Biologische Uhr | schweres Wasser
DIE ZEIT FÜR ZELLEN AUFHALTEN
Seite 1/1 2 Minuten
Die Leipziger Forschergruppe um Professor Dr. Käs hat es in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Deutschland und England geschafft, zelluläre Prozesse deutlich zu hemmen – und das, ohne dabei die Zellen zu beschädigen. Vielleicht kennen Sie schweres Wasser als wichtiges technisches Mittel aus Atomkraftwerken? Die Forscher*innen haben hier einen anderen Weg beschritten: „Wir konnten zeigen, dass sich die Zeit für Zellen beziehungsweise der Ablauf ihrer Dynamiken in Umgebungen mit schwerem Wasser deutlich verlangsamen lässt“, sagt Käs.
Schweres Wasser (Deuteriumoxid) ist Wasser mit der Summenformel D2O. Vom „leichten“ Wasser H2O unterscheidet es sich dadurch, dass die Wasserstoffatome im Atomkern zwei Protonen statt nur einem enthalten. Durch ihre somit höhere Masse schwingen die Moleküle langsamer – das verlangsamt auch biochemische Reaktionen.
Der Versuch hat auf verschiedenen biologischen Ebenen gezeigt, dass die Bewegung von Zellen und ihre Dynamik nur noch in Zeitlupe ablaufen. Interessant sei, so Käs, dass die Bewegungen bei gleicher Temperatur verlangsamt werden können. Der Forscher erläutert:
„Solche Möglichkeiten bietet im physikalischen Kontext bisher nur die Relativitätstheorie.“
Die Forschenden begründen diesen Effekt mit der erhöhten Interaktion zwischen den Strukturproteinen. Dr. Jörg Schnauß erklärt: „Schweres Wasser bildet ebenfalls Wasserstoffbrückenbindungen aus, welche jedoch stärker sind als in normalen wässrigen Umgebungen. Hierdurch scheinen Strukturproteine wie Aktin stärker untereinander zu interagieren und sich immer wieder kurzzeitig zu verkleben.“ Laut Schnauß sei dieser Effekt allerdings reversibel. Zellen würden wieder ihre nativen Eigenschaften zeigen, sobald sie in ein normales wässriges Medium transferiert werden. Käs ergänzt:
„Es ist erstaunlich, dass sich die Veränderungen wie bei einem passiven Material verhalten. Zellen sind jedoch höchst aktiv und fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht. Verhalten sie sich wie ein passives Material, sind sie sonst eigentlich tot.“
In ihren Experimenten lebten die Zellen jedoch. Die Hoffnung der Wissenschaftler*innen: Durch diese Erkenntnisse Verfahren entwickeln zu können, um Zellen und Organe länger vor Degeneration zu schützen. So könnte schweres Wasser für längere Aufbewahrungszeiten beispielsweise von Organen während einer Transplantation genutzt werden.
Quellen:
https://www.chemie.de/lexikon/Schweres_Wasser.htm
https://idw-online.de/de/news770122