Einfach gut essen

DÖRSTAMPT WUDDELS

Unsere heutige Serienfolge ist einem charmanten Gericht aus dem Norden Deutschlands gewidmet. Leicht und ganzjährig nachzukochen, ein Seelenwärmer, aufgepeppt mit saisonalen Lebensmitteln. Die „Wuddels“ sind übrigens Karotten.

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Die Apotheke den ganzen Tag über brechend voll, die Kunden stehen bis zur Straße. Mückenstich- Gel ausverkauft, die Cool- Packs gehen bedrohlich zur Neige. Dazu fiese Zahnschmerzen. Bei einem Anruf zuhause wünsche ich mir zum Abend „was Weiches, was Gehaltvolles, aber nicht zu schwer und lecker“. Der Gatte nuschelt ausländische Worte ins Telefon und verspricht, selbiges zu servieren. Am Abend wird offenbar: Die fremdländischen Worte entstammen dem Ostfriesischen (Friesisch ist tatsächlich eine eigene Sprache und kein Dialekt, wussten Sie das?).

Da der Gatte vom Fach ist, hat er mir ein Gericht umgewandelt, das aus der ostfriesischen Tradition der Suppen und Eintöpfe stammt, das eigentlich überall in Deutschland zuhause ist, dessen Name aber nie so schön klingt wie aus diesem Landstrich. Die andern nennen es prosaisch „Kartoffel-Möhren-Stampf “, Ostfriesen aber „Dörstampt Wuddels“, gestampfte Karotten, was nur die halbe Wahrheit ist, denn in diesem Gericht steckt so viel mehr. Als ich mich am Abend zu Tisch setze, steht vor mir: Ein Teller mit einem kleinen Berg musig gekochter Kartoffeln und Karotten

Darüber dampfende, in Streifen geschnittene, in brauner Butter gebratene Pfifferlinge. Daneben die gebratene grobe Bratwurst unseres Dorfmetzgers (eine bessere gibt es nicht auf dieser Welt). Auf einem Tellerchen dazu gereicht: eine Scheibe Pumpernickel mit Butter drauf. Zunächst beäugte ich diese Zusammenstellung etwas skeptisch, dann vertiefte ich mich und war eine Weile nicht ansprechbar. Zu köstlich das alles, so lecker, und am Schluss beschloss ich, dieses Soulfood meinen PTA-Kolleginnen und Kollegen nicht vorzuenthalten.

Besorgen Sie sich also beim nächsten Supermarktbesuch vorwiegend festkochende Kartoffeln, Karotten, einen Bund Frühlingszwiebeln, Butter. Jetzt, im August, gibt es Pfifferlinge, wenn Sie die nicht mögen, nehmen Sie andere Pilze. Frische Petersilie. Im Brotregal die in Goldfolie eingepackten Pumpernickel. Zwei Scheiben geräucherter Speck an der Fleischtheke. Die grobe Bratwurst ist optional, aber wenn Sie gute bekommen, schlagen Sie ruhig zu.

Zuhause werden die Kartoffeln geschält und in Würfel geschnitten, die Karotten ebenso. Setzen Sie dann eine kräftige Instant-Brühe an, geben Sie die Speckscheiben und die knapp von Brühe bedeckten Kartoffel- Würfel hinein. Wenn die Kartoffeln kochen, fügen Sie die Karotten hinzu. Das Aroma-Geheimnis besteht übrigens darin, nicht zu viel Flüssigkeit in den Topf zu tun. Gegen Ende des Kochvorgangs sollte fast die ganze Brühe mitsamt ihrem Salz von den Gemüsen eingesogen worden sein. Sehr vorsichtig nachsalzen, dann pfeffern plus Muskatnuss.

In der Zwischenzeit bitte die Pfifferlinge trocken putzen, in handliche Stücke schneiden. Die Frühlingszwiebel in Scheibchen dazu. Butter in einer Pfanne zum Schmelzen bringen. Die Pilze und die Zwiebel in die Pfanne geben, anbrutzeln; die beiden sind im Nu fertig. Salzen, pfeffern, die feingewogene Petersilie darüber streuen. Das Kartoffel-Möhren-Gemisch mit einem Kartoffelstampfer (nicht mit dem Mixer oder dem Zauberstab!) grobstückig zermusen, auf einem Teller anrichten. Wer will, kann die Speckscheiben vorher rausnehmen, fleischliebende Familienangehörige lassen sie meist drin.

Die Pilze mitsamt der Butter darüber geben, die knusprig gebratene Wurst in einem eleganten Bogen daneben. Eine Scheibe Pumpernickel nicht zu dünn mit Butter bestreichen; beides sollte direkt aus dem Kühlschrank kommen. Man glaubt es kaum, aber das kalte, süßliche Brot mit der kühlen Butter ist die perfekte Ergänzung zu den heißen Wuddels. Macht satt, ist aber nicht zu schwer. Ich schwör’s, der Tag wird Ihr Freund. Guten Appetit!

Diesen Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 108.

Alexandra Regner, PTA und Medizinjournalistin in Zusammenarbeit mit Michael Regner, Koch
Fragen an die Autorin unter a.regner@uzv.de

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