Fettstoffwechselstörungen
PTA-Fortbildung

Rechtzeitig gegensteuern

Ein ungesunder Lebensstil und die genetische Disposition sind wichtige Faktoren, die zu Hyper- und Dyslipidämien führen. Das bleibt auf Dauer nicht ohne Folgen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen damit in Zusammenhang.

17 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. Februar 2022

Der Fettstoffwechsel Der überwiegende Teil der Lipide, die über die Nahrung aufgenommen werden, sind Cholesterin, Triglyceride, Phospholipide und fettlösliche Vitamine A, D, E und K. Sie gelangen in den Gastrointestinaltrakt und werden hier vorverdaut. Durch die rhythmischen Bewegungen des Magens findet eine Emulgierung der Fette mit dem restlichen Speisebrei statt. Im Dünndarm sorgen die ambiphilen Gallensäuren für die weitergehende Emulgierung und machen die Spaltung durch die Enzyme erst möglich.

Abgespaltene Fettsäuren und Cholesterin werden nun über die Darmwand in das Blut resorbiert, um zu den Organen, wo sie benötigt werden, zu gelangen, zum Beispiel zur Leber. Hier regulieren spezielle Rezeptoren auf den Leberzellen, sogenannte LDL-Cholesterin-Rezeptoren, wie viel Eigenproduktion aufgrund der bestehenden Cholesterinkonzentration im Blut noch nötig ist. Weil das Blut überwiegend aus Wasser besteht und hydrophil ist, können die Lipide nicht gelöst werden, sondern benötigen Transportproteine, um gleichmäßig verteilt zu werden.

Der Komplex aus Lipidteilchen und Transportprotein heißt Lipoprotein. Die mizellenartigen Partikel haben einen Kern aus Cholesterinestern und Triglyceriden sowie eine hydrophile Hülle. Die Lipoproteine werden in Leber und Dünndarm zusammengebaut. Die unterschiedlichen Fraktionen tragen verschiedene Apolipoproteine in der Außenhülle und vermitteln darüber das Andocken an spezifischen Membranrezeptoren, wodurch sie in die Zellen aufgenommen werden können. Die verschiedenen Trägerproteine werden nach ihrem Verhalten bei der Ultrazentrifugation oder Elektrophorese unterschieden in:

  • Chylomikronen: Die mikroskopisch sichtbaren Lipidkügelchen mit einem Durchmesser von 0,1 bis 1 μm bestehen fast ausschließlich aus Triglyceriden, geben Fettsäuren zur Speicherung in das Fettgewebe oder zur Energiebereitstellung an die Muskulatur ab.
  • Very-Low-Density-Lipoprotein (VLDL): Dieses Transportprotein wird in der Leber produziert und trägt hauptsächlich endogene Fette, Triglyceride und Cholesterin in das Gewebe. Nach Abgabe von Triglyceriden entsteht daraus das LDL.
  • Low-Density Lipoprotein (LDL): Dieser Komplex enthält hauptsächlich Cholesterin, bindet an LDL-Rezeptoren und gelangt in Leber- oder andere Körperzellen, die Cholesterin zum Aufbau der Zellmembran benötigen. Bei einem Überangebot an LDL-Cholesterin im Blut lagern sich Lipidpartikel an die Arterienwände und bilden Plaques, die den Prozess der Atherosklerose begünstigen.
  • High-Density-Lipoprotein (HDL): Es hat einen hohen Proteinanteil und kann überschüssiges Cholesterin von den Zellen und Organen aufnehmen und zurück zur Leber transportieren. Es wirkt dadurch dem Prozess der Atherosklerose entgegen.

