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Drei Pflanzen

DREI SÜSSGRÄSER

Gerste, Hafer und Mais – alle drei Pflanzen zählen zur Familie der Süßgräser (Poaceae) und sind alte Kulturpflanzen, die bereits seit vielen Jahrtausenden als wertvolles Getreide kultiviert werden.

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Alle drei Süßgräser stellen aber nicht nur wichtige Nahrungsmittel für Mensch und Tier dar. Sie finden auch alle eine heilkundliche Verwendung.

Formenreiche Gerste Hordeum vulgare L. ist eine einjährige, anspruchslose Pflanze, die etwa 0,5 bis 1,3 Meter (m) hoch wird. Ihr aufrechter, glatter Halm ist hohl und im Wind sehr standfest. Er trägt an seinen Knoten wechselständig einfache, parallelnervige Laubblätter. Diese bestehen aus der Blattspreite und einer den Halm vollständig umfassenden Blattscheide, die mit zwei langen, unbewimperten Blattöhrchen versehen ist.

Der Fruchtstand ist eine Ähre mit in Reihen stehenden Ährchen, die sich im reifen Zustand neigen oder herabhängen. Die Deckspelzen laufen bei den meisten Sorten in acht bis 15 Zentimeter (cm) langen Grannen aus. Die enthaltenen Gerstenkörner sind etwas länglicher als die des Weizens und mit spitz zulaufenden Enden versehen. Anhand der Ähren wird die Getreideart in unterschiedliche Formen unterteilt.

Die zweizeilige Gerste zeichnet sich durch ein kräftiges Korn aus, das viel Stärke und wenig Protein enthält. Sie wird meist als Sommergetreide angebaut und zu Malz verarbeitet, das der Bierherstellung dient. Zudem wird die mehrzeilige Gerste als Wintergerste kultiviert. Sie besitzt kleinere, proteinreiche Körner, die ein hochwertiges Futtermittel für Nutztiere darstellen. Beide gibt es als bespelzte (Spelzgerste) und als nacktkörnige Formen (Nacktgerste).

Die Gerste gilt als älteste Getreideart, die der Mensch zusammen mit Emmer und Einkorn in Kultur genommen hat. Sie wurde bereits vor etwa 10 000 Jahren in Vorderasien angebaut, weshalb sie häufig auch als Urkorn bezeichnet wird. Von dort gelangte sie mit den ackerbaubetreibenden Völkern der Jungsteinzeit nach Mitteleuropa. Die antiken Hochkulturen züchteten die Gerste gezielt als Grundnahrungsmittel. Sie kochten vor allem Brei und Grütze und brauten Bier.

In kargen Gebieten, in denen keine anderen Getreidearten gediehen, wurden aus Gerstenmehl auch Fladenbrote gebacken. Da die Gerste aufgrund der geringen Menge an quellfähigen Klebereiweißen schlechte Backeigenschaften aufweist, wird sie heute meist mit anderen Getreidesorten zusammen in Mehrkornbroten verbacken. Darüber hinaus wird das Gerstenkorn zu Graupen (gebrochen, geschliffen), Grütze (grob geschnitten) oder Flocken (wärmebehandelt, gewalzt) verarbeitet.

Der Nährwert wird durch die mechanische Bearbeitung zwar verringert, da die Erzeugnisse aber besonders leicht verdaulich und magenfreundlich sind, dienen sie als Heilnahrung (z. B. Gerstenschleim, Gerstengrütze). Zudem werden Produkte aus Gerste zur Senkung des Cholesterinspiegels empfohlen, wofür der lösliche Ballaststoff Beta-Glucan verantwortlich gemacht wird.

Vielseitiger Hafer Auch Avena sativa L. ist eine alte Kulturpflanze, die viel zu bieten hat. Ursprünglich wuchs Hafer in Südosteuropa als Unkraut auf den Feldern. Als Beimischung anderer Getreidesorten gelangte er nach Mitteleuropa, wo er bereits im dritten Jahrtausend v. Chr. als Getreide angebaut wurde. Heute wird er vorwiegend in Mittel- und Nordeuropa kultiviert. Hafer, auch Saathafer genannt, ist eine aufrecht wachsende einjährige Getreidepflanze, die Wuchshöhen bis zu 1,5 m erreicht. Sie gedeiht aufgrund ihres verzweigten Wurzelwerkes auch auf kargen Böden. Ihr Halm ist rund und hohl und wird von zweizeilig angeordneten, langen schmal-linealen Blättern umschlossen.

