Die Digitalisierung schreitet voran!
17 Minuten
01. November 2021
Die elektronische Patientenakte Wer in ärztlicher Behandlung ist, generiert bei Ärzten, Physiotherapeuten, Zahnärzten, Apotheken und im Krankenhaus medizinische Daten. Diese liegen bisher verstreut bei den einzelnen Leistungserbringern. Beim Übergang von einem Gesundheitsdienstleister zum anderen, also zum Beispiel, wenn ein Patient von seinem Hausarzt ins Krankenhaus überwiesen wird, kommt es an den Schnittstellen zu Informationsverlusten. Es müssen erneut medizinische Daten erfasst werden, obwohl diese bereits existieren, aber nicht aktuell vorliegen. Also werden Untersuchungen möglicherweise doppelt gemacht oder mühsam Erkrankungen und Medikationsdaten erfragt. Diese können zum einen finanzielle Ressourcen des Gesundheitssystems verschwenden.
Zum anderen zeigen zahlreiche Untersuchungen, dass genau an den Schnittstellen Medikationsfehler passieren, die zur Gefährdung der Arzneimitteltherapiesicherheit führen. Medikamente werden doppelt verordnet, Wechselwirkungen mit Arzneimitteln, die auf dem Medikationsplan nicht gelistet sind, werden nicht beachtet oder bekannte Erkrankungen werden nicht vollständig weiter therapiert. Hier soll die elektronische Patientenakte (ePA) Abhilfe schaffen. Sie ist eine freiwillige Anwendung, die der Patient nutzen kann. Über die ePA sollen medizinische Daten zwischen Patienten und Leistungserbringern (Ärzten und Apothekern) ausgetauscht werden. Der Patient hat bereits heute gesetzlich geregelt Recht auf vollständige unverzügliche Einsichtnahme in seine Unterlagen und kann auch elektronische Abschriften verlangen, sofern nicht erhebliche therapeutische Gründe oder die Rechte Dritter dem entgegenstehen.
Die ePA soll in mehreren Stufen erweitert werden. Zunächst können bereits seit 01.01.2021 medizinische Daten zwischen Patienten und Ärzten ausgetauscht werden, die Daten können an einem sicheren Ort in der TI hinterlegt werden. Im letzten Quartal 2021 soll bereits eine flächendeckende Vernetzung in Praxen, Apotheken und Krankenhäusern den Austausch von Befunden, Arztberichten, Therapiemaßnahmen und Medikationsdaten ermöglichen. In der Stufe 2 der Implementierung ab 01.01.2022 sollen zusätzlich auch das Zahnbonusheft, das Heft für Kinder zur Dokumentation der Vorsorgeuntersuchungen, der Mutterpass für Schwangere, Impfpass und E-Rezepte in der ePA gespeichert werden. Die Stufe 3 ab 01.01.2023 strebt dann an, auch die Daten zur Pflege, elektronische Bescheinigungen über eine Arbeitsunfähigkeit und weitere Anwendungen der Krankenkassen zu integrieren.
Laut einer aktuellen Umfrage von KANTAR zum Tag der Apotheke wissen 95 Prozent der Deutschen nicht, dass das E-Rezept im nächsten Jahr eingeführt wird.
Der elektronische Medikationsplan Seit der gesetzlichen Einführung des bundeseinheitlichen Medikationsplans (BMP) 2016 haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf die Erstellung und Aktualisierung ihres Medikationsplans, wenn sie mehr als drei Medikamente in der Dauermedikation einnehmen. Ein aktueller Medikationsplan ist ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Außerdem dient er dem Patienten als Instrument, seine Medikamente bezüglich Anwendung und Indikation zu verstehen und richtig einzunehmen. Aussteller ist in der Regel der Hausarzt oder ein Arzt, der die medizinische Hauptversorgung des Patienten übernimmt.
Mittlerweile ist der papierbasierte Medikationsplan ein Standard bei Ärzten und Patienten. Wer als PTA oder Apotheker seine Kunden nach dem Medikationsplan fragt, wird erleben, dass die meisten diesen in ihrem Portemonnaie mit sich führen. Ein Nachteil des Papierplans ist, dass Patienten mehrere unterschiedliche Pläne von verschiedenen Ärzten haben, Medikamente auf dem Plan nicht mehr eingenommen werden oder neue hinzugekommen sind, die der Patient in der Selbstmedikation erworben hat. Die Aktualität ist also häufig nicht gewährleistet. Das soll mit dem elektronischen Medikationsplan (e-MP oder E-Medikationsplan) anders werden.
Ärzte, Zahnärzte und Apotheker können den elektronischen Medikationsplan direkt auf der Gesundheitskarte speichern - sofern der Patient dies ausdrücklich wünscht und in die Speicherung einwilligt. Die Daten des elektronischen Medikationsplans umfassen die Patientenstammdaten, wie Name, Adresse und Geburtsdatum, medikationsrelevante Daten wie Allergien und Unverträglichkeiten und die Angaben zur Medikation. Damit sind alle Arzneimittel gemeint, die ein Patient einnimmt, sowie die Informationen zur Anwendung (Dosis, Zeitpunkt, Häufigkeit etc.).
Dies umfasst sowohl die vom Arzt oder Zahnarzt verordneten Medikamente als auch Arzneimittel, die rezeptfrei in der Apotheke erworben wurden, also die Selbstmedikation. Zusätzlich sind Arzneimittel aufgeführt, die aktuell nicht mehr angewendet werden, die jedoch für die Überprüfung der Sicherheit der Arzneimitteltherapie durch den Arzt, Apotheker oder Zahnarzt relevant sein können. Es gibt laut Gematik einige Unterschiede zwischen BMP und e-MP:
- Der BMP dient der Information des Patienten, der E-Medikationsplan stellt Leistungserbringern Daten bereit und unterstützt die elektronische Verarbeitung und Nutzung der Daten im Sinne der Arzneimitteltherapiesicherheit.
- Der BMP wird auf Papier ausgedruckt. Der E-Medikationsplan wird auf der Gesundheitskarte gespeichert.
- Im BMP sind nur die aktuell eingenommenen Medikamente aufgeführt, während der E-Medikationsplan auch historisierte Angaben zu Medikamenten enthalten kann.
Die Gematik stellt den pharmazeutischen Mitarbeitern einen Leitfaden zur praktischen Anwendung des elektronischen Medikationsplans zur Verfügung. Hier wird Schritt für Schritt erklärt, wie die Anwendung des elektronischen Medikationsplans genutzt werden kann, wie der Kunde darauf angesprochen werden soll und wie die Erstanlage funktioniert. Der E-Medikationsplan ist eine grundsätzlich freiwillige Anwendung, die der Patient nutzen kann, unabhängig davon, ob er vom Arzt einen bundeseinheitlichen Medikationsplan erhalten hat oder nicht.
Entscheidet er sich dafür, ist aus Datenschutzgründen sowohl die vorherige Aufklärung des Versicherten als auch dessen ausdrückliche Einwilligung für die Verarbeitung der persönlichen medizinischen Daten erforderlich. Der Kunde kann jederzeit seine Einwilligung zur Nutzung der Daten widerrufen. Der Leitfaden empfiehlt, den Kunden aufzufordern, bei Ärzten, Zahnärzten oder im Krankenhaus auf den auf der Gesundheitskarte gespeicherten E-Medikationsplan hinzuweisen, sodass dieser auch bei Bedarf angepasst und aktualisiert werden kann.