Fettstoffwechselstörungen
PTA-Fortbildung

Rechtzeitig gegensteuern

Ein ungesunder Lebensstil und die genetische Disposition sind wichtige Faktoren, die zu Hyper- und Dyslipidämien führen. Das bleibt auf Dauer nicht ohne Folgen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen damit in Zusammenhang.

17 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. Februar 2022

Intensivierung der Therapie Statine sind die erste Wahl der Therapie. Wenn die Zielwerte mit der maximalen Statindosis nicht erreicht werden können, empfiehlt der Arzt eine Kombinationstherapie mit Ezetimib als nächstem Schritt. Hier handelt es sich um einen Cholesterin-Resorptionshemmer. Ansatzpunkt ist ein Steroltransporter im Dünndarm, über den exogen zugeführtes Cholesterin aus dem Darm ins Blut aufgenommen wird. Hier hemmt Ezetimib selektiv. So gelangt weniger Cholesterin aus dem Darm in die Leber. Nachweislich senkt Ezetimib über diesen Mechanismus die Blutwerte von Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, Apolipoprotein B und Triglyceriden.

Die HDL-Cholesterinwerte werden gesteigert. Ezetimib wird in der Kombination mit einem Statin bei primärer Hypercholesterinämie sowie zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Risikopatienten eingesetzt. Ezetimib ist der einzige Vertreter seiner Substanzklasse und wird wie die Statine einmal täglich eingenommen. Als alleiniger Wirkstoff bei Fettstoffwechselstörungen wird Ezetimib nur verordnet, wenn eine Statin-Unverträglichkeit besteht. Typische Nebenwirkungen unter der Therapie sind gastrointestinale Beschwerden, wie Fettstühle oder Übelkeit. Wechselwirkungen aufgrund des pharmakokinetischen Profils sind unter Ezetimib nicht zu befürchten, da es weder Substrat noch Hemmstoff von CYP-Enzymen ist.

Antikörper Wird auch mit der Zweifachkombination noch nicht der anvisierte LDL-Zielwert erreicht, sieht die Leitlinie die Hinzunahme eines dritten Wirkstoffs vor. Antikörper gegen das Enzym Proproteinkonvertase Subtilisin/Keksin Tup 9 lassen die LDL-Rezeptoraktivität steigen. Beispiele für die PCSK9-Hemmer sind Alirocumab und Evolocumab. Sie binden das von Hepatozyten freigesetzte Enzym, sodass dieses dann nicht mehr mit LDL-Rezeptoren interagieren kann. Die deshalb unbesetzten LDL-Rezeptoren können nun wieder vermehrt LDL-Cholesterin aus dem Blut binden und den LDL-Cholesterinspiegel im Blut senken.

Die bisherigen Studiendaten weisen nicht nur eine Senkung der Blutfette nach, sondern auch eine Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen. Alirocumab und Evolocumab haben die Zulassung zur Therapie der primären Hypercholesterinämie in Kombination mit einem Statin, wenn die maximal verträgliche Statin-Dosis nicht ausreicht, um die Zielwerte zu erreichen. Eine Monotherapie oder Kombination mit anderen Lipidsenkern ist nur für Patienten mit einer Unverträglichkeit oder Kontraindikation für Statine möglich.

Weitere Indikationen sind arteriosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen beziehungsweise die Prophylaxe von Myokardinfarkt und Schlaganfall. Die Antikörper werden subcutan im zwei- bis vierwöchigen Abstand appliziert. Beschriebene Nebenwirkungen sind Infektionen der oberen Atemwege, Juckreiz und Reaktionen an der Einstichstelle. Speziell unter Evolocumab traten auch grippeähnliche Symptome und Rückenschmerzen auf.

Neu dabei Seit 2020 ist ein weiterer Wirkstoff mit einem neuen Therapieansatz auf dem Markt. Bempedoinsäure ist ein Prodrug, das in der Leber zum aktiven Metaboliten aktiviert wird. Dieser hemmt ein Enzym, das an der Biosynthese von Cholesterin beteiligt ist. Als Gegenregulation werden vermehrt LDL-Rezeptoren gebildet, die LDL-Cholesterin aus dem Blut binden können. Außerdem werden weniger Fettsäuren in der Leber gebildet. Der neue Wirkstoff wird als Tablette einmal täglich eingenommen.

Bempedoinsäure kann mit einem Statin und/oder mit anderen Lipidsenkern kombiniert werden. So gibt es ein Monopräparat und ein Kombinationsmittel zusammen mit Ezetimib. Zu wissen ist, dass bei gleichzeitiger Einnahme von Statinen deren Plasmaspiegel und so auch das Risiko für vermehrte Nebenwirkungen, zum Beispiel Myopathien, erhöht ist. Insbesondere Simvastatin sollte nicht in Dosierungen über 20 Milligramm pro Tag zusammen mit Bempedoinsäure angewendet werden.

Eine Nebenwirkung von Bempedoinsäure ist die Erhöhung der Harnsäurespiegel. Kommt es unter der Therapie mit dem neuen Wirkstoff zu einem Gichtanfall, ist es abzusetzen. Menschen mit Leberfunktionsstörungen sollten nur mit Vorsicht behandelt werden – unter regelmäßiger Kontrolle der Leberwerte. Weitere Nebenwirkungen sind Anämien und Schmerzen in den Extremitäten. Von Vorteil ist, dass Bempedoinsäure keinen Einfluss auf die Skelettmuskulatur hat und deshalb im Gegensatz zu den Statinen in der Monotherapie keine muskelbezogenen Nebenwirkungen aufweist. Es senkt wirksam die LDL-Cholesterinspiegel und ist so eine Alternative für Menschen mit einer Statin-Unverträglichkeit.

