Arzneitees & Pflanzensäfte
PTA-Fortbildung

Pflanzenkraft in Tee und Saft

Phytotherapie ist beliebt. Hochwertige pflanzliche Spezialextrakte überzeugen mit evidenzbasierten Studien. Damit können Arzneitees und Pflanzenpresssäfte nicht dienen. Haben sie heute noch eine Bedeutung?

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Pflanzenpresssäfte – Alternative zum Extrakt Frischpflanzensäfte stellen eine ganz besondere Zubereitung unter den Phytopharmaka dar. Ihr Ursprung liegt in der Antike. Schon der Römische Kaiser Augustus (63 v. Chr. bis 14 n. Chr.) soll frischen Löwenzahnsaft zur Behandlung seiner Gallenstauungen getrunken haben. Auch im Mittelalter waren solche Presssäfte gebräuchlich, dann gerieten sie in Vergessenheit.

In den 1920er Jahren griff der Schweizer Apotheker Walther Schoenenberger (1901 bis 1982) anhand mittelalterlicher Kräuterbücher das Thema wieder auf und entwickelte die sogenannte Frischpflanzensafttherapie, bei der in vielen Fällen die ganze Pflanze verarbeitet wird. Er wies nach, dass der Zellsaft der erntefrisch gepressten Pflanzen ein ausgewogenes Verhältnis der natürlichen Inhaltsstoffe enthält und zudem eine höhere Wirkstoffkonzentration an wirksamkeitsbestimmenden Stoffen als die üblichen Pflanzenextrakte oder getrocknete Pflanzenteile.

Auch heute noch werden Heilpflanzensäfte nach seinen Vorgaben hergestellt, inzwischen aber industriell und selbstverständlich nach modernen Qualitätsstandards. Seit den 1960er Jahren werden Frischpflanzensäfte innerhalb der Naturheilverfahren als eigenständige Arzneimittelgruppe aufgeführt. Bekannt sind zum Beispiel Artischocken- oder Kartoffelsaft. Der Geschmack der Säfte ist recht eigenwillig und ursprünglich. Sie müssen aber nicht unverdünnt eingenommen werden, sondern können mit Fruchtsaft oder Tee gemischt werden.

Die meisten Frischpflanzensäfte sollen zwei- bis dreimal täglich etwa zehn- bis fünfzehn Minuten vor einer Mahlzeit eingenommen werden. Empfehlenswert ist eine kurmäßige Einnahme, also über drei bis sechs Wochen, zweimal im Jahr. Einige der im Handel befindlichen Pflanzenpresssäfte besitzen eine Zulassung als Arzneimittel, andere eine Registrierung als traditionelle Arzneimittel.

Letztere erkennt man an der Formulierung „Traditionell angewendet bei …“ auf der Verpackung. Wieder andere sind als Nahrungsergänzungsmittel im Handel. Hier dürfen keine gesundheitsbezogenen Aussagen gemacht werden. Da Frischpflanzensäfte ein erklärungsbedürftges Produkt sind, sind sie in der Apotheke sicherlich am besten aufgehoben.

Es muss schnell gehen Eine Grundvoraussetzung bei der Herstellung eines Frischpflanzensaftes ist eine kurze Zeitspanne zwischen Ernte und Verarbeitung. Dies muss möglichst am selben Tag geschehen, damit das Material bei der Verarbeitung mikrobiologisch nicht beeinträchtigt ist. Daher werden die Pflanzen häufig direkt in der Nähe der Produktionsstätte angebaut oder gesammelt. Die kurzen Wege sind auch aus ökologischer Sicht sinnvoll.

Zudem ist ein kontrollierter ökologischer Anbau üblich, wo immer dies möglich ist. Der eigentliche Produktionsprozess beginnt mit der Reinigung des Materials. Dabei werden Fremdbestandteile und Erde entfernt. Um den Pressvorgang zu erleichtern und die Ausbeute zu erhöhen, wird das gereinigte Material anschließend je nach Pflanze zerkleinert, also gehäckselt, geraspelt oder gemust. Der nächste Arbeitsschritt zielt auf die Inaktivierung von Enzymen, um den enzymatischen Abbau der Inhaltsstoffe zu verhindern. Dazu wird das Material mit Wasserdampf behandelt.

