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Kopfschuppen

ABNORME ABSCHILFERUNG

Mit mangelnder Pflege haben diese sichtbaren Spuren der Hauterneuerung nichts zu tun. Betroffene empfinden die weißen Flocken auf Schultern und Kragen aber oft als unangenehme kosmetische Beeinträchtigung.

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Genauso wie an jeder anderen Stelle erneuert sich die Haut auch auf dem behaarten Kopf regelmäßig, indem Hautzellen aus der Basalschicht nach oben wandern und dort schließlich, nach einer durchschnittlichen Lebensdauer von rund 28 Tagen und einigen Umwandlungen, als kernlose Hornzellen abgestoßen werden. Für das Auge sichtbar wird die Schuppung erst, wenn sich die Hornzellen als Konglomerate mehrerer hundert Zellen ablösen.

Von Hautkrankheiten einmal abgesehen, liegt die Ursache in kleinsten, äußerlich nicht bemerkbaren, Entzündungsherden auf der Kopfhaut, die zu Störungen des Verhornungsprozesses und der normalen Abschilferung der Zellen führen, wodurch die Hornzellen nicht komplett ausreifen. Die Folge ist, dass die Zellen stärker zusammenhaften und in Form ganzer Zellverbände abgestoßen werden: als Schuppen.

Fettig oder trocken? Die fokalen Entzündungsvorgänge sind die Antwort auf unterschiedlichste Faktoren. Für die Beratung entscheidend ist letztlich die Frage: fettig oder eher trocken?

Fettige Schuppen sind relativ groß und eher gelblich. Sie entstehen, wenn die Kopfhaut zu viel Talg produziert . Bisweilen liegt eine genetische Veranlagung vor, dann weisen oft auch andere Stellen, wie Gesicht oder Brust, eine gerötete, juckende, schuppige Haut auf (seborrhoisches Ekzem bzw. seborrhoische Dermatitis). Androgene gelten als mit verantwortlich, weshalb häufig Männer im mittleren Alter betroffen sind. Schwitzen und Stress wird eine begünstigende Rolle zugeschrieben. Betroffene berichten oft von einer Besserung während der Sommermonate.

Hautpilze beteiligt Man geht davon aus, dass Hefen, die zur normalen Hautflora gehören, nämlich Malassezia-Arten wie M. furfur (frühere Bezeichnung: Pityrosporum ovale) und M. globosa ursächlich mit dieser Schuppenform zu tun haben: Diese Pilze besiedeln hauptsächlich Talg- und Schweißdrüsenreiche Areale, da sie Feuchtigkeit lieben und sich von den Lipiden, die die Talgdrüsen produzieren, ernähren. Auf der Kopfhaut finden sie beste Wachstumsbedingungen.

ALLGEMEINE TIPPS FÜR IHRE KUNDEN
+ Vermeiden Sie strapazierende Prozeduren wie Dauerwellen und Haarefärben.
+ Kein alkoholhaltiges Haarwasser sowie irritierende Substanzen in Haarsprays oder -gel
+ Keine Kämme mit spitzen Zinken + Nicht zu heiß waschen, und kein Rubbeln beim Trocknen; besser: ein Handtuch um den Kopf wickeln und das nasse Haar leicht ausdrücken
+ Kalt föhnen oder möglichst ganz darauf verzichten
+ Sparsame Verwendung von Haarwaschmitteln
+ Grundsätzlich sollten auch Antischuppenshampoos nur kurzzeitig angewendet werden.
+ Bei stark angegriffener Kopfhaut raten Hautärzte bisweilen dazu, abends Olivenöl oder ein Hautöl direkt auf die Kopfhaut zu applizieren und unter einem Handtuch oder einer nicht zu engen Badekappe für mindestens eine halbe Stunde einwirken zu lassen. Anschließend wird das Öl mit einem milden Produkt ausgewaschen. Eine andere Möglichkeit ist, vor der Haarwäsche ein Haaröl aufzutragen und einzumassieren.

