Der Bauernhof-Effekt in einer Lutschtablette
12 Minuten
01. April 2021
Lernziele
Lernen Sie in dieser Fortbildung
+ was bei Allergien im Körper vorgeht,
+ was häufige Auslöser von Allergien sind,
+ worum es sich beim sogenannten Bauernhof-Effekt handelt,
+ warum Stallstaub und Rohmilch vor Allergien schützen können,
+ wie ein spezielles Molkenprotein in das allergische Geschehen eingreifen und die Beschwerden beruhigen kann und
+ wie eine Lutschtablette den Bauernhof-Effekt zu Ihren Kunden nach Hause bringt.
Zu Zeiten unserer Großeltern noch eher selten, sind Allergien inzwischen zu Volkskrankheiten geworden.1 So leidet heute etwa jeder vierte Bundesbürger, also beachtliche 25 Prozent der Bevölkerung, unter einer oder sogar mehreren allergischen Erkrankungen, wie beispielsweise Heuschnupfen.1 Und ungefähr die Hälfte der deutschen Bevölkerung weist eine sogenannte Sensibilisierung auf. Das heißt, es liegen bereits bestimmte Antikörper vor, die zu einer allergischen Erkrankung führen können, doch es zeigen sich (noch) keine Allergiesymptome.2
Wenn sich das Immunsystem irrt Der Begriff Allergie stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt so viel wie „andersartige Reaktion“.3 Damit ist das Wesen einer allergischen Erkrankung bereits passend ausgedrückt. Denn normalerweise kann das Immunsystem zwischen harmlosen und schädlichen Stoffen unterscheiden. Bei Allergikern ist diese Fähigkeit jedoch außer Kontrolle geraten. Ihr Immunsystem irrt sich und stuft auch eigentlich harmlose Substanzen aus der Umwelt, die keinen Krankheitswert haben, als gefährlich ein. Diese sogenannten Allergene (meist Eiweißbestandteile) bekämpft es dann mit unangemessenen Reaktionen. Oftmals auf das Heftigste, wie viele Allergiepatienten aus leidvoller Erfahrung wissen.1
Was bei Allergien geschieht Schon eigenartig, dass das Immunsystem so danebenliegen kann – allerdings erklärbar. Damit eine Allergie ausgelöst wird, muss der Kontakt mit dem Allergen, der allergieauslösenden Substanz, mehrfach erfolgen. Der erste Kontakt verläuft fast immer unbemerkt und ohne das Auftreten von Symptomen. Das Immunsystem wird dadurch jedoch für das jeweilige Allergen sensibilisiert: Es wird gewissermaßen hellhörig und aktiviert sicherheitshalber schon einmal seine Abwehrtruppen durch Bildung bestimmter Antikörper.
Beim erneuten Kontakt mit dem Allergen bindet dieses an die vorhandenen Antiköper, was dann unter anderem zur Freisetzung des körpereigenen Entzündungsbotenstoffs Histamin führt. Dies kann schließlich eine allergische Reaktion auslösen, die je nach betroffenem Organ unterschiedlich ausfällt. Der Zeitraum zwischen der Sensibilisierung für ein Allergen und dem Auftreten der ersten Symptome ist dabei äußert variabel. Er kann von wenigen Tagen bis hin zu mehreren Jahren reichen.1
Meist IgE-vermittelt
Beim größten Teil der Allergien handelt es sich um sogenannte Immunglobulin E (IgE)-vermittelte Allergien, auch Typ-I-Allergien oder Soforttyp-Allergien genannt. Dabei bildet das Immunsystem IgE-Antikörper gegen das Allergen. Diese IgE-Antikörper veranlassen bei einem erneuten Kontakt mit dem Allergen, mitunter schon nach wenigen Sekunden, die Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen, insbesondere von Histamin. Histamin löst dann allergische Entzündungen an den entsprechenden Organen aus z.B. laufende oder verstopfe Nase, tränende Augen, Juckreiz in Nase und Rachen, Niesreiz etc.1,3
