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Hitzschlag

EINFACH ZU HEISS!

Schwäche und Kopfschmerzen bei schwüler Sommerhitze sind manchmal mehr als eine Lappalie – es kann sich um echte Hitzeschäden handeln, von denen der Hitzschlag die schwerste Form ist.

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Der Körper verfügt über verschiedene Strategien, mit denen er seine Temperatur auch unter wechselnden Außenbedingungen relativ konstant hält. Dies ist notwendig, da wichtige Stoffwechselvorgänge nur in einem begrenzten Temperaturbereich stattfinden können. Einem Thermostaten gleich reguliert der Hypothalamus den Wärmehaushalt: Bei zu hohen Werten werden die Hautgefäße weit gestellt, sodass mehr Blut zur Körperoberfläche fließt, wo die überschüssige Wärme abgegeben werden kann.

Diese thermoregulatorische Dilatation der Hautgefäße kann im Extremfall zu einer unzureichenden Durchblutung des Gehirns führen, mit der Folge eines Ohnmachtsanfalls (Hitzekollaps). Schwitzen entzieht dem Körper über die Verdunstungskälte zusätzlich Wärme. Bei sehr hohen Umgebungstemperaturen ist dies der hauptsächliche Mechanismus zur Verhinderung eines Wärmestaus.

Zusätzlich besitzt der Organismus auch langfristige Adaptationsmechanismen (Akklimatisierung). So stellt er nach einiger Zeit auf eine stark erhöhte Produktion eines salzarmen Schweißes um. Die Anpassungsmechanismen funktionieren bei alten und kranken Menschen oft nicht mehr so gut.
Schwül-warmes Klima – mit oder ohne Sonne – belastet den Körper erheblich. (Zu) große Wärmezufuhr und/oder unzureichende Wärmeabgabe führen zu einer Überwärmung des Organismus (Hyperthermie).

Zu viel Sonne
Eine starke Überwärmung des Kopfes durch direkte Sonnenbestrahlung des ungeschützten Kopfes und Nackens ist die Ursache des Sonnenstichs (Insolation). Sie verursacht eine Reizung der empfindlichen Hirnhäute unter der Schädeldecke. Betroffene haben einen hochroten heißen Kopf und Hals und klagen über Übelkeit, müssen sich übergeben. Weitere Symptome sind Kopfschmerzen, Benommenheit, Schwindel und Nackensteifigkeit. Typisch ist, dass die Probleme oft mit einer Verzögerung von bis zu acht Stunden auftreten. Besonders gefährdet sind Säuglinge und Kleinkinder. In schweren Fällen kann es auch zu einem Hirnödem kommen, einer Flüssigkeitseinlagerung mit Druckerhöhung im Hirngewebe. Kühlende Umschläge für den Kopf und Ruhen im Schatten mit etwas erhöhtem Oberkörper sind die wesentlichen Maßnahmen – zur Vorbeugung: Kopfbedeckung, evtl. mit Nackenschutz.

Das Vorstadium Unter hohen Umgebungstemperaturen und/oder großer körperlicher Anstrengung kann sich eine Hitzeerschöpfung entwickeln: Durch die starke Schweißbildung wird über einen längeren Zeitraum hinweg viel Wasser und Salz verloren, was in einer Kreislaufstörung mündet. Die Patienten sind schwach, kurzatmig und können frösteln. Sie haben blasse, feuchte Haut, klagen über Benommenheit, Kopfschmerzen und Übelkeit.

Personen mit entsprechenden Anzeichen sollten flach liegend in einem kühlen Raum ruhen. Es ist wichtig, dass sie salzhaltige Getränke zu sich nehmen. Kommt es zu Bewusstseinstrübung oder gar Bewusstlosigkeit, ist der Notarzt zu rufen.

Bleibt die Hitzeerschöpfung – etwa aus sportlichem Ehrgeiz – unbehandelt, kann sich der wesentlich schwerere Hitzschlag entwickeln. Das Vollbild dieses Schadens trat in gemäßigten Klimazonen wie unserer bisher eher selten auf. Während längerer Hitzeperioden sowie bei Personen, die sich sportlich in hohem Maße fordern, muss man jedoch immer auch an diesen höchst bedrohlichen Zustand denken.

Versagen der Thermoregulation Nicht rasch genug behandelt, kann ein Hitzschlag zum Tod führen. Im Unterschied zu den anderen Hitzeschäden wie Hitzeerschöpfung, -kollaps und Sonnenstich greifen bei diesem Zustand die physiologischen Reaktionen zur Thermoregulation nicht mehr. Wegen der ungenügenden Wärmeabgabe steigt die Körpertemperatur rasch über 40 °C.

