Das Gehirn und seine Transmitter
17 Minuten
- 1Anatomie des Gehirns
- 2Acetylcholin
- 3Adrenalin & Noradrenalin
- 4Serotonin
- 5Dopamin
- 6Histamin
- 7Cortisol
- 8Fortbildung
01. Oktober 2023
Adrenalin und Noradrenalin – Steuerung des Sympathikus
Die entscheidenden Botenstoffe des sympathischen Nervensystems sind Adrenalin und Noradrenalin, die aus der Vorstufe Dopamin gebildet werden. Adrenalin und Noradrenalin unterscheiden sich chemisch nur in einer Methylgruppe.
Noradrenalin ist vorrangig ein Neurotransmitter, der im Gehirn für die Steuerung von Konzentration, Aufmerksamkeit und den Schlaf verantwortlich ist. Adrenalin ist ein Hormon, das über die Blutbahn an den Organen wirkt.
Mehr über Adrenalin, Noradrenalin und die Vorstufe Dopamin erklärt dieses Video:
Der Sympathikus ist als Gegenspieler des Parasympathikus für Aktionen des Körpers unter Stress und Leistung verantwortlich. Aus dem Hirnstamm ziehen verschiedene sympathische Nervenfasern zu den sympathischen Ganglien und zum Nebennierenmark. In den Ganglien wird der Nervenimpuls zunächst über Acetylcholin auf das postganglionäre Neuron umgeschaltet. Der elektrische Impuls führt an den sympathischen Nervenendigungen zur Freisetzung von Noradrenalin in den synaptischen Spalt.
In Schock- oder Notfallsituationen, zum Beispiel bei einem Unfall, wird (ebenfalls vermittelt durch Acetylcholin) überwiegend Adrenalin und in geringen Konzentrationen Noradrenalin aus dem Nebennierenmark in die Blutbahn freigesetzt, um dann an den Zielorganen, wie dem Herzen oder der Lunge zu wirken.
Auch hier gilt das Prinzip, dass der größte Teil der nicht mehr benötigen Transmitter über den Noradrenalin-Rücktransporter zurück in die Zelle aufgenommen wird. Dies ist wichtig, um zum einen die Wirkung schnell zu beenden, zum anderen wird eine zu starke Entleerung der Speichervesikel vermieden, denn der Körper muss jederzeit die wichtigen Funktionen unter Schockzustand wieder ausführen können.
Etwa 20 Prozent des Botenstoffs werden durch abbauende Enzyme, die Monoaminooxidase (MAO) und die Catechol-O-Methyltransferase außerhalb der Neurone inaktiviert. Zielstrukturen für Noradrenalin und Adrenalin sind die Adrenorezeptoren (alpha- und beta-Rezeptoren) mit den Subtypen alpha-1, alpha-2 und beta-1-3. Sie sind sogenannte G-Protein-gekoppelte Rezeptoren. Die Bindung von Noradrenalin setzt eine Signalkaskade in Gang.
An den Zellen des Herzens werden besonders beta-1-, an den Herzkranzgefäßen auch beta-2- und alpha-1-Rezeptoren exprimiert. Die Aktivierung des Sympathikus bewirkt am Herzen über die Ausschüttung von Noradrenalin oder Adrenalin eine Steigerung der Herzfrequenz, Erhöhung der Kontraktilität der Herzmuskelzellen, Erhöhung des Blutdrucks und sie steigert die Überleitungsgeschwindigkeit am AV-Knoten.
Im Bronchialgewebe befinden sich insbesondere beta-2-Rezeptoren, die unter Aktivierung eine Erschlaffung der glatten Bronchialmuskulatur auslösen. So wird die Atmung erleichert. Im Magen-Darm-Trakt werden Verdauungsprozesse gedrosselt, im Stoffwechsel der Leber werden die Glykogenolyse und Gluconeogenese angekurbelt.
Zusammengefasst werden über Noradrenalin und Adrenalin alle Körperfunktionen angeregt, die für Aktivitätsreaktionen des Menschen unter Stress und ursprünglich beim Steinzeitmenschen in Fluchtsituationen nötig sind. Dazu braucht der Mensch Aufmerksamkeit, Energie und volle Leistung der Organe – allerdings meistens nur für kurze Zeit.
Besteht eine Störung im Noradrenalin-Stoffwechsel, kann sich ein Mangel in Form von Konzentrationsstörungen und einem Motivationsdefizit äußern. Betroffene zeigen depressive Symptome und sind antriebslos. Ständiger Stress hingegen führt zu erhöhten Noradrenalinspiegeln. Mit der Zeit kann der Körper die Noradrenalin-Ausschüttung nicht mehr aufrechterhalten und die Menschen reagieren mit Erschöpfung oder Burnout. Eine weitere Ursache ist ein seltener Tumor des Nebennierenmarks – ein Phäochromozytom, bei dem es zu unkontrollierter Freisetzung von Catecholaminen kommt. Die Behandlung beruht auf der operativen Entfernung des Tumors.
Wirksam am Sympathikus
Intensivmediziner verwenden in Notfallsituationen Noradrenalin i.v., zum Beispiel bei extremen Kreislaufentgleisungen, um den Blutdruck zu erhöhen und den Kreislauf zu stabilisieren.
Die adrenergen Effekte von Sympathomimetika werden therapeutisch in vielen Bereichen genutzt. Sympathomimetika imitieren die Wirkung von Noradrenalin an den alpha- oder beta-Rezeptoren. Sympatholytika hingegen hemmen adrenerge Rezeptoren. Dabei gibt es Substanzen, die sehr spezifisch nur an einem Rezeptor-Subtypen angreifen oder weniger spezifisch wirken.
Zu den Sympathomimetika zählen die natürlichen Stoffe Noradrenalin und Adrenalin, aber auch alpha-1- und alpha-2-Agonisten wie Xylometazolin und Oxymetazolin, die bei Rhinitis zur Abschwellung zum Einsatz kommen. Beta-2-Sympathomimetika, zum Beispiel Salbutamol, Salmeterol oder Formoterol werden inhalativ zur Therapie von Asthma bronchiale und COPD verordnet. Sie unterscheiden sich in ihrer Affinität an den Rezeptoren und so hat zum Beispiel Salbutamol nur eine Wirkdauer von etwa vier Stunden, Formoterol aber von etwa zwölf Stunden.
Suchtstoffe wie Cocain und die Amphetamine zählen zu den indirekten Sympathomimetika. Konsumenten schätzen deren aktivierende Wirkung und missbrauchen sie zur Leistungssteigerung, Unterdrückung des Schlafs und kurzfristigen Verbesserung der Konzentration.
In der Behandlung des Koronarsyndroms und der Herzinsuffizienz sind Betablocker wichtige Arzneistoffe. Sie senken die Herzfrequenz, den Puls und den Blutdruck. Bevorzugt sollten kardioselektive Betablocker verwendet werden, insbesondere bei Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen. Unspezifische Betablocker wie Propranolol wirken sowohl an Beta-Rezeptoren am Herzen wie auch an Beta-Rezeptoren im Bronchialgewebe und können dort bei Asthmatikern zu akuter Luftnot führen.
Alpha-Blocker werden als Reserve zur Blutdrucksenkung verwendet, finden aber besonders ihren Einsatz bei Blasenentleerungsstörungen im Rahmen eines benignen Prostatasyndroms, ein Beispiel ist das Urologikum Tamsulosin.