Pollen, Tierhaare, Hausstaubmilben – die häufigsten Inhalationsallergene
Allergene, die über die Umgebungsluft herangetragen werden, bezeichnet man als Inhalationsallergene. Wohl am bekanntesten ist der Blütenstaub, also die Pollen von Bäumen, Gräsern, Kräutern und anderen Pflanzen. Pollen sind die Träger des männlichen Erbgutes von Samenpflanzen, die in verschiedenen Größen und Formen während der Blütezeit in die Luft gelangen. Je trockener, windiger und heißer es ist, desto höher ist die Pollenbelastung in der Luft. Insofern sind für Pollenallergiker fast ausschließlich die kleinen und leichten Pollen, bzw. deren allergen wirkende Eiweißbestandteile die durch den Wind verbreitet werden, problematisch. Die Beschwerden beim eigentlich irreführend genannten Heuschnupfen treten saisonal (während der Pollenflugzeit) auf. Typisch Symptome sind: Kratzen im Hals, Kribbeln und Juckreiz in Nase und Rachen, tränende Augen und Niesreiz bis hin zu regelrechten Niesanfällen. Zudem läuft die Nase permanent, die gereizte Nasenschleimhaut schwillt an und verstopft die Nase.
Auch Tiere mit Fell oder Federn können Allergien auslösen. Bei den verantwortlichen Allergenen handelt es sich um die eiweißhaltigen Bestandteile in Hautschuppen, Haaren, Federn, Speichel, Kot und Urin der Tiere. Insofern ist die Bezeichnung Tierhaarallergie nicht ganz zutreffend. Besonders häufig sind Allergien gegenüber Katzen. Doch auch Hunde, Meerschweinchen, Pferde und Vögel können zu den allergischen Beschwerden führen.
Die Hausstauballergie wird vor allem durch den Kot von Hausstaub- und Vorratsmilben ausgelöst. Die mikroskopisch kleinen Spinnentiere ernähren sich von Hautschuppen und anderen organischen Bestandteilen im Staub. Da sie es gerne warm und feucht haben, machen sie es sich vor allem in Bettzeug, Teppichen, Polstermöbeln und Gardinen gemütlich. Die typischen Symptome bei dieser Allergie können prinzipiell ganzjährig auftreten. Ihre Intensität ist jedoch in der Heizperiode im Winter meist erhöht, weil die allergieauslösenden Kotbestandteile durch die warme Heizungsluft aufgewirbelt werden.4
Weitere häufige Allergien
+ Nahrungsmittel-Allergie
Hierbei lösen bestimmte Nahrungsmittel bzw. harmlose Eiweiße in Nahrungsmitteln wie Nüsse, Obst, Gemüse, Sojaprodukte, Milchprodukte, Hühnereier, Fisch oder Meeresfrüchte die allergische Reaktion aus.
+ Kontakt-Allergie
Wie der Name schon sagt: Bei Kontakt mit Kosmetika, Schmuck oder Kleidung bilden sich rote Stellen auf der Haut; oft auch Bläschen, die jucken und nässen. Das häufigste Kontaktallergen ist Nickel, das beispielsweise in Modeschmuck vorkommt.
+ Arzneimittel-Allergie
Einige Menschen reagieren auf arzneiliche Wirkstoffe wie beispielsweise Penicillin (ein Antibiotikum) allergisch.
+ Kreuzallergien
Wenn Pollenallergiker einige Nahrungsmittel nicht mehr oder zeitweise nicht gut vertragen, kann eine Kreuzallergie dahinterstecken. Dabei reagiert der Allergie-Patient auf Proteine in bestimmten Lebensmitteln mit allergischen Symptomen, weil diese Proteine seinem Hauptallergen, also zum Beispiel Birkenpollen, Kräuterpollen, Gräserpollen oder Milbenallergenen strukturell sehr ähnlich sind. Häufig kommt es zu Kreuzreaktionen mit rohem Kern- und Steinobst bei Allergikern, die auf die typischen Frühblüher Birke, Erle oder Hasel reagieren.