Mehrere Spermien schwimmen auf eine Eizelle zu.
Welches Spermium erreicht die Eizelle zuerst? Außer der Geschwindigkeit sind neuen Forschungsergebnissen nach auch Lockstoffe ausschlaggebend. © koya79 / iStock / Getty Images Plus

Fortpflanzung | Partnerwahl

EIZELLENBEFRUCHTUNG: SCHNELLIGKEIT IST NICHT ALLES

Ob man sich gut riechen kann scheint nicht das einzige Kriterium bei der Partnerwahl zu sein. Tatsächlich finden sich laut einer Studie dann zwei Menschen, wenn eine rasche Fortpflanzung wahrscheinlich ist – dabei spielen Lockstoffe der Eizelle eine Rolle.

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Sexuelle Selektion ist unter Tieren weit verbreitet – warum sich auch mit einem Partner fortpflanzen, der „schlechte“ Gene hat? Auch bei Menschen verhält es sich – wenn auch unterbewusst – so. Frauen scheinen dabei das wählerische Geschlecht zu sein, sie haben auch im Anschluss mehr Arbeit: Schwangerschaft, Stillzeit, Aufzucht des Nachwuchses – da ist der Höhlenmensch-Papa unter Umständen schon bei weiteren Partnerinnen unterwegs. In der heutigen Zeit verhält es sich in einer Partnerschaft in der Regel natürlich anders, aber Relikte dieser Ur-Triebe sind durchaus noch vorhanden: Häufig finden sich Menschen mit gegensätzlichen Genen eher attraktiv, um den neuen Menschen das jeweils Beste von sich mitzugeben. Mit der Wahl des Sexualpartners galt diese biologische Selektion als abgeschlossen, doch anscheinend besitzt die Frau sogar einen Einfluss darauf, welches der Millionen Spermien als erstes am Ziel ankommt.

Spermien orientieren sich auf ihrem Weg an Lockstoffen: „Sie reagieren auf die chemischen Lockstoffe, die in der follikularen Flüssigkeit rund um die Eizelle präsent sind und orientieren sich beim Schwimmen darauf zu“, erklärt Erstautor der neuen Studie John Fitzpatrick von der Universität Stockholm. „Nach traditioneller Sicht dienen diese chemischen Signale nur dazu, den Spermien den Weg zur Eizelle zu zeigen. Wir wollten aber wissen, ob die Eizelle diese Lockstoffe auch dazu nutzt, um zwischen verschiedenen Spermien zu selektieren.“ Ähnliches kennen die Forscher bereits aus dem Tierreich: Manche Meerestiere locken nur bestimmte Spermien von möglicherweise genetisch kompatibleren Männchen an. Ist das auch beim Menschen so? Dazu musste das Ejakulat von 30 Männern herhalten.

Die Spermien der Probanden wurden in einem Reagenzglas auf die Reise geschickt: Schwimmen sie zu der Follikelflüssigkeit der Partnerin oder lieber zu der einer anderen Frau oder gar einer neutralen Kontrollprobe? Den Forschern war nicht nur wichtig zu klären wie das Schwimmverhalten aussah, sondern auch, wie viele Spermien letztlich an welchem Ziel zu finden waren. Und die Eizellen zeigten sich wählerisch: „Die Follikelflüssigkeit der einen Frau zog die Spermien des einen Mannes stärker an, während die Lockstoffe der anderen stärker auf die Spermien eines anderen Mannes wirkten“, berichtet Fitzpatrick. „Das zeigt, dass die Interaktion von Spermium und Eizelle von der spezifischen Identität der beteiligten Männer und Frauen abhängt.“

Warum die Spermien dieses Verhalten zeigen, wissen die Forscher (noch) nicht. Es spielte jedoch keine Rolle, ob die Follikelflüssigkeit von der Partnerin stammte oder nicht – dennoch waren die Ergebnisse reproduzierbar, also nicht zufällig. Die sexuelle Selektion könne demnach nicht nur auf menschlicher, sondern auch auf Keimzellen-Ebene existieren: „Die chemische Kommunikation zwischen Eizellen und Spermien erlaubt es den Frauen, eine „kryptische Wahl“ darüber zu treffen, von welchem Mann sie sich befruchten lassen“, so die Wissenschaftler. „Denn von den im Schnitt nur rund 250 Samenzellen, die die Eileiter hinaufschwimmen und in Eizellnähe ankommen, ist nur rund jeder zehnte überhaupt dazu fähig, auf die chemischen Lockstoffe zu reagieren und das Ei zu befruchten.“ Die Forscher gehen sogar soweit, davon auszugehen, dass diese Selektion hinter Fällen von Kinderlosigkeit bei Paaren stecken könnte, für die es bislang keine biologische Erklärung gebe.

Farina Haase,
Apothekerin/Online-Redaktion

Quelle: wissenschaft.de

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