Durch diese Überwärmung werden Zellen zum einen direkt geschädigt, zusätzlich „wehrt sich“ der Körper auf molekularer und Zell-Ebene durch vielfältige Reaktionen, bis ungehemmte Entzündungsreaktionen ablaufen (SIRS, Systemic Inflammatory Response Syndrome) – ähnlich den Vorgängen bei einer Sepsis, nur ohne Infektion. Und gefährliche Gerinnungsprozesse im Gefäßsystem kommen in Gang.

Zunächst ist das zentrale Nervensystem (ZNS) betroffen. Lokale Entzündungsprozesse können zu Permeabilitätsänderungen in den kleinsten Hirngefäßen führen, was dazu führt, dass Flüssigkeit aus den Adern ins Gehirn austritt, wodurch ein lebensgefährliches Hirnödem entstehen kann. Es drohen ZNS-Schäden, Schockzustand sowie am Ende ein Multiorganversagen.

Wegen der fehlenden Schweißabgabe ist die Haut heiß, rot und trocken. Betroffene haben hohes Fieber, Kopfschmerzen, einen raschen, unregelmäßigen und schwachen Puls; sie leiden unter Schwindel und Desorientiertheit, sind verwirrt oder haben eine Bewusstseinstrübung, manchmal auch Krämpfe. Ein Kreislaufzusammenbruch macht sich schließlich durch den Übergang zu fahler Haut bemerkbar.

Als Klassischen Hitzschlag bezeichnet man eine passive Überwärmung bei anhaltend schwülheißer Witterung. Sie entwickelt sich meist im Laufe von ein bis zwei Tagen. Betroffen sind in der Regel Ältere und chronisch Kranke. Medikamente können die Hitzeadaptation zusätzlich beeinträchtigen. So können beispielsweise Diuretika das Blutvolumen vermindern und damit die Regulationsprozesse behindern. Und anticholinerg wirkende Substanzen, wie trizyklische Antidepressiva oder Anti-Parkinsonmittel, hemmen die Schweißproduktion.

Empfehlungen zur Vorbeugung
+ Schatten, Schonung und leichte, weite Kleidung.
+ Gemüse und wasserreiches Obst statt schwerer Kost.
+ Bei Reisen in warme Gebiete langsam akklimatisieren.
+ Täglich mehrmaliges Waschen mit kühlem Wasser, kühle Fußbäder, Verwendung kühlender
   Lotionen oder auch Sprays.
+ Anstelle von Fruchtsäften und Tees lieber mineralstoffhaltige Getränke geben; zu viel Flüssigkeit,
   ohne auch die Elektrolyte zu ersetzen, kann zu hohem Natriumverlust und dadurch zu 
   Muskelkrämpfen führen.
+ Keine eiskalten Getränke: Damit lässt das Durstgefühl schneller nach; es wird
+ weniger getrunken. Außerdem regen sie den Stoffwechsel an, was wiederum Wärme produziert.

Aber auch junge, gesunde Menschen sind gefährdet, vor allem wenn sie sich bei extremen Temperaturen körperlich stark verausgaben (Leistungssport, Marathonlauf). In diesem Fall spricht man von einem anstrengungsbedingten Hitzschlag. Dieser tritt oft sehr schnell, ohne Vorwarnzeichen auf – unter entsprechend ungünstigen Bedingungen (z. B. isolierende, dichte Kleidung) sogar bei noch angenehmen Temperaturen.

Rasch handeln! Der Hitzschlag ist ein Notfall: Es kommt darauf an, unverzüglich den Rettungsdienst zu verständigen und so rasch wie möglich die Körpertemperatur des Betroffenen zu senken. Bis zum Eintreffen der professionellen Helfer muss er an einen kühlen Ort gelegt werden – mit etwas erhöhtem Oberkörper, um eine Erhöhung des Hirndrucks zu verhindern.

Die Kleidung muss geöffnet und der Körper einschließlich des Kopfes mit nassen, zum Beispiel in Eiswasser getränkten, Tüchern (diese ständig erneuern) oder Eispackungen gekühlt werden. Effektiver ist bei jüngeren Menschen, sofern verfügbar, ein kaltes Ganzkörperbad. Auch Luftzug (Ventilator) kann beim Kühlen helfen. Ist die Person bewusstlos, bringt man sie in die stabile Seitenlage; hat die Atmung bereits ausgesetzt, sind sofortige Maßnahmen zur Wiederbelebung (Herzdruckmassagen mit – notfalls auch ohne – Beatmung) lebensrettend.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/13 ab Seite 112.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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