Eine Grafik zeigt viele Menschen, die nah beieinander stehen und Mund-Nasen-Masken tragen.
Stecken alle Infizierten gleichmäßig weitere Personen an - oder infiziert einer viele? Diese Frage ist wichtig bei der Ausrottung einer Krankheit. © Lyubov Ivanova / iStock / Getty Images Plus

Statistik | Ansteckung

DER SUPERSPREADER IM RECHENMODELL: STIRBT CORONA AUS?

Superspreader sind Menschen, die besonders viele Leute anstecken; im Falle von Corona gelangte dieser Begriff in den allgemeinen Wortschatz. Paradox: Ausgerechnet Superspreader könnten dafür sorgen, dass SARS-CoV-2 bald ausstirbt.

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Ach, hätte man doch in der Schule in Mathe ein bisschen besser aufgepasst. Dann wüsste man jetzt eventuell, was ein stochastisches Aussterben ist – ein Phänomen innerhalb der Wahrscheinlichkeitsrechnung, bei der der zu berechnende Faktor immer weniger wird, bis er schließlich ganz verschwindet.

Wenn man dieses Rechenmodell auf den Verlauf der Corona-Epidemie anwendet, ergeben sich klare Wahrscheinlichkeiten: 20 Prozent der Infizierten verursachen 80 Prozent der Neuansteckungen. Das ist auch bei Krankheiten wie HIV, Gonorrhoe oder Ebola so; längst nicht jeder gibt sie an andere Menschen weiter, dafür aber manche wenige besonders stark. Es gibt also viel weniger Infizierte, die zwei oder mehr Menschen anstecken, als solche, die niemanden anstecken. Einige geben das Virus dafür gleich an 20, 30 oder gar 50 andere Menschen weiter.

Die Erkenntnis, dass die Covid-19-Epidemie sehr stark von recht wenigen dominiert wird, erklärt auch die Besonderheit der Pandemie: nämlich, dass sie so unvorhersehbar und ungleichmäßig weltweit auftauchte. Denn bei einem solchen Erreger ist es vom Zufall abhängig, wann und wo ein eingereister Infizierter überhaupt jemanden ansteckt. Jeder neue Fall kann potenziell Ursprung eines explosiven Ausbruchs werden und dutzende neue Ansteckungsketten erzeugen.

Und genau das macht den Erreger so anfällig. Beispiel Social Distancing: Wer seine Kontakte auf fünf oder sechs Menschen beschränkt, kann nicht mehr als 20 andere anstecken. Gegen ein Virus, bei dem die Mehrzahl zwei oder andere ansteckt, bringt das nicht viel. Aber bei Corona ist anders: Weil die meisten Neuansteckungen durch Superspreading geschehen, verhindert man so einen großen Teil von ihnen.

SARS-CoV-2 breitet sich also aus und kann immer wieder sehr viele Menschen befallen, sobald sich eine Gelegenheit bietet (ein Gottesdient, ein Restaurant, eine Schnitzelfabrik). Gleichzeitig steigt aber auch die Chance, dass der Erreger in manchen Regionen auf scheinbar unerklärliche Weise verschwindet. Dazu reicht es, wenn die Zahl der Infizierten gering ist. Hier kommt dann das oben erwähnte stochastische Aussterben ins Spiel. Ist die Reproduktionszahl also 1,1 und man hat in einer Region 20 Infizierte, beträgt die Wahrscheinlichkeit etwa 15 Prozent, dass das Virus dort von selbst verschwindet.

Dass es in Deutschland trotz regelmäßiger Ausbrüche insgesamt immer weniger Infizierte gibt, kann darauf hindeuten, dass das Virus in Deutschland flächendeckend ausstirbt. Neuseeland hat das vorgemacht, wenn es auch zurzeit Rückschläge erlebt. Wie schon gesagt: Bei vielen Superspreadern ist die Chance einer infizierten Person, das Virus weiterzugeben, sehr viel geringer als bei gleichmäßiger Ansteckung. Also ist es auch bei den meisten Infizierten schlicht egal, ob man sie entdeckt oder nicht, denn sie stecken ohnehin niemanden an. Die Wahrscheinlichkeit, durch rein statistische Schwankungen auszusterben, ist halt bei solchen Viren besonders hoch. Ohne Superspreader in der Kette hat das Coronavirus keine Chance, sich fortzupflanzen.

Vielleicht können wir also, der Stochastik sei Dank, eines Tages sagen: Bye-bye, Coronavirus. Deine Zeit ist einfach vorbei.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quellen:
https://www.spektrum.de/news/wie-sars-cov-2-in-deutschland-aussterben-kann/1741310
https://www.n-tv.de/panorama/Neuseeland-ist-nicht-mehr-Coronavirus-frei-article21848587.html

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