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Psychologie in der Apotheke

ANGST, LASS NACH!

Personen, die an Phobien leiden, können oft kein normales Leben führen. Obwohl ihnen bewusst ist, dass ihre Furcht völlig unbegründet ist, schaffen sie es einfach nicht, sich davon zu befreien.

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Pfui Spinne! Manche Menschen rennen schreiend weg, wenn sie eine noch so kleine Spinne entdecken. Es kommt zu körperlichen Reaktionen wie kaltem Angstschweiß, Gänsehaut oder Ohnmachtsanzeichen. Betroffene schmeißen Zeitungen, Kissen oder Decken weg, wenn sie die Krabbeltiere darin vermuten. Jegliche rationalen Argumente bewirken keine Linderung der Angst und obwohl die Phobiker wissen, dass die Spinnen ihnen nichts tun, fühlen sie sich dennoch so, als seien sie in Lebensgefahr.

Doch nicht nur die Tierchen mit den langen Beinen können Panik hervorrufen, auch vor Spritzen oder vor Ärzten kann die Furcht groß sein und zur Vermeidung oder zur spontanen Flucht veranlassen. In Fällen wie diesen handelt es sich offenbar um Phobien, die den Angststörungen zuzuordnen sind. Doch was genau versteht man eigentlich darunter? Der Begriff „Phobie“ leitet sich von dem altgriechischen Wort „phobos“ ab, was so viel bedeutet wie Furcht oder Schrecken. Die Angst vor bestimmten Dingen, Tieren oder Situationen ist überdurchschnittlich groß und wird als unerträglich empfunden.

Betroffene können ihre unbegründete Panik trotz besseren Wissens nicht abstellen. Normalerweise ist Angst eine völlig normale Reaktion auf bedrohliche Ereignisse, selbst Angstattacken ohne konkreten Auslöser sind häufig. Angst veranlasst Menschen zur Flucht und verhindert, dass sie sich in verschiedenen Situationen zu waghalsig verhalten. Im Sinne der Evolution übernimmt die Furcht somit eine wichtige Schutzfunktion. Ist sie jedoch übertrieben oder irrational, bekommt sie einen pathologischen Charakter, wobei die Lebensqualität Betroffener stark beeinträchtigt ist.

Verschiedene Arten Es gibt zahlreiche Phobien wie etwa die Klaustrophobie (Angst vor engen Räumen), die Akrophobie (Höhenangst), die Arachnophobie (Angst vor Spinnen), die Agoraphobie (Platzangst), die Aviophobie (Flugangst), die Dentophobie (Angst vor Zahnbehandlungen), die Nomophobie (Angst kein Handy zu haben), die soziale Phobie, die Gelotophobie (Angst ausgelacht zu werden), die Emetophobie (Angst vor Erbrechen), die Dysmorphophobie (Störung der Wahrnehmung des eigenen Körpers)oder die Hypochondrie (Angst vor Erkrankung, eingebildete Erkrankungen). Dies sind nur einige Beispiele, denn insgesamt existieren über 250 verschiedene Formen von Phobien.

Skurrile Ängste Es gibt nichts, was es nicht gibt. Manche Phobien klingen so kurios, dass gesunde Menschen sich kaum vorstellen können, dass solche Ängste tatsächlich existieren. Zu den skurrilen Phobien gehören die Angst vor Luft oder die sogenannte Anatidaephobie, welche die Angst, von Enten beobachtet zu werden, bezeichnet. Wer Angst vor Schnee hat, leidet unter einer Chionophobie, während Personen mit einer Gelotophobie Furcht vor Lachen und Gelächter haben. Doch wer hat sich den Begriff „Hippopotomonstrosesquippedaliophobie“ ausgedacht? Die Bezeichnung steht für die Angst vor langen Wörtern und wenn man sich den Begriff anschaut, kann man diese Phobie vielleicht sogar nachvollziehen.

Skurril klingt auch die Arachibutyrophobie, die Angst vor Erdnussbutter. Konkret befürchten Phobiker, dass sie ihnen am Gaumen kleben bleibt und es zum Würgen, Brechen oder Ersticken kommt. Menschen mit einer Coulrophobie leiden unter einer gesteigerten Angst vor Clowns. Studien haben ergeben, dass jemand, der blass erscheint, Augenringe hat, keine Gefühle zeigt und in unpassenden Momenten lacht, als besonders unheimlich empfunden wird.