Menschen mit Kopfschuppen oder seborrhoischem Ekzem weisen eine besonders hohe Keimdichte auf. Das vorhandene Hautfett bauen die Mikroorganismen mit ihren Lipasen zu Fettsäuren ab, welche die Haut reizen und vermutlich auch den Verhornungsprozess stören.

Antimykotisch plus keratolytisch eingreifen Diese häufige Schuppenart behandelt man daher hauptsächlich mit topischen antimikrobiellen Wirkstoffen, meist in Form von Shampoos. Wesentliche Komponenten dieser Spezialshampoos sind Antimykotika wie etwa Imidazolderivate (z. B. Ketoconazol), Ciclopiroxolamin oder Zinkpyrithion. Auch die Schwefelverbindung Selendisulfid hat eine gute fungizide und gleichzeitig schuppenlösende Wirkung. Zusätzlich enthalten viele Präparate keratolytisch wirksame, also Schuppen-ablösende Substanzen wie Salicylsäure oder kolloidalen Schwefel. Bei Juckreiz können auch Menthol- oder Polidocanolzusätze helfen.

Provoziert durch zuviel Pflege Ist trockene, fettarme Kopfhaut der Hintergrund des Phänomens, besteht eine atopische Disposition oder liegt eine manifeste Neurodermitis vor, lautet die wichtigste Empfehlung: Nicht zu häufig waschen! Die Talgproduktion der Kopfhaut ist in diesen Fällen vermindert (Sebostase).

Trockene Schuppen sind klein, weiß, „mehlig”. (Mit)Auslöser sind oft zu häufiges Haarewaschen oder ein falsches Shampoo. Auch gängige Antischuppenshampoos sind mitunter zu aggressiv für empfindliche Kopfhaut. Ferner wirken sich auch Klimaanlagen und trockene Heizungsluft ungünstig aus. Juckreiz, unangenehmes Spannungsgefühl und vermehrte Schuppung treten bei diesen Personen besonders nach der Haarwäsche auf.

Raten Sie diesen Kunden zu besonders milden Mitteln (Babyshampoos) sowie Produkten mit Substanzen, die das Feuchthaltevermögen der Haut erhöhen, wie Urea oder Panthenol. Als problematisch gelten bei empfindlicher Haut die herkömmlich verwendeten Tenside, die auch Hautlipide emulgieren können und so austrocknend wirken.

Hier muss der Hautarzt ran Raten Sie dem Kunden bei hartnäckigen Schuppen, die auch nach rund vierwöchiger Behandlung nicht ansprechen, sowie in jedem Fall bei Nässen und Krustenbildung, einen Dermatologen zu konsultieren. Neben schwereren Schüben eines seborrhoischen Ekzems können auch andere Hauterkrankungen verantwortlich sein, die es von den „normalen” Kopfschuppen abzugrenzen gilt; ein Beispiel ist die atopische Dermatitis (Neurodermitis). Bei der Psoriasis (Schuppenflechte) ragen die roten, entzündeten, manchmal krustenbedeckten Stellen meist über die Haargrenze hinaus und sind häufig noch am Stirnrand oder hinter dem Ohr sichtbar.

Hinter einer auf bestimmte Areale begrenzten Schuppung, oft in Verbindung mit Haarausfall, kann auch eine Pilzinfektion mit einer Trichophytonart stecken (Tinea capitis) – vor allem bei Kindern mit Kontakt zu Haustieren. (Im Unterschied zur stärkeren Besiedlung mit Malassezia-Hefen handelt es sich hierbei um eine echte Infektion.) Unbehandelt kann hier irreversibler Haarverlust drohen. Selten können auch einmal Kontaktallergien – etwa auf Haarbehandlungen beziehungsweise Pflegeprodukte – vorkommen. Erklären Sie Ihren Kunden, dass eine Sensibilisierung durchaus manchmal auch erst nach einem jahrelangen wiederholten Kontakt mit dem gleichen Produkt auftritt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/12 ab Seite 96.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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