Fiese Stiche
19 Minuten
- 1Mücken & Malaria
- 2Tropen- und Fieberkrankheiten – Teil 1
- 3Tropen- und Fieberkrankheiten – Teil 2
- 4Abwehrstrategien
- 5Nicht nur Mücken
- 6Fortbildung
01. Juli 2021
Malariaprophylaxe Da bislang noch keine Impfung gegen Malaria zur Verfügung steht, ist bei Reisen in Malariagebiete die Vermeidung von Insektenstichen (Expositionsprophylaxe, z. B. Repellents, Moskitonetze, lange Kleidung) essenziell. Zudem sollte über einen bestimmten Zeitraum eine regelmäßige medikamentöse Prophylaxe (Chemoprophylaxe) in Regionen mit hohem Übertragungsrisiko durchgeführt werden. Dafür kommen Mefloquin, Doxycyclin oder die Kombination aus Atovaquon und Proguanil zur Anwendung, wobei es sich bei dem Einsatz von Doxycyclin um einen Off-Label-Use handelt. Die konkrete Empfehlung hinsichtlich der Art der Malariaprophylaxe erfolgt vom Tropen- oder Reisemediziner anhand des genauen Reiseziels, der Reisezeit, der Dauer der Reise und des Reisestils sowie unter Berücksichtigung individueller Gegenanzeigen.
Bei Aufenthalt in Gebieten mit geringem Malariarisiko wird keine Chemoprophylaxe angeraten. Es kann jedoch ein Reservemedikament für eine notfallmäßige Selbstbehandlung (Stand-by-Medikation) verordnet werden. Dieses soll der Reisende im Erkrankungsfall einnehmen, sofern er sich in Regionen aufhält, die mehr als 48 Stunden von einer ärztlichen Versorgung entfernt liegen. Dafür sind Kombinationen aus Atovaquon und Proguanil oder aus Artemether und Lumefantrin gebräuchlich, die drei Tage lang eingenommen werden. Chloroquin, das über Jahrzehnte hinweg die übliche Standardsubstanz zur Vorbeugung und Behandlung einer Malaria war, besitzt heute wegen zahlreicher Resistenzen keinen Stellenwert mehr, selbst nicht bei der Therapie der Malaria tertiana.
Umfassende Informationen mit genauen Dosierschemata zur Durchführung einer Chemoprophylaxe und Stand-by-Therapie sowie speziellen Empfehlungen für besondere Personengruppen (z. B. Schwangere, Kinder, Auslandstätige, Reisende mit Vorerkrankungen) können auf den Internetseiten der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin (DTG) unter www.dtg.org nachgelesen werden. Da eine Malaria trotz Chemoprophylaxe auftreten kann, ist jedes unklare Fieber sowohl während der Reise als auch nach Rückkehr aus dem Endemiegebiet selbst Monate später grundsätzlich malariaverdächtig und sollte dem Arzt vorgestellt werden. Sogar bei einer nicht-fieberhaften Erkrankung ist bei Aufenthalt in einer Malariaregion stets eine Malariainfektion in Erwägung zu ziehen, vor allem bei Kindern, da bei ihnen die Malaria untypisch verlaufen kann.
Dengue-Fieber Das Dengue-Fieber gilt als die medizinisch bedeutendste durch Stechmücken übertragene Virusinfektion. Weltweit werden schätzungsweise circa 400 Millionen Menschen infiziert. Die Virusinfektion tritt in tropischen und subtropischen Klimazonen aller Kontinente auf, vor allem in städtischen Gebieten, wo Wasserbehälter den Mücken als Brutstätten dienen. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Dengue-Fieber weltweit stark verbreitet. In Südeuropa kam es bereits zu autochthonen Infektionen. So wurden im Herbst 2010 in Südfrankreich und Kroatien autochthone Dengue-Fieber-Infektionen identifiziert.
Ebenso traten inzwischen bereits vereinzelt in Madeira oder Spanien lokale Infektionen auf und man geht von einer weiteren Verbreitung der Erkrankung in bisher noch nicht betroffenen Gebieten aus. Auch in Deutschland wurden die übertragenden Stechmücken bereits beobachtet. Gemeldete Fälle (600 bis 800 jährlich) stammen bislang aber nur von Reiserückkehrern, die sich insbesondere in Südostasien, Lateinamerika oder der Karibik aufhielten. Erreger ist einer der vier Serotypen des Denguevirus, einem Flavivirus, das durch infizierte weibliche Stechmücken von Aedes aegypti und Aedes albopictus übertragen wird. Die Mücken sind tagaktiv und stechen vor allem früh morgens oder abends vor Einbruch der Dunkelheit. Infizierte Menschen können bislang uninfizierten Mücken als Reservoir dienen. Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch ist aber nicht möglich. In Südostasien und Afrika können auch Affen Virusträger sein.
Drei Formen Nach einer Inkubationszeit von circa sieben bis zehn Tagen kann sich ein breites Spektrum an Symptomen bemerkbar machen. Allerdings verlaufen die meisten Infektionen asymptomatisch. Das klassische Dengue-Fieber beginnt zunächst mit unspezifischen, grippeähnlichen Symptomen. Schließlich kommt es zu einem plötzlichen Fieberabstieg bis 40 Grad Celsius und starken Kopfschmerzen. Wenig später stellen sich starke Muskel-, Gelenk- und Knochenschmerzen ein, weshalb die Infektion auch das Synonym Knochenbrecher-Fieber („breakbone fever“) trägt. Das Fieber kann in zwei getrennten Wellen auftreten. Die meisten Patienten erholen sich nach wenigen Tagen wieder.