Sonstige Lipidsenker Neben Statinen, Ezetimib und den PCSK9- Hemmern werden selten noch Gallensäure-bindende Ionenaustauscher wie Colestyramin und Colesevelam und Fibrate als Lipidsenker verordnet. Sie können verordnet werden, wenn eine Statin-Therapie nicht möglich ist. Die nicht resorbierbaren Austauscherharze binden Gallensäuren und erhöhen die Ausscheidung der Lipide um ein Vielfaches, was so indirekt eine Senkung der Cholesterinkonzentration im Blut bewirkt. Übliche Nebenwirkungen der Ionenaustauscher sind gastrointestinale Beschwerden, zum Beispiel Übelkeit, Obstipation und Fettstühle, sowie aufgrund der verminderten Resorption Hypovitaminosen.

Wer Schilddrüsenhormone, herzwirksame Glycoside, Kontrazeptiva oder Antibiotika einnimmt, sollte wissen, dass infolge von Wechselwirkungen mit den Austauscherharzen diese vermindert resorbiert werden. Mit der Einführung der Statine wurden die Fibrate aus der Lipid-Therapie eher verdrängt. Gemfibrozil oder Bezafibrat kommen nur noch sehr selten in den Verordnungen vor. Zum einen erreichen die Fibrate nur eine leichte LDL-Senkung, zum anderen haben sie zahlreiche Nebenwirkungen, zum Beispiel Blutbildveränderungen, gastrointestinale Beschwerden, Urtikaria und gelegentlich Potenzstörungen.

Tipps für eine gesunde Fettzufuhr
+ Bevorzugung von pflanzlichen Fetten
+ Einsatz von hochwertigen kaltgepressten Pflanzenölen zur Zubereitung von Speisen
+ Achtung: tierische versteckte Fette in Käse, Fleisch und Wurst
+ Geflügel und mageres Fleisch bevorzugen
+ Fettarme Garmethoden (Dämpfen, Dünsten und Kochen) anwenden
+ Zufuhr von Samen und Nüssen als Fettquelle

Wenn nichts hilft Patienten mit einer familiären Hypercholesterinämie, die nicht oder nicht ausreichend auf Lipidsenker ansprechen und sehr hohe LDL-Cholesterinwerte haben, müssen mit einer LDL-Apherese behandelt werden. Die LDL-Apherese ist ein nicht chirurgisches Verfahren, bei dem das Blut von der Person entnommen und der LDL-Bestandteil vom restlichen Blut in einem speziellen Gerät getrennt wird. Das von der LDL-Komponente befreite Blut wird dann wieder in den Patienten zurückgeführt.

Ernährung Eine Umstellung des Lebensstils ist für viele Patienten ein Teil der Basistherapie. Mit einer fettarmen Ernährung mit wenig gesättigten Fettsäuren können die LDL-Werte gesenkt werden. Nahrungsfette werden in Fette mit einem hohen Gehalt an gesättigten, einfach ungesättigten, zweifach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren unterteilt. Etwa ein Drittel der durch die Nahrung zugeführten Fettsäuren sollte mehrfach ungesättigt sein. Der tägliche Bedarf liegt zwischen 10 und 30 Gramm pro Tag. Da gesättigte Fettsäuren in hohem Maße in tierischen Fetten, zum Beispiel Butter oder Schmalz enthalten sind, sollten sie nur in geringen Mengen auf dem Speiseplan stehen.

In Olivenöl oder Erdnussöl sind einfach ungesättigte Fettsäuren vorhanden, ein Beispiel für eine dieser ist die Ölsäure. Linolsäure ist eine zweifach ungesättigte essenzielle Fettsäure, die in Keimölen wie Sonnenblumenöl vorkommt. Die Zufuhr von außen über die Nahrung ist für den menschlichen Körper wichtig. So ist die Linolsäure eine Vorstufe der Linolensäure. Sie wird im Körper unter anderem in die physiologisch notwendige Arachidonsäure umgewandelt, aus der der Organismus zum Beispiel Prostaglandine bildet. Mehrfach ungesättigte Polyensäuren wie die Docosahexaensäure sind Bestandteil von Leinöl oder Fischölen. So ist der Verzehr von fettreichen Seefischen eine Quelle für gesunde Omega-3-Fettsäuren.

Möglichst sparsam sollten Trans-Fette in der Ernährung vorkommen. Sie zählen zu den ungesättigten Fettsäuren, ähneln in ihrer Zusammensetzung aber den gesättigten Fettsäuren. Insbesondere Margarinen oder Bratfette bestehen aus diesen ungesunden Fetten. Sie entstehen vor allem bei der Fetthärtung von Pflanzenölen, was bei der industriellen Verarbeitung von Lebensmitteln oder durch starkes Erhitzen auftritt. Pommes frites, Chips oder andere Fast-food-Gerichte enthalten häufig Trans-Fette und sollten nur sparsam konsumiert werden.

Bei einer ausgewogenen Ernährung sollte der Fettanteil etwa 25 bis 30 Prozent der gesamten Energiezufuhr betragen. Personen, die hohe Triglyceridwerte aufweisen, sollten auch auf große Mengen von einfachen Kohlenhydraten, wie sie in zuckerhaltigen Lebensmitteln und Süßigkeiten zu finden sind, verzichten. Haferkleie, Hülsenfrüchte, Reiskleie, Gemüse und Zitrusfrüchte können die Cholesterinspiegel günstig beeinflussen. Diese Lebensmittel sind reich an Ballaststoffe, die Fette im Darm binden können.

Dr. Katja Renner, Apothekerin


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