verschiedenes Obst und Gemuese, Nuesse und Toastbrot© Aamulya / iStock / Getty Images Plus
Laut den neuen Ernährungsempfehlungen der DGE beinhaltet eine gesundheitsfördernde und ökologisch nachhaltigere Ernährung besteht zu mehr als ¾ aus pflanzlichen Lebensmitteln und zu knapp ¼ aus tierischen Lebensmitteln.

Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE)

DIE NEUEN LEBENSMITTELBEZOGENEN ERNÄHRUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DEUTSCHLAND

Auf dem wissenschaftlichen Kongress Anfang März in Kassel hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) neue Ernährungsempfehlungen vorgestellt1. Was hat sich geändert? 

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Neu ist vor allem der Ansatz zur Herleitung der Empfehlungen: Neben ernährungsphysiologischen/gesundheitlichen Überlegungen gehen in die Berechnung nun zusätzlich die Umweltauswirkungen der verzehrten Lebensmittel ein. 

Und da die besten Empfehlungen ins Leere gehen, wenn diese nicht umgesetzt werden, wurde mithilfe mathematischer Optimierungsmodelle berechnet, wie sich die Zielgrößen Gesundheit und Umweltverträglichkeit mit möglichst geringer Abweichung vom üblichen Ernährungsverhalten der Bevölkerung erreichen lassen.
 

Wie wurden die Empfehlungen hergeleitet?

Das mathematische Modell wurde in einem mehrjährigen Prozess entwickelt und angepasst. Es nutzt internationale Studien und Datenbanken zu den gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen der Produktion und des Konsums der verschiedenen Lebensmittelgruppen. Auch Kopplungseffekte (es gibt keine Milchprodukte ohne Nutztierhaltung) werden berücksichtigt. Unterstützend gab es einen offenen Konsultationsprozess. Hier konnten verschiedene Stakeholder Anregungen und Bedenken einbringen. Durch die mathematische Basis und den klar dokumentierten Konsultationsprozess erreicht die Ernährungsfachgesellschaft ein hohes Maß an Transparenz – wichtig, für die Akzeptanz der Empfehlungen.
 

Was sind die Kernaussagen der neuen Empfehlungen?

Wie bei Optimierungsmodellen üblich, können die drei Komponenten Gesundheit (Minimierung der Krankheitslast), Umwelt (Minimierung der Umweltlast) und Nähe zum üblichen Verzehr unterschiedlich gewichtet werden. Dabei zeigt sich, dass die beiden ersten Komponenten „am gleichen Strang“ ziehen, positive Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt aber nur durch Veränderungen im (üblichen) Verzehrverhalten erreichbar sind: „Das optimierte Verzehrmuster enthält im Gegensatz zum bisher in der Bevölkerung üblichen Verzehr mehr Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Nüsse und pflanzliche Öle, während die Mengen an verarbeitetem Fleisch, rotem Fleisch, Geflügelfleisch sowie Milch und Milchprodukten niedriger sind.“2 

Für die Beratung werden die mathematisch berechneten Lebensmittelmengen nun schrittweise in praktische Empfehlungen umgesetzt, so wird beispielsweise der DGE-Ernährungskreis angepasst. Die Empfehlungen gehen auch in die DGE-Qualitätsstandards für die Gemeinschaftsverpflegung ein.3

„Eine gesundheitsfördernde und ökologisch nachhaltigere Ernährung besteht zu mehr als ¾ aus pflanzlichen Lebensmitteln und zu knapp ¼ aus tierischen Lebensmitteln", so die DGE. Der Anteil tierischer Lebensmittel fällt geringer aus als bisher. Die überarbeiteten Empfehlungen berücksichtigen beispielsweise täglich zwei Portionen Milch und Milchprodukte, eine Portion weniger als bei den vorherigen Empfehlungen. Zudem ist es ausreichend, wöchentlich maximal 300 g Fleisch und Wurst sowie ein Ei, zum Beispiel in Form eines Frühstückseis, zu essen.1
Besonders hervorgehoben wird in den Empfehlungen die Bedeutung von Nüssen als Snack sowie von Hülsenfrüchten, die deutlich häufiger verzehrt werden sollten.
Nicht alles ist neu: Die Empfehlung, 5 Portionen Obst und Gemüse am Tag zu essen, bleibt.

Wichtig für die Beratung

  • Eine konsequente Umsetzung der neuen Empfehlungen würde die Krankheitslast in Deutschland deutlich reduzieren und eine CO2-Einsparung im Ernährungssystem von über 40 % erreichen. 
  • Allerdings weicht der tatsächliche Verzehr – vor allem mit Blick auf Fleisch und anderer tierische Produkte – derzeit teilweise noch um ein Vielfaches von diesen Empfehlungen ab. So liegt der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch in Deutschland immer noch bei ca. 1 kg/Woche.4 Dabei essen längst nicht alle Menschen (regelmäßig) Fleisch, andere also deutlich mehr.
  • Die lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen richten sich an gesunde Erwachsene. Sie geben damit einen Zielkorridor vor, der entsprechend der persönlichen Situation (Vorliegen einer Unverträglichkeit bzw. Erkrankung, besondere Lebensphasen wie Kindheit, Hochbetagte, Rekonvaleszenz) angepasst werden kann und muss. 

Gastbeitrag: Dr. Udo Maid-Kohnert

Quellen: 
1 www.dge.de/presse/meldungen/2024/gut-essen-und-trinken-dge-stellt-neue-lebensmittelbezogene-ernaehrungsempfehlungen-fuer-deutschland-vor/   (Zugriff am 15.3.2024)
2 Schäfer AC, Boeing H, Conrad J, Watzl B für die DGE Arbeitsgruppe Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen: Wissenschaftliche Grundlagen der lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen für Deutschland. Methodik und Ableitungskonzepte. Ernährungs Umschau 2024; 71(3): M158–66. e5–7.
3 Schäfer AC, Conrad J: „Die Menschen bei ihren alltäglichen Entscheidungen rund ums Essen und Trinken unterstützen!“. Interview mit Anne Carolin Schäfer und Dr. Johanna Conrad zu den neuen lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen (FBDG) für Deutschland. Ernährungs Umschau 2024; 71(3): M167–9.
4 www.ble.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/230403_Fleischverzehr.html

 

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