Im Unterschied zu anderen Getreidesorten bildet Hafer am Halmende keine Ähre, sondern eine Rispe als Fruchtstand, die sich leicht nach unten neigt und dem Hafer sein charakteristisches Aussehen verleiht. Die 15 bis 30 cm langen, lockeren Rispen verzweigen sich wiederum in zwei- bis dreiblütige Ährchen, aus denen sich die Früchte entwickeln. Diese können Ende August, Anfang September geerntet werden. Die daraus entstehenden spindelförmigen Körner sind von Spelzen (Hochblatt) umhüllt. Während Hafer früher, als Pferde noch als Fortbewegungsmittel und Arbeitstiere genutzt wurden, hauptsächlich an Tiere verfüttert wurde, ist er heute ein beliebtes Lebensmittel.

Hafer ist im Vergleich zu anderen Getreidearten nicht nur besonders nährstoffreich, vor allem wird er als glutenarmes Getreide meist gut von Menschen mit einer leichten Glutenunverträglichkeit vertragen. Zwar eignet er sich aufgrund seines geringen Anteils an Kleberprotein Gluten weniger zum Brotbacken, doch finden sich seine Körner als Flocken in vielen Müslimischungen. Außerdem ist Hafer nicht mehr aus der veganen Ernährung wegzudenken. So fungiert beispielsweise der Haferdrink („Hafermilch“) häufig als Ersatz für Kuhmilch. In der Apotheke wird meist Grüner Hafer, also Haferkraut (Avenae herba), verlangt, das als traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Linderung leichter Stresssymptome und als Schlafhilfe anerkannt ist.

Daneben kommen die reifen getrockneten Haferfrüchte (Avenae fructus) in Form eines Haferschleims traditionell als Stärkungsmittel und bei Magen- und Darmerkrankungen zur Anwendung. Zudem wird ihm eine cholesterinsenkende Wirkung nachgesagt. Schließlich haben sich noch Bäder aus Haferstroh (Avenae stramentum), also den getrockneten, gedroschenen Blättern und Stängeln, bei juckenden, entzündlichen Hauterkrankungen bewährt.

Goldener Mais Für eine komplett glutenfreie Ernährung kann Zea mays L. genutzt werden. Das einjährige, ursprünglich aus Mittelamerika stammende Getreide wird bei uns als typisches Sommergetreide angebaut und erreicht je nach Sorte Wuchshöhen zwischen 1,5 bis 2,5 m. Die Pflanze entwickelt einen unverzweigten, kräftigen, aber biegsamen, glatten Halm, der markhaltig ist und am Grund einen Durchmesser von gut fünf cm aufweist. Dank mehrerer Knoten steht die Pflanze auch nach Ausbildung des Fruchtstands stabil.

An diesen Verdickungen entspringen die bis zu 100 cm langen, schmalen, dunkelgrünen Blätter, die wechselständig am Halm angeordnet sind. Sie zeichnen sich durch parallele Nerven mit einem ausgeprägten Mittelnerv aus und sind oberseits stark behaart. Botanisch unterscheidet sich der Mais von den anderen Getreidearten durch seine einhäusige Getrenntgeschlechtlichkeit (Monözie). Die männlichen Blüten entwickeln sich am Ende der Sprossachse in Form einer bis zu 50 cm langen Rispe (Fahne), die zur Blütezeit (Juli bis September) den Pollen ausschütten. Die weiblichen Blütenstände wachsen im mittleren Stängelbereich an den Blattachseln.

Meistens bildet sich je Pflanze ein Blütenstand (Kolben mit Spindel), bei sehr guten Lichtverhältnissen reifen zwei, selten drei heran. Nach der Befruchtung wachsen auf der Spindel mehrere Hundert Maiskörner, die bei modernen Sorten goldgelb sind. Sie dienen Rindern, Schweinen und Geflügel als Futter. Zudem ist Mais ein gesundes Lebensmittel, das in Form von Maiskeimöl, Maisstärke, Maismehl, Frühstückscerealien, Grieß oder Popcorn in unserer Ernährung Verwendung findet. Darüber hinaus ist es ein bedeutsamer Zusatzstoff in unterschiedlichsten Lebensmitteln (z. B. Fertigsaucen, Puddings, Margarine).

Eine alleinige Ernährung mit Mais ist ungesund, da die essenzielle Aminosäure Tryptophan nicht problemlos aufgeschlossen werden kann, was zur Mangelkrankheit Pellagra führt. Zunehmend wird Mais zudem zu Biogas oder Bioethanol vergärt und stellt einen nachwachsenden Rohstoff für die Herstellung von Papieren, Textilien, Kunststoffen oder Farben dar. Pharmazeutisch kommt Maisstärke (Maydis amylum) vor allem als Hilfsstoff für die Pulver- und Tablettenherstellung zur Anwendung. Zudem werden Maisgriffel (Stigmata Maydis) als harntreibendes Mittel bei Blasengrieß geschätzt.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 07/2021 ab Seite 98.

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