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Politik

BOTENDIENST PER DROHNE?

Nun ist die Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom Bundestag verabschiedet worden. Sie sieht unter anderem eine weitreichende Änderung des sogenannten Botendienstes vor.

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In der Vergangenheit war das Ausliefern von Arzneimitteln nach Hause oder an den Arbeitsplatz nur in Ausnahmefällen gestattet. Die persönliche Beratung des Kunden bei Abgabe des Arzneimittels in der Apotheke stand stets im Vordergrund. Wie sinnvoll dieser Vorgang ist, zeigen erklärungsbedürftige Arzneiformen wie Asthmasprays. Im direkten Gespräch ist es viel einfacher herauszufinden, ob der Kunde weiß, wie sein neues Asthmadevice – auf neudeutsch – funktioniert. In einem einzelnen Telefongespräch wird das sicher nicht gelingen. Denkt man diese „schöne neue Welt“ weiter in Richtung Telemedizin, sehen die Patienten demnächst weder Arzt noch Apotheker.

Aus der Ferne In der Telemedizin kann der Patient trotz räumlicher Distanz eine gesundheitliche Behandlung und Beratung erfahren. Das ist zwar hilfreich bezogen auf das anhaltende Stadt-Land-Problem der Gesundheitsversorgung, doch lassen sich gewisse Beobachtungen besser im persönlichen Gespräch vor Ort behandeln. Bislang werden telemedizinische Verfahren wie zum Beispiel Videosprechstunden nur verwirklicht, wenn konventionelle Medizin nicht ausreichend angeboten werden kann. Die aktuelle Entwicklung lässt jedoch tiefgreifende Veränderungen erwarten, denn mit der Veränderung der Apothekenbetriebsordnung könnten künftig auch Medikamente nicht nur durch Apotheken-​Botendienste geliefert werden, sondern auch per Drohne.

Alles im Päckchen Auch unsere Gesellschaft ändert sich und mit ihr das Kaufverhalten der Menschen. Es wird schnell und viel gekauft und mit einem Klick lässt sich nahezu alles liefern. Ganze Branchen spezialisieren sich daher auf Logistik. Dem will auch der Bundesgesundheitsminister entsprechen und hat nun die Apothekenbetriebsordnung mit der alten, sehr strengen Regelung des Botendienstes für Vor-Ort-Apotheken geändert. Kritiker befürchten, dass damit eine dritte Versorgungsform neben Versandhandel und Präsenzapotheke entstehen könnte. Damit könnten die großen Logistiker in den Startlöchern stehen, die dann zum Beispiel mittels Drohne jeden und alles innerhalb kürzester Zeit beliefern. Sollte vor Auslieferung des Arzneimittels durch den Botendienst einer Vor-Ort Apotheke noch kein Kontakt zum Kunden bestanden haben, muss die Auslieferung durch pharmazeutisches Personal erfolgen.

Natürlich muss man auch eine Dokumentation der Einhaltung der Temperatur beim Transport von temperaturempfindlichen Arzneimitteln nachweisen. Dabei hat jede Apotheke in Deutsch- land ein hohes Interesse daran, dass zum Beispiel per Botendienst ausgelieferte Insuline gekühlt und nicht gekocht beim Empfänger ankommen. Es verärgert die Kollegen häufig, dass sie eine Selbstverständlichkeit auch noch per Dokumentation beweisen müssen. Der Versandhandel, sei es nun aus dem Ausland oder im Inland, muss nichts nachweisen. Und wie ein Kollege jetzt im Selbstversuch herausgefunden hat, ist es durchaus möglich, dass Pakete, die mit einem Paketdienst unterwegs sind, 60 Grad Celsius erreichen können. Für Salben, Zäpfchen oder Kapseln ist diese Temperatur schädlich.

Mein Kommentar Die Idee, die hinter den Änderungen steht, ist sicher nicht falsch. Man will die Vor-Ort-Apotheken tatsächlich stärken, da hier der Botendienst mit hoher Kompetenz – siehe pharmazeutisches Personal – und hoher Qualität – Temperaturkontrolle und Dokumentation bei Übergabe – ausgestattet ist. Das ist aber auch sehr teuer und macht den Botendienst nicht gerade rentabel. Natürlich sind dann Kampfpreise nicht mehr möglich, wenn man auf Qualität achten muss. Es kann nicht sein, dass die deutsche öffentliche Apotheke und der Großhandel strenge Vorschriften zur Temperaturkontrolle erfüllen müssen, der Versandhandel aber nicht. Hier kommen dann wieder die großen Logistiker ins Spiel, die mit großem Kapital und Ideen – Lieferung „on Demand“, „same day delivery“ und so weiter um die Gunst der Kunden buhlen.

Das klingt in den Ohren der Konsumenten sehr verführerisch und ist auch im Kontext der immer fauler werdenden Gesellschaft verständlich. Es stellt sich die Frage, ob es der Apothekerschaft gelingt, den Kunden, den Patienten und der Gesellschaft klar zu machen, wie wichtig für eine umfassende, ehrliche und fachlich korrekte Beratung der persönliche Besuch in der Apotheke ist. Es ist schließlich auch Aufgabe der Apotheke im Zweifel vom Kauf abzuraten. Für die niedergelassene öffentliche Apotheke ist es kaum leistbar, auf der einen Seite eine hohe pharmazeutische Qualität mit Beratung am Krankenbett und dokumentierter Lieferung mit Temperaturkontrolle zu erbringen und gleichzeitig auch noch wirtschaftlich zu arbeiten. Denn bei allem Anspruch auf Qualität muss die Leistung auch irgendwie bezahlt werden. So bleibt die spannende Frage, ob man wenigstens in diesem Fall die berühmten gleichlangen Spieße schaffen will, oder auch hier die Vor-Ort-Apotheken das Nachsehen haben.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/19 ab Seite 76.

Mira Sellheim, Apothekerin und Delegierte der Landesapothekerkammer Hessen

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