Neben dieser klassischen Form kann sich das Dengue-hämorrhagische-Fieber (DHF) manifestieren. Dieses beginnt auch mit einem akuten Fieberausbruch, dem Symptome einer Thrombozytopenie (zu wenig Thrombozyten), verstärkter Gefäßpermeabilität und Blutungen folgen. Allerdings ist diese komplizierte Verlaufsform eher selten (circa bei einem Prozent der Erkrankten). Als Komplikation kann das Dengue-Schocksyndrom (DSS) mit starkem Blutdruckabfall und Kreislaufversagen mit Schocksymptomatik eintreten, das ohne adäquate Behandlung in 40 bis 50 Prozent der Fälle tödlich verläuft. Bei rechtzeitiger Therapie liegt die Sterberate lediglich bei einem Prozent und darunter.
Kein ASS! Nach Genesung geht man von einer lebenslangen Immunität aus, allerdings nur gegen denselben Serotyp des Virus. Ein Schutz gegen die anderen drei Typen besteht nur für zwei bis drei Monate nach Infektion. Eine spezifische Therapie steht nicht zur Verfügung. Wichtig ist eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung. Zudem werden fiebersenkende Mittel eingesetzt, wobei Acetylsalicylsäure wegen des erhöhten Blutungsrisikos nicht zur Anwendung gelangen darf. Schwere Verläufe gehören in eine stationäre intensivmedizinische Behandlung. Ein Impfstoff steht nur für Bewohner in Dengue- Endemiegebieten zur Verfügung, die sich bereits einmal mit dem Dengue-Virus infiziert haben. Für Dengue-naive Personen ist die Schutzimpfung nicht zugelassen, da sogenannte Impfdurchbrüche möglich sind. Der Impfstoff hat dann keine Wirkung.
Im Zuge der weltweiten Erderwärmung breiten sich immer mehr exotische Insekten in der gemäßigten Klimazone aus.
Gelbfieber Gegen Gelbfieber können sich Reisende hingegen impfen lassen. Für Reisen in bestimmte Länder ist die Impfung sogar Pflicht. Die Gelbfieber-Impfung wird generell allen empfohlen, die in Länder oder Gebiete mit einem Gelbfieberrisiko reisen, selbst wenn die Impfung nicht als Voraussetzung für die Einreise vorgeschrieben ist. Die Impfpflicht besteht für Aufenthalt und Durchreise für die meisten afrikanischen Länder südlich der Sahara sowie die südamerikanischen Länder am Amazonasbecken einschließlich Panama. Das Gelbfiebervirus ist auch ein Arbovirus aus der Familie der Flaviviren. Es ist in einigen Gebieten Afrikas sowie Zentralund Südamerikas endemisch und wird vor allem über die Weibchen von Aedes aegypti übertragen.
Die Stechmücken verbreiten das Virus vom Affen auf den Menschen (Dschungelgelbfieber) und von Mensch zu Mensch (Stadtgelbfieber). Die Mehrzahl der Infizierten bleibt vom Gelbfieber verschont oder zeigt nur eine geringe Symptomatik. Bei den anderen verläuft die Erkrankung in zwei Phasen. Es beginnt mit einem schnellen Fieberanstieg, der mit Kopf-, Muskelschmerzen, Übelkeit und Nasenbluten einhergeht. Die meisten genesen nach drei bis vier Tagen. Bei etwa 15 Prozent der Erkrankten geht das Gelbfieber nach einer kurzfristigen Besserung in die toxische Phase (Hämorrhagisches Gelbfieber) über, das durch Blutungen (Nasenbluten, Bluterbrechen, blutige Durchfälle) und Organbeteiligung gekennzeichnet ist.
Durch Leber- und Nierenversagen enden bis zu 50 Prozent der Fälle tödlich, auch bei intensivmedizinischer Behandlung. Ein Überstehen der Infektion führt zu einer lebenslangen Immunität. Da nur eine rein symptomatische Therapie zur Verfügung steht, kann die Wahrnehmung der Impfung lebensrettend sein. Diese erfolgt nur bei autorisierten Impfärzten, da der Impfstoff sehr empfindlich ist und eine autorisierte Impfbestätigung notwendig ist. Nach einer einmaligen Impfung besteht lebenslanger Impfschutz.
Zika-Infektionen Ebenso wird das Zika-Virus vorwiegend durch die Stiche von Aedes aegypti, aber auch durch andere Arten der Gattung Aedes (z. B. Aedes albopictus) übertragen. Möglich ist aber auch, dass die Infektion durch Bluttransfusionen oder sexuell mit Sperma erfolgt. Zika-Viren gehören wie das Dengue- und Gelbfiebervirus zur Familie der Flaviviren. Sie zirkulieren in den tropischen und tropennahen subtropischen Regionen aller Kontinente. Die Zika-Viren gelten als relativ harmlos, da sie bei circa 80 Prozent der Infizierten keine Symptome auslösen. Bei den anderen zeigen sich milde Verläufe mit Hautauschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Bindehautentzündung und Fieber.
Meist klingen diese Symptome nach spätestens einer Woche von selbst ab. Nur selten treten neurologische Komplikationen wie beispielsweise das Guillain-Barré-Syndrom auf. Gefürchtet sind allerdings Zika-Infektionen während der Schwangerschaft, da diese zu schweren Fehlbildungen beim Fötus führen (z. B. Mikrozephalie). Man geht davon aus, dass eine durchgemachte Infektion eine lebenslange Immunität hinterlässt. Derzeit existieren weder eine kausale Therapie noch ein Impfstoff gegen das Virus.