Kakaobutter und -bohnen in einem Schälchen - daneben ein Holzlöffel mit Kakaopulver.© mescioglu / iStock / Getty Images Plus
Eignen sich Kakaobohnen nicht für die Herstellung von Schokolade, müssen die Früchte nicht gleich entsorgt werden. Dank eines neuen Verfahrens können beschädigte Bohnen zu nachhaltigen Kosmetika weiterverarbeitet werden.

Acrylat-Ersatz

KOSMETIK AUS KAPUTTEN KAKAOBOHNEN

Damaged Beans heißt das Projekt, das sich um die Verwendung beschädigter Kakaobohnen aus Brasilien dreht. Dort sind die Früchte ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, doch Schädlinge behindern die Produktion. Kein Grund, die Bohnen wegzuwerfen – zumal sie womöglich allergene Acrylate ablösen können.

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Bis zu 40 Prozent: So hoch werden die Ernteverluste bei Kakaobohnen beziffert. Dabei ist der Anbau von Kakao eine wichtige Säule der Wirtschaft in Mittel- und Südamerika. Der Rohstoff wird vor allem für die Herstellung von Schokolade verwendet.

Doch seit den 1990er Jahren machen zwei Pilzkrankheiten den Bauern schwer zu schaffen: Sie heißen Hexenbesen (Crinipellis Perniciosa) und Black Pod Disease (Schwarzfäule). Die epidemische Verbreitung führte zu einem drastischen Einbruch der Kakaoproduktion, denn die betroffenen Früchte taugen nicht zur Herstellung von Schokolade und müssen weggeworfen werden.

Kakao in Kosmetik, Schmierstoffen, Reinigungsmitteln

Hier setzt ein Projekt des Fraunhofer-Instituts an. Ziel von Damaged Beans ist es, andere Nutzungen für die beschädigten Bohnen zu finden. Eingesetzt werden können sie beispielsweise für

  • die Herstellung von Kosmetika,
  • aber auch für Schmierstoffe
  • und Reinigungsmittel.

Zusammen mit der brasilianischen Universität Campinas entwickelte das deutsche Fraunhofer-Institut spezifische Methoden, um unterschiedliche Pilzkontaminationen zu erkennen, zu klassifizieren und neue Verwendungszwecke für die Bohnen zu definieren.

Dieser Ansatz hat das Potenzial, die gesamte Kakao-Wertschöpfungskette zu optimieren: Landwirte werden dann in der Lage sein, einen größeren Anteil ihrer Ernte zu vermarkten. Das scheint so aussichtsreich zu sein, dass nicht nur ein Konsortium aus 19 Industriepartnern das Projekt begleitet, sondern das Vorhaben auch noch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt wird.

Kakaobutter als nachhaltiger Ersatz für Acrylate

Dominic Wimmer, Projektleiter am Fraunhofer-Institut, erläutert: „Aus den Kakaobohnen wird Kakaopulver und Kakaobutter hergestellt. Kakaobutter hat aufgrund der Pilzerkrankungen ein anderes Schmelzverhalten und ist daher bei Raum- und Körpertemperatur weicher. Für kosmetische Anwendungen kann das von Vorteil sein, vor allem für fetthaltige Naturkosmetika wie Lippenstifte, Bodylotions und Cremes.“

Die Pilzerkrankung der Kakaobohne verändert die Eigenschaften der Kakaobutter. Das ist für Kosmetika von Vorteil und kann womöglich schädliche Acrylate ersetzen.

Die ebenfalls durch die Pilze veränderte Zusammensetzung der Aminosäuren und Proteine erhöht die Gelier- und Verdickungseigenschaften der Kakaobutter. Das könnte sie zu einem idealen Ersatz für gesundheitsschädliche Acrylate machen, die als Gelbildner beziehungsweise Quellmittel in konventioneller Kosmetik eingesetzt werden, auf der Haut aber Allergien auslösen können.

Verfahren für geschädigte Kakaobohnen

Vor dem geplanten Einsatz muss jedoch erst eine Untersuchungsmethode entwickelt werden, um den Grad der Schädigung an der Frucht zu ermitteln – das übernimmt die brasilianische Universität. Das deutsche Institut hat ein Extraktionsverfahren ersonnen, welches nach der Fettabtrennung Kakaobutter, Proteine, sekundäre Pflanzenstoffe und Polyphenole für Anwendungen der kosmetischen und chemischen Industrie aufbereitet.

„Den betroffenen Farmen erschließen sich neue Wertschöpfungswege mit großem finanziellen Potenzial.“

„Neben Kakaobutter eignen sich die Eigenschaften der Proteine dann gegebenenfalls für technische Anwendungen wie biobasierte Reinigungs- und Desinfektionsmittel sowie Schmierstoffe und bietet die Möglichkeit im Sinne der Nachhaltigkeit, mineralölbasierte Ressourcen durch natürliche Inhaltsstoffe zu ersetzen“, so Projektleiter Wimmer. Besonders schonend ist die Gewinnung der Kakaobutter durch organische Lösungsmittel wie Ethanol.

Der Forscher ist überzeugt: „Durch unser Kaskadenextraktionsverfahren können beschädigte Bohnen weiterverarbeitet werden; den betroffenen Farmen erschließen sich neue Wertschöpfungswege mit großem finanziellen Potenzial.“ Denn: Weltweit sind rund 50 Millionen Menschen in der Kakaoproduktion beschäftigt – 80 bis 90 Prozent davon in kleinen Betrieben. Gerade für diese wäre die Resteverwertung der als Lebensmittel unbrauchbaren Kakaobohnen ein Segen.

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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