Gängige Phobien Höhenangst wird in der Fachsprache als Akrophobie bezeichnet. Personen fürchten sich vor Aufenthalten in größeren Höhen und reagieren beim Blick in die Tiefe mit typischen Angstsymptomen wie Herzklopfen, Schwindel oder Schweißausbrüchen. Die oben beschriebene Arachnophobie stellt die übertriebene Angst vor Spinnen dar. Eine weitere Form der krankhaften Angst ist die Agoraphobie, bei der Betroffene unter Panik vor offenen Plätzen, vor Menschenmengen sowie vor der Schwierigkeit leiden, sich nicht sofort und leicht an einen sicheren Platz, in der Regel das eigene Zuhause, zurückziehen zu können.

Die Agoraphobie umfasst außerdem Ängste wie das eigene Haus zu verlassen, Geschäfte oder Einkaufszentren zu betreten sowie in Zügen, Bussen oder Flugzeugen zu verreisen. Flugangst, auch Aviophobie genannt, ist vielen Menschen bekannt. Betroffene fürchten die Enge im Flieger, die Höhe, den Kontrollverlust oder das Eingeschlossensein im Flugzeug. Auch sie reagieren mit typischen Symptomen wie Herzrasen, Panik, schweißnassen Händen, Atemnot oder Kreislaufproblemen. Dentophobie ist eine belastende Furcht vor Zahnbehandlungen. Personen mit einer Dentophobie spüren vor und während des Zahnarztbesuchs eine hohe Nervosität und innere Anspannung, die auch von körperlichen Symptomen begleitet werden kann.

Nomophobie ist die Abkürzung für No-Mobile-Phone-Phobia (englisch) und beschreibt die Angst davor, über das Handy nicht erreichbar zu sein. Bei einer sozialen Phobie meiden Personen den Kontakt zu anderen Menschen, weil sie befürchten, von ihnen als peinlich, seltsam oder lächerlich empfunden zu werden. Setzen sie sich dennoch sozialen Situationen aus, treten körperliche Angstbeschwerden auf. Keineswegs möchten Betroffene im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, stattdessen halten sie sich aus sozialen Interaktionen eher fern. Sich zu übergeben ist sicherlich nicht angenehm. Jedoch haben einige Menschen eine unbegründete Angst vor jeglicher Art des Erbrechens, was man als Emotophobie bezeichnet.

Eingebildete Hässlichkeit Bei einer Dysmorphophobie, einer Körperakzeptanzstörung, nehmen sich Betroffene als besonders hässlich wahr, obwohl sie für Außenstehende ganz normal oder sogar gut aussehen. Sie beschäftigen sich permanent mit ihrem äußeren Erscheinungsbild, wobei sie regelmäßig todunglücklich sind, wenn sie ihr Spiegelbild betrachten. Sie vergleichen sich zwanghaft mit anderen Personen, verstecken ungeliebte Körperteile, erstellen immer wieder Fotos oder Videos und berühren den körperlichen Makel häufig.

Hilfe, Knöpfe! Westen, Blusen oder Jeans sind für manche Menschen der blanke Horror, denn sie leiden unter einer Koumpounophobie. Dabei haben Patienten eine krankhafte Angst vor Knöpfen oder ekeln sich vor diesen. Beim Anblick oder gar beim Kontakt mit Knöpfen wird ihnen schwindelig und schlecht, zudem bekommen sie Herzrasen, Schweißausbrüche und Panik.

Therapie Phobien lassen sich gut mit einer kognitiven Verhaltenstherapie behandeln. Hierbei analysiert der Therapeut zusammen mit den Patienten die angstauslösende Situation, um im Anschluss Lösungsmöglichkeiten zu finden. Betroffene lernen zu verstehen, dass ihre Phobie sie tyrannisiert und keinen weiteren Sinn hat. Je nach Ausprägung erhalten Phobiker in einigen Fällen Antidepressiva, um die Beschwerden zu erleichtern. Auch Entspannungstechniken wie autogenes Training beeinflussen die Störung positiv. Doch nicht jede Phobie muss behandelt werden, erst wenn der Alltag stark beeinträchtigt ist, empfiehlt es sich, etwas dagegen zu unternehmen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 07/2021 ab Seite 24.

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