Anthelminthikum
IVERMECTIN – WAHRLICH KEIN WUNDERMITTEL
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Vor allem Tiermedizinern ist Ivermectin ein Begriff, denn er wird bei Haus- oder Nutztieren gegen Fadenwurm- und anderen Parasitenbefall eingesetzt. Auch für den Menschen existieren zugelassene Arzneimittel, jedoch nur kutan zur Behandlung von Rosacea und Krätze (Scabies). Seit Beginn der Pandemie wird zudem an einer Wirksamkeit gegen das SARS-CoV2-Virus geforscht – jedoch ohne nennenswerten klinischen Erfolg.
Erste Laborerfolge in Zellkulturen schürten zwar Hoffnungen und zierten zahlreiche Schlagzeilen, doch ließ sich die Methodik nicht auf eine klinische Anwendung am Menschen übertragen. Dennoch wird Ivermectin nach wie vor als Geheimtipp gegen das Coronavirus gehypt, in sozialen Medien wie Facebook oder TikTok finden sich unter dem Hashtag Ivermectin fragwürdige Tipps. Eine Gruppe um Dr. Avi Bitterman von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York hat für den anhaltenden Hype möglicherweise eine Erklärung gefunden – und sie hat nicht direkt mit SARS-CoV-2 zu tun.
Kleiner Wurm, großer Trubel
Der Zwergfadenwurm (Strongyloides stercoralis) scheint schuld an dem Trend zu sein. Bitterman und seinem Team fiel auf, dass das Anthelminthikum vor allem in Studien aus dem tropischen Raum gut abgeschnitten hatte, in Lateinamerika, Südostasien und Afrika südlich der Sahara. Zufälligerweise genau dort, wo ein Befall mit dem Zwergfadenwurm überdurchschnittlich häufig vorkommt. Werden nun Corona-Patient*innen mit Ivermectin behandelt, während sie gleichzeitig unter einem unerkannten Befall mit dem Parasiten leiden, so könnte sich der Zustand durch die Behandlung verbessern und die Mortalität gesenkt werden. Würden hingegen Corticosteroide verabreicht – wie in der Kontrollgruppe - , könnte sich der Zustand aufgrund der immunsuppressiven Wirkung der Arzneistoffe massiv verschlechtern. Die Forschenden behaupten daher, dass derartige Studienergebnisse durch den Befall verzerrt sein könnten.
Beobachtungen führen zu klarer Empfehlung
Aufgrund ihrer Hypothese überprüfte das Team noch einmal alle Datenerhebungen zwischen Januar 2019 und November 2021. Berücksichtigten sie ausschließlich Länder mit hoher Zwergfadenwurm-Prävalenz, so zeigte sich ein signifikanter Vorteil für jene Covid-19-Patient*innen, die mit Ivermectin behandelt wurden.
Das Ergebnis offenbart sich dem Team so klar, dass sie davon ausgehen, dass die vermeintliche Anti-Coronawirkung des Wirkstoffes Ivermectin eigentlich auf der Bekämpfung des parasitären Befalls beruht.
Und sie ergänzen um eine weitere Erkenntnis: Sollte die Gefahr bestehen, dass ein Covid-19-Patient*in von dem Zwergfadenwurm befallen sein könnte, sollte diese*r zunächst mit Ivermectin behandelt werden, bevor ein Corticosteroid zum Einsatz kommt.
Quelle: Pharmazeutische Zeitung