© Die PTA in der Apotheke
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Seltene Erkrankungen von A bis Z

BLOOM-SYNDROM

Die Erbkrankheit gehört zu den so genannten Chromosomen-Brüchigkeits-Syndromen. Doch die genetische Instabilität kann nur einen Teil der Symptome erklären, die bei den Betroffenen auftreten.

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Dermatologe Dr. David Bloom hat das später nach ihm benannte Syndrom als erster beschrieben: „Congenitaltelangiectaticerythemaresemblinglupuserythematosus in dwarfs; probably a syndromeentity” lautete der Titel seiner Veröffentlichung aus dem Jahr 1954. Auf Deutsch etwa: „Ein angeborenes teleangiektatisches Erythem, das Lupus erythematodes ähnelt, bei Kleinwüchsigen: wahrscheinlich ein eigenes Krankheitsbild.“

Damit hatte Dr. Bloom die beiden äußerlich auffälligsten Charakteristika der Krankheiterfasst: Menschen mit Bloom-Syndrom werden nicht größer als maximal 1,50 Meter – Frauen sind noch etwas kleiner – und sie leiden unter einer schmetterlingsförmigen Rötung im Gesicht, die durch eine Erweiterung der Blutgefäße im Bereich der Nase und Wangen entsteht .

Das Bloom-Syndrom ist sehr selten: Mit einer Prävalenz von 1:50 000 scheint es bei Ashkenazi-Juden am „häufigsten“ vorzukommen – Zahlen für andere ethnische Gruppen sind nicht einmal bekannt. An der Cornell University in den USA führen Ärzte seit vielen Jahren ein internationales Register für diese Erkrankung. Im Jahr 2009 waren dort 265 Patienten aus 222 Familien eingetragen. Laut Analysen handelt es sich dabei um die Mehrheit aller Betroffenen mit Bloom-Syndrom. Etwa ein Viertel der erfassten Familien ist jüdisch.

Ursache: Genmutation Auch wenn man heute noch weit davon entfernt ist, die Krankheit vollständig zu verstehen oder gar heilen zu können, so hat das Wissen darüber doch ständig zugenommen: Das Bloom-Syndrom ist eine Erbkrankheit, die autosomal rezessiv vererbt wird, das heißt, Kinder erkranken dann, wenn sie von beiden Elternteilen eine fehlerhafte Version dieses Gens bekommen haben. Man kennt heute das Gen, dessen Mutation die Ursache ist: Das BLM-Gen kodiert für ein Enzym aus der Familie der Helikasen. Diese sind am Entwinden der DNS-Doppelhelix im Rahmen der Verdopplung der DNS bei der Zellteilung sowie bei der DNS-Reparatur beteiligt.

Welche Funktion genau die beim Bloom-Syndrom fehlerhafte Helikase hat, ist noch unklar. Es leuchtet aber ein, dass diese Enzyme für die Integrität des Genoms wichtig sind. Die genetische Instabilität bei Patienten äußert sich auch in einer erhöhten Rate an Schwesterchromatidaustäuschen bei der Zellteilung. Dabei entstehen Lücken und Fehler im genetischen Material. Diese können auch Gene treffen, die an der Regulation des Zellzyklus beteiligt sind und normalerweise für die richtige Balance zwischen Zellteilung und -tod sorgen. Ist diese gestört, kann Krebs entstehen. Tatsächlich erkranken Patienten mit Bloom-Syndrom deutlich früher und häufiger an Krebs als die Allgemeinbevölkerung. Dies ist der Hauptgrund für ihre verkürzte Lebenserwartung.

»Neben Krebs treten Diabetes mellitus und chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) bei den Erkrankten gehäuft auf.«

Die erhöhte Rate an Schwesterchromatidaustäuschen lässt sich im Labor nachweisen und wird für die Diagnose des Bloom-Syndroms genutzt. Außerdem typisch sind symmetrische, quadriradiale Konfigurationen der Chrosmosomen, die sich in kultivierten Lymphozyten zytogenetisch nachweisen lassen. Mithilfe einer molekulargenetischen Analyse des BLM-Gens kann das Bloom-Syndrom ebenfalls diagnostiziert werden.

Vielschichtige Symptome Die Erkrankung zeichnet sich durch eine Reihe weiterer Charakteristika aus, die sich (bislang noch) nicht durch die mangelnde Funktion einer Helikase erklären lassen: Die Haut von Betroffenen weist neben der bereits beschriebenen Erweiterung der Gefäße im Gesicht auch hyper- sowie hypopigmentierte Areale auf. Säuglinge und Kleinkinder trinken beziehungsweise essen schlecht.

Professor James German, einer der Ärzte hinter dem Register, vermutet, dass dies mit einem gehäuften Vorkommen von Refluxstörungen bei diesen Patienten zu tun haben könnte. Seiner Ansicht nach könnte das Einatmen von säurehaltigem Material auch die Ursache für die häufig beobachteten Infektionen der oberen Atemwege sowie Lungenentzündungen bei Bloom-Patienten sein. Daneben wird aber auch regelmäßig eine Immunschwäche beobachtet. Neben Krebs treten Diabetes mellitus und chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) bei den Erkrankten gehäuft auf. Männliche Patienten sind unfruchtbar.

Viele Betroffene sind normal intelligent und haben reguläre Schulabschlüsse, einige zeigen aber deutlich reduzierte intellektuelle Fähigkeiten. Es existiert keine kausale Therapie für das Bloom-Syndrom. Um Krebserkrankungen möglichst frühzeitig zu erkennen, sollten Patienten diesbezüglich engmaschig überwacht werden. Die häufig auftretenden Infekte werden mit Antibiotika behandelt. Da die Hautveränderungen sonnen-sensitiv sind, sollten Betroffene direkte Sonneneinstrahlung vermeiden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/13 ab Seite 80.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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