Für die Untersuchung einer Dyslipidämie werden zusätzlich zum Gesamtcholesterin und Triglyceridanteil die genannten Blutfettwerte ermittelt, denn der Gesamtcholsterinspiegel alleine ist nicht aussagekräftig genug. Ist der Cholesterinspiegel erhöht, liegt eine Hypercholesterinämie vor. Erhöhte Triglyceridspiegel werden als Hypertriglyceridämie bezeichnet. Sind beide Fettwerte erhöht, wird dies als kombinierte Hyperlipidämie klassifiziert. Das Lipoprotein a (Lp(a)) wird zusätzlich bei Risikopatienten bestimmt. Es ist dem LDL eng verwandt, Werte über 30 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) gehen mit einem erhöhten Atheroskleroserisiko einher.

Hohe Werte sind genetisch bedingt. Lipoprotein a kann nicht durch eine fettarme Ernährung oder die meisten lipidsenkenden Medikamente beeinflusst werden. Normalerweise wird dieser Wert nur einmal im Leben gemessen. Als potenziell atherogene Lipide, die das Herz-Kreislauf-System ungünstig beeinflussen, gelten alle Lipoproteine bis auf HDL – das „gute“ Cholesterin. Das Non-HDL-Cholesterin mit schädigender Wirkung kann leicht ermittelt werden, indem der Wert des HDL-Cholesterins vom Wert des Gesamtcholesterins abgezogen wird.

Lipide, Fette, Cholesterin, Lipoproteine
Unter der Sammelbezeichnung „Lipide“ fasst man wasserunlösliche Stoffe zusammen. Auf den Körper bezogen meint man damit Fette, also Triglyceride und Cholesterin. Da sich Lipide im Blut nicht lösen, werden sie an Proteine gebunden und heißen nun Lipoproteine. Der Begriff „Fettstoffwechselstörung“ wird für Abweichungen der Blutwerte aller Lipide verwendet, auch wenn Cholesterin im chemischen Sinne kein Fett ist.

Ursachen Man unterscheidet genetisch bedingte primäre Fettstoffwechselstörungen von sekundären Formen. Bei etwa 70 Prozent der Patienten mit erhöhten Cholesterinspiegeln kommen beide Einflüsse zusammen vor, also eine Veranlagung für erhöhte Blutfette und exogene Risikofaktoren. Man spricht dann von einer polygenen Hyperlipoproteinämie. Bei einer primären Fettstoffwechselstörung führen Genmutationen dazu, dass der Körper zu hohe Mengen an LDL-Cholesterin und Triglyceriden bildet oder diese nur unzureichend abbauen kann. Auch eine zu geringe Produktion von HDL-Cholesterin kann genetisch bedingt sein. Besteht der Verdacht, sollte eine Genotypisierung erwogen werden, um Risiken für Familienangehörige frühzeitig zu erkennen.

Den Anteil tierischer Fette aus Wurstwaren und fettreichen Milchprodukten sollte man bei Fettstoffwechselstörungen besser reduzieren. Ausdrücklich erlaubt sind dagegen Nüsse mit ihren ungesättigten Fettsäuren.

Eine primäre Fettstoffwechselstörung kann allein durch eine Ernährungsumstellung nicht ausreichend gebessert werden, dennoch trägt ein gesunder Lebensstil dazu bei, das Gefäßsystem zu schützen. Die sekundäre Fettstoffwechselstörung wird alleine durch äußere Faktoren hervorgerufen, zum Beispiel durch fettreiche Ernährung, Vorerkrankungen wie Adipositas, Diabetes, Lebererkrankungen, Schilddrüsenfunktionsstörungen, metabolisches Syndrom, Nierenerkrankungen und durch zu hohen Alkoholkonsum.

Auch Medikamente können die Blutfette erhöhen. So steigern zum Beispiel orale Glucocorticoide, orale Kontrazeptiva und Thiazide den LDL-Spiegel und die Triglyceridkonzentrationen. Bei der Diagnose von sekundären Fettstoffwechselstörungen ist die Änderung des Lebensstils unabdingbar. So lassen sich beispielsweise die Triglyceridwerte durch Verzicht auf Alkohol, maßvollen Konsum von Zucker und Gewichtsreduktion senken.

