche Netzwerke“ von seiner Plattform zu verbannen. Den ersten Fall hat der Internet-Konzern in Deutschland identifiziert: die umstrittene „Querdenken“-Bewegung.

Nach einem viel diskutierten Tweet der US-Rapperin Nicki Minaj über angebliche Nebenwirkungen einer Corona-Impfung hat das Weiße Haus dem Popstar ein Gespräch mit einem Experten angeboten.

Facebook löscht „Querdenken“-Kanäle als „schädliches Netzwerk“

Facebook hat knapp 150 Konten und Gruppen auf seinen Plattformen gelöscht, die der Internetkonzern der umstrittenen Querdenker-Bewegung zuordnet. Es sei weltweit die erste gezielte Aktion, die sich gegen eine Gruppierung richte, die eine „koordinierte Schädigung der Gesellschaft“ (Coordinated Social Harm) hervorrufe, sagte Facebook-Sicherheitsmanager Nathaniel Gleicher am 16. September der Deutschen Presse-Agentur. Betroffen seien auch die Accounts von Querdenken-Gründer Michael Ballweg.

Die Aktion richtet sich gegen „Querdenker“ auf Facebook selbst und Instagram. Nicht betroffen ist der Chatdienst WhatsApp, der ebenfalls zum Facebook-Konzern gehört. Facebook-Manager Gleicher warf den Querdenkern vor, in koordinierter Weise wiederholt gegen die Gemeinschaftsstandards von Facebook verstoßen haben. „Hierzu zählen die Veröffentlichung von gesundheitsbezogenen Falschinformationen, Hassrede und Anstiftung zur Gewalt.“

"Querdenken"-Websites nicht mehr verlinkbar

Facebook hat zudem eine Liste von Webseiten der Querdenker identifiziert, die auf Facebook nicht länger verlinkt werden können: „Wir haben Verlinkungen auf Domains der Querdenken-Bewegung von unserer Plattform entfernt.“

Ballweg kündigte an, gegen die Löschung rechtlich vorzugehen. Insbesondere die Facebook-Seite von „Querdenken711“ mit über 30 000 Abonnenten habe nur Inhalte zu den Themen Grundrechte und Meinungsfreiheit zum Thema gehabt. Man habe sich bereits in den vergangenen Monaten mehrfach gegen ungerechtfertigte Löschungen rechtlich zur Wehr setzen können, sagte er der dpa.

Koordinierte Kampagnen, keine Fake-Profile

Das „schädliche Netzwerk“ sei von Personen betrieben worden, die mit Gewalt außerhalb der Plattform und anderen „sozialen Schäden“ in Verbindung gebracht würden. An diesen koordinierten Kampagnen seien in der Regel authentische Nutzer beteiligt. „Das sind keine Fake-Profile, sondern echte Menschen, die sich organisieren, um systematisch gegen unsere Richtlinien zu verstoßen und Schaden auf oder außerhalb unserer Plattform anzurichten“, sagte Gleicher.

Die Personen in dem Netzwerk nutzten aber auch doppelte Konten, um verletzende Inhalte zu posten und zu verbreiten. „Querdenken“ konzentriere sich in erster Linie darauf, die Verschwörungserzählung zu fördern, dass die COVID-19-Beschränkungen der deutschen Regierung Teil eines größeren Plans sind, um die Bürger ihrer Freiheiten und Grundrechte zu berauben. „Wie aus den öffentlichen Medien bekannt ist, hat diese Gruppe in Deutschland reale Gewalt gegen Menschen ausgeübt, die im Journalismus, bei der Polizei oder im Gesundheitswesen arbeiten“, heißt es in dem Blogeintrag des Facebook-Managers.

Bundesverfassungsschutz beobachtet

Die Anhänger der „Querdenken“-Initiative gehen seit Monaten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen auf die Straße. Bei den Demonstrationen in Berlin und anderen Städten kam es auch zu Angriffen auf Polizisten und Medienvertreter. Die Bewegung wird inzwischen von verschiedenen Landesverfassungsschutzämtern beobachtet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Szene als „Sammelbeobachtungsobjekt“ im Visier, ähnlich wie beim Salafismus. Bei der Überwachung können auch geheimdienstliche Mittel eingesetzt werden, sowie Bankkonten und Finanzströme zwischen den Akteuren durchleuchtet werden.

Ende Mai hatte bereits die Video-Plattform YouTube den Kanal „Querdenken 711“ gelöscht. Ein Google-Sprecher warf damals der umstrittenen Gruppierung vor, gegen die YouTube-Richtlinien für Fehlinformationen verstoßen zu haben. Ballweg bestritt damals die Vorwürfe und kündigte an, auf eine dezentrale Alternative zu YouTube ausweichen zu wollen. In den sozialen Netzwerken ist Querdenken mittlerweile vor allen auf der Plattform Telegram unterwegs, die selbst extremistische Inhalte nicht löscht.

Weißes Haus bietet Rapperin Minaj nach Impf-Tweet Expertengespräch an

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sagte am 16. September (Ortszeit) in Washington, man habe angeboten, dass Minaj mit einem der Gesundheitsfachleute der Regierung telefonieren könne, um ihre Fragen zu Sicherheit und Effektivität einer Impfung zu beantworten. Das Angebot sei auf Mitarbeiter-Ebene überbracht worden. Es sei noch nicht über ein mögliches Format oder andere Details gesprochen worden. Minaj hatte am Mittwoch auf Twitter geschrieben, sie sei ins Weiße Haus eingeladen worden.

Minaj, die in Trinidad und Tobago geboren wurde und in New York aufwuchs, hatte am Montag in einem Tweet Zweifel an der Sicherheit einer Corona-Impfung geschürt. Die 38-Jährige schrieb, einem Freund ihres Cousins auf Trinidad sei nach der Impfung gegen das Coronavirus der Hoden angeschwollen und er sei impotent geworden. Minaj riet dabei auch ihren mehr als 22 Millionen Followern, sich die Entscheidung zur Impfung gut zu überlegen und sich nicht einschüchtern zu lassen.

Einzelfall überprüft

Dafür erntete die Rapperin viel Spott und Kritik. Großbritanniens oberster medizinischer Regierungsberater, Chris Whitty, sagte, Minaj solle sich schämen. Es gebe Menschen, die Unwahrheiten über die Impfung verbreiteten, obwohl sie es besser wüssten. Der Gesundheitsminister von Trinidad und Tobago, Terrence Deyalsingh, sah sich zu einer öffentlichen Stellungnahme bemüßigt: Er erklärte, es gebe in seinem Land keine Berichte über einen solchen Fall, und beklagte zugleich, man habe „viel Zeit damit verschwendet, dieser falschen Behauptung nachzugehen“.

Die US-Regierung bemüht sich seit Monaten intensiv, Skeptiker und Kritiker im Land von einer Corona-Impfung zu überzeugen. Rund 54 Prozent der Bevölkerung in den USA sind voll gegen das Coronavirus geimpft. In den vergangenen Wochen kam die Impfkampagne angesichts verbreiteter Impfskepsis nur noch sehr schleppend voran.

Quelle: dpa

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