Länder Und Ihre Sitten
DAS GROSSE ZARENREICH
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Millionen Touristen zieht es jährlich nach Russland. Doch das Land der Zaren und Kaiser ist aufgrund seiner Größe und der ethnischen Vielfalt nur schwer zu beschreiben. Um für diese Differenziertheit gut gewappnet zu sein, ist es sinnvoll, sich vorab über die Kultur und Gepflogenheiten des Landes genau zu informieren, um mögliche Fettnäpfchen zu vermeiden und sich in Alltagssituationen möglichst korrekt zu verhalten. Russland ist mit 17 Millionen Quadratkilometern flächenmäßig das größte Land der Welt und fast 50mal so groß wie Deutschland. Rund 144 Millionen Einwohner zählt das Land, aufgeteilt in etwa 104 Millionen Menschen im europäischen Teil des Landes und etwa 40 Millionen im dünner besiedelten asiatischen Teil. Aufgrund der Größe ist es demnach kein Wunder, dass auch das Land selbst für Touristen und Einheimische so viele Möglichkeiten bietet. Da wären beispielsweise die Zarenstadt St. Petersburg oder die Weiten Sibiriens zu nennen. Die aufregende Hauptstadt Moskau mit mehr als zehn Millionen Einwohnern liegt im Herzen des europäischen Teils und hat sich zu einem der einflussreichsten Machtzentren der Welt entwickelt. Die Stadt mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten, wie Kreml, Rotem Platz oder dem Bolschoi-Theater, hat sich zu einem wahren Publikumsmagneten entwickelt.
Bloß nicht zu privat Wenn man das Land der Superlative besucht, wird man sich vielleicht am Anfang über die Russen selbst wundern, die auf Fremde oft kühl, verschlossen und barsch wirken. Doch keine Sorge, sie tauen auf. Je näher man sie kennenlernt, desto wärmer und herzlicher wird das Verhältnis. Diese anfängliche Kälte hat wohl damit zu tun, dass Russen ganz klar zwischen öffentlichem und privatem Raum trennen. In Sachen Religion lässt sich sehr schnell feststellen, dass die Menschen sehr religiös sind. Zudem muss man sich in dem Land auf verschiedene Religionen einrichten, die bestimmte Regeln haben. Der orthodoxe Glaube wird allerdings von der Mehrheit der Bürger ausgeübt. Doch die Menschen sind nicht nur religiös, sondern auch abergläubisch, was sich auch im Alltag bemerkbar macht. Russen reichen sich beispielsweise nie die Hände auf einer Türschwelle, weil das angeblich Unglück bringt und haben ein eher abweisendes Verhältnis zur Zahl 13. Nicht zu vergessen, dass sie auch keine Taschentücher verschenken.
Wer satt ist hört auf
Es gibt Länder, in denen zählt ein halbvoller Teller als Beleidigung. Nicht aber in Russland. Ist man satt und hat genug gegessen, lässt man einfach den Rest auf dem Teller liegen und das aus reiner Höflichkeit. Denn durch diese Geste signalisiert man dem Koch, dass er seinen Job gut gemacht hat.
Handschlag, Lächeln oder Bruderkuss? Eines sei vorweg gesagt: Bei der Begrüßung wird ganz klar zwischen Männern und Frauen unterschieden. Männer begrüßen sich in der Regel mit einem Handschlag beziehungsweise schütteln sich die Hände. Frauen wiederum bekommen meist nur ein Lächeln zugeworfen. Der bekannte Bruderkuss unter Männern ist nur unter Freunden und Verwandten üblich. Hier küssen sich Männer auch gerne mal auf den Mund. Wer von einem Russen in sein Haus eingeladen wird, sollte sich geehrt fühlen, denn normalerweise wird eher in ein Restaurant eingeladen. Deshalb sollte man nie eine Einladung ablehnen, denn das würde den Gastgeber brüskieren. Sie sollten immer ihre eigenen Hausschuhe in der Handtasche haben, denn üblicherweise werden die Straßenschuhe im Flur ausgezogen. Hat man seine vergessen, muss man mit den Hausschuhen des Gastgebers vorlieb nehmen. Gastgeschenke wie Blumen, Pralinen oder Alkohol sind immer gern gesehen. Doch bei den Blumen sollte man eines wissen: Auf keinen Fall gelbe Blumen verschenken, denn das bringt nach russischem Glauben Unglück. Bei der Zahl der Blumen muss man ebenfalls vorsichtig sein, denn eine gerade Zahl von Blumen wird nur im Trauerfall verschenkt.
Singe niemals „God save the Queen“
Wenn man sich keinen Ärger einhandeln möchte, sollte man darauf verzichten, die englische Nationalhymne anzustimmen. Wer aber dennoch sein musikalisches Talent zum Besten geben mag, sollte dann lieber die irische Nationalhymne „Soldier Song“ oder eines der vielen Tradionals singen.
Politische Fettnäpfchen meiden Gerade in geselliger Runde bei Wodka und gutem Essen mit Freunden kommt man ins Plaudern und es wird gerne mal politisch. Themen wie der Zweite Weltkrieg, die Krim-Krise oder der Ukraine-Konflikt kommen zur Sprache Als Gast ist es ratsam, sich eher zurückzuhalten. Denn Kritik am Staat wird nicht gerne gesehen. Wenn man seine Meinung dennoch äußert, läuft man Gefahr, als überheblich zu gelten.
Auf jeden Fall mittrinken Russen gelten als trinkfest und sie sind es auch. Vor allem hochprozentiger Alkohol und hier besonders Wodka sind beliebt. Gern stellen Russen auf einer Feier oder in gemütlicher Runde ihre Trinkfestigkeit unter Beweis. Wenn man bei solch einer Feier eingeladen ist, heißt es mittrinken, auch gerne nur einen winzigen Schluck, denn ansonsten könnte sich der Gastgeber beleidigt fühlen. Nur wer gesundheitliche Gründe anführt, darf hoffen, dass der russische Gastgeber ein Auge zudrückt. Doch wer einmal mittrinkt, der muss auch bis zum bitteren Ende durchhalten. Aber man kann sich vorbereiten, indem man etwas Deftiges isst und nach jedem Glas Wasser trinkt. Und auf eines sollte man auch noch vorbereitet sein: Beim Trinken wird gerne ein Trinkspruch oder eine kleine Rede zum Besten gegeben. Jeder kommt an die Reihe.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/17 ab Seite 82.
Nadine Scheurer, Redaktion