Meist ein Zufallsbefund Eine Fettstoffwechselstörung wird oft nicht gleich erkannt, denn Symptome treten erst nach längerer Zeit auf. Meist fallen die erhöhten Werte bei einer routinemäßigen Blutbildbestimmung auf. Bei Menschen mit genetisch bedingter und bereits langjähriger Erkrankung entstehen kleine gelb-orange Knötchen, sogenannte Xanthome, an verschiedenen Körperstellen, zum Beispiel Brust, Augen, Ohren, Armen oder Rücken. Auch innere Organe können betroffen sein. Weitere Anzeichen sind ein getrübter weißlicher Ring im Auge, Entzündungen der Bauchspeicheldrüse mit Oberbauchschmerzen, alle Arten kardiovaskulärer Erkrankungen infolge einer Atherosklerose und Durchblutungsstörungen wie beispielsweise bei einer peripheren Verschlusskrankheit.

Was sind Fettstoffwechselstörungen?
Der Begriff umfasst Hyperlipidämien oder genauer Hyperlipoproteinämien, also Erhöhungen einer oder mehrerer Lipoproteingruppen, und/oder Dislipidämien, genauer Dyslipoproteinämien, ein Missverhältnis der verschiedenen Lipoproteinfraktionen untereinander.

Zielwerte Im Hinblick auf die Entstehung von kardiovaskulären Erkrankungen spielt der LDL-Spiegel eine besonders wichtige Rolle. In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass die Höhe des LDL-Spiegels im Blut direkt mit dem Herzinfarktrisiko und einer erhöhten Mortalität durch Koronarerkrankungen assoziiert ist. Eine Veranlagung für niedrige LDL-Spiegel senkt das Herz-Kreislaufrisiko, eine familiäre Belastung für hohe Werte erhöht es.

Die medikamentösen Maßnahmen adressieren deshalb insbesondere die Senkung der LDL-Werte. Die zu erreichenden Therapiezielwerte orientieren sich am individuellen Risiko. So werden bei der Anamnese persönliche atherosklerotische Risikofaktoren wie Diabetes, Adipositas und kardiovaskuläre Ereignisse wie zum Beispiel ein Herzinfarkt erfasst.

  • Wer ein niedriges Risiko ohne bekannte Erkrankungen hat, sollte unter einem LDL-Cholesterinwert von 116 mg/dl (<3,0 mmol/l) als Zielwert liegen.
  • Bei gesunden Personen mit einem leicht erhöhten Risikoprofil, wie zum Beispiel leichtem Übergewicht oder einer leichten Hypertonie sollte der LDL-Cholesterinwert unter 100 mg/dl (<2,6 mmol/l) angestrebt werden.
  • Kommen mehrere Risikofaktoren zusammen, deutlich erhöhter Blutdruck, genetisch bedingt hohe Cholesterinwerte und/oder Raucher zu sein, sollte ein LDL-Cholesterinwert von unter 70 mg/dl (<1,8 mmol/l) erreicht werden.
  • Patienten mit einem massiv erhöhten Risiko, oftmals zusätzlich Diabetiker, sollten einen LDL-Cholesterinwert unter 55 mg/dl (1,4 mmol/l) erzielen.
  • Für Patienten mit sehr hohem Risiko, die innerhalb von zwei Jahren unter einer Behandlung mit Statinen ein zweites kardiovaskuläres Ereignis erleiden, sollte ein LDL-Zielwert unter 40 mg/ dl (unter 1,0 mmol/l) erwogen werden. Studien haben gezeigt, dass die drastischen Senkungen der LDL-Cholesterinwerte unter 50 mg/ dl zu einem Rückgang der Plaques in den Gefäßen führen können.

Prävention von Fettstoffwechselstörungen
+ Fettarme Ernährung, viel Obst und Gemüse
+ Maßvoller Alkoholkonsum
+ Ausreichend Bewegung
+ Stressvermeidung und Stressabbau
+ Gewichtsreduktion
+ Verzicht auf das Rauchen
+ Regelmäßige Gesundheitschecks und Bestimmung der Blutwerte, besonders bei positiver Familienanamnese

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