Gleichzeitig werden dadurch Eiweiße denaturiert, wodurch sich das Endprodukt leichter klären lässt. Ist das Material vorbereitet, wird der Saft gewonnen. Dazu kommt das Pflanzenmaterial in eine Presse, wo es in mehreren Lagen Drücken bis 250 bar ausgesetzt wird. Etwa 80 Prozent bezogen auf das Ausgangsmaterial werden dabei als Flüssigkeit abgepresst. Darin sind die meisten wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe enthalten.

Dieser frisch gepresste Saft wird nun zur Klärung zentrifugiert und anschließend mittels Ultrahochkurzzeiterhitzung bei 130 Grad °C sterilisiert. Bei etwa 85 °C wird der Saft abgefüllt und dann in einem Kühltunnel schnell wieder auf Raumtemperatur gebracht, damit thermolabile Inhaltsstoffe möglichst nicht verlorengehen.

Die einzelnen Arbeitsschritte können je nach Pflanze geringfügig variieren. Sie sind wissenschaftlich untersucht und so optimiert, dass der Gehalt an relevanten Inhaltsstoffen stets möglichst hoch ist. Die Pressrückstände sind kompostierbar und können als Biodünger wieder auf die Felder ausgebracht werden.

Auch ohne Konservierungsmittel lange haltbar Ein Merkmal der Frischpflanzensäfte ist, dass keine Konservierungsmittel und auch kein Alkohol zugesetzt werden. Daher ist die Ultrahochkurzzeiterhitzung, auch als Uperisation bezeichnet, ein absolut notwendiger Arbeitsschritt bei der Herstellung. Die kurz einwirkende hohe Hitze tötet Mikroorganismen ab und ermöglicht eine Haltbarkeit von drei bis fünf Jahren im ungeöffneten Zustand. Nur so ist es möglich, dass die Säfte ganzjährig zur Verfügung stehen, denn produziert wird immer nur zur Erntezeit. Nach dem Öffnen sollen die Säfte im Kühlschrank aufbewahrt und innerhalb von zwei bis drei Wochen aufgebraucht werden.

Voll im Trend: Cold Brew

Wer eine zuckerfreie geschmackliche Abwechslung zum Mineralwasser sucht, der trinkt auch im Sommer Tee – dann aber am liebsten kalt: Cold Brew hat im letzten Sommer gesüßte Eistees in die Schranken verwiesen. Anders als Eistee werden sie nicht mit kochendem Wasser aufgebrüht und dann im Kühlschrank runtergekühlt, sondern mit kaltem Wasser übergossen. Das hat den Vorteil, dass sich weniger Bitter- und Gerbstoffe lösen, die einen charakteristisch herben Geschmack haben. Dadurch bestimmen mildere Aromastoffe den Geschmack. Cold-Brew-Tees werden vom Hersteller mit einem Heißdampfverfahren behandelt, um den Keimgehalt zu senken. 

Auf das Zusammenspiel kommt es an Neben den eigentlichen Wirkstoffen einer Heilpflanze enthält ein Frischpflanzensaft sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die für die Wirkung von großer Bedeutung sind. Durch die schonende Herstellung bleiben sämtliche Inhaltstoffe der Frischpflanze weitgehend unverändert und im selben Verhältnis. Die Wirksamkeit ergibt sich laut Schoenenberger nicht nur aus der Summe der einzelnen Komponenten, sondern zusätzlich durch eine gegenseitige positive Beeinflussung.

So enthalten Frischpflanzensäfte beispielsweise Polysaccharide, wie Stärke, Pektine, Cellulose, Beta-Glucan oder Glykoproteine. Vom Beta-Glucan ist bekannt, dass es Gallensäuren binden und so den Cholesterinspiegel senken kann. Andere Polysaccharide sollen entzündungshemmend wirken, vor allem auf sogenannte Silent Inflammations. Darunter versteht man stille Entzündungen, die in der Regel vom Betroffenen gar nicht bemerkt werden. Sie können aber langfristig Schäden an Blutgefäßen und Organen anrichten. Einen besonders hohen Gehalt an Polysacchariden haben zum Beispiel Kartoffel- und Löwenzahnsaft.

Dr. Susanne Poth, Apothekerin/Redaktion
Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion


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