Depressionen und Angststörungen
PTA-Fortbildung

Ängste und Depressionen verstehen und behandeln

Trauer und Angst sind zwar zwei unterschiedliche Emotionen. Depressionen und Angststörungen treten aber häufig gemeinsam auf oder es entwickelt sich die eine psychische Erkrankung aus der anderen. Welche Berührungspunkte haben Sie in der Apotheke?

21 Minuten

Freudlos, niedergeschlagen, antriebslos – so beschreiben viele Depressive ihren Gemütszustand. Bei Angst oder einer Panikattacke sind Herzrasen, Zittern und Schweißausbrüche typische Anzeichen.

Auch wenn die Gefühle und Reaktionen des Körpers andere sind, kommen sowohl in der Pharmakotherapie als auch Psychotherapie teils die gleichen Substanzen und Verfahren zum Einsatz.

Doch schauen wir uns beide psychiatrischen Erkrankungen und ihre Behandlungsoptionen im Folgenden genauer an, zunächst einmal die Depression.

Lernziele

Lernen Sie in dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung unter anderem

+ die Symptome einer unipolaren Depression sowie der verschiedenen Formen von Angststörungen kennen,
+ etwas über die Ursachen beider psychischer Erkrankungen,
+ welche Botenstoffe eine Rolle spielen,
+ welche Hinweise auf diese psychischen Erkrankungen deuten können,
+ was die Leitlinien empfehlen und
+ welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen.

Symptome einer Depression

Bedrückt und lustlos ist jeder mal. Doch eine Depression ist kein vorübergehendes Stimmungstief. Wer in eine Depression fällt, kann keine Freude mehr empfinden, das Leben erscheint sinnlos und als eine schwere Last. Traurige Gefühle und negative Gedanken bestimmen das ganze Leben eines Depressiven. Er ist so antriebslos, dass es ihm schwerfällt, selbst einfachste Alltagsaktivitäten zu bewältigen, geschweige denn seiner Arbeit nachzugehen. Und auch an Dingen, die ihm normalerweise Spaß machen oder die ihm wichtig waren, wie Freunde treffen oder Hobbys ausüben, verliert ein Depressiver sein Interesse. 

Volkskrankheit Depression

In Deutschland tritt bei etwa jedem achten Erwachsenen im Laufe des Lebens eine depressive Episode auf. Bundesweit leiden derzeit rund sechs Millionen Menschen an einer Depression. Damit ist die Depression nach den Angststörungen das bei uns am häufigsten vorkommende psychische Krankheitsbild. Frauen sind ungefähr doppelt so häufig betroffen wie Männer, ältere Menschen öfter als junge. Auch wenn Depressionen in jedem Lebensalter auftreten können, erkranken mehr als die Hälfte aller depressiven Patienten vor dem 32. Lebensjahr.

Alles erschreckende Zahlen, zumal die Diagnose Depression längst nicht bei allen Betroffenen eindeutig festgestellt wurde und somit nicht alle adäquat behandelt werden. Man geht von einer hohen Dunkelziffer aus, da die Angst vor Stigmatisierung oder vor den Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie viele vor dem Gang zum Arzt zurückschrecken lässt. Wichtig ist es aber, eine depressive Episode rasch zu erkennen. In den meisten Fällen ist sie dann gut behandelbar. Zudem lässt sich mit einer frühzeitig eingeleiteten Therapie einer Chronifizierung entgegenwirken. 

Episodischer Krankheitsverlauf

Bei einer Depression ist die schwermütige Gemütslage – im Gegensatz zu einem Stimmungstief – keine kurzfristige Angelegenheit, sondern dauert länger an. Unbehandelt besteht sie meist etwa sechs bis acht Monate. Mit einer adäquaten Therapie lässt sie sich auf zwei bis vier Monate reduzieren. Zudem wird die Symptomatik gelindert. 

Bei vielen bleibt es nicht bei einer depressiven Episode, sondern sie erleben die krankhafte Schwermut in unregelmäßigen Abständen erneut. Man spricht dann von einer rezidivierenden Depression. Zwischen den depressiven Phasen liegen beschwerdefreie Intervalle, die unter Umständen mehrere Jahre anhalten können. Es sind aber auch gehäuft mehrere depressive Abschnitte innerhalb eines kurzen Zeitraums möglich. 

Hält eine depressive Episode länger als zwei Jahre an, liegt eine Chronifizierung vor, die als chronische oder persistierende Depression bezeichnet wird. Etwa 10 bis 15 Prozent sind davon betroffen. 

In der beschwerdefreien Zeit kann die psychische Gesundheit des Betroffenen komplett wiederhergestellt (vollständige Remission) oder eine unvollständige Genesung (partielle Remission) erfolgt sein. Bei der partiellen Remission geht es dem Betroffenen zwar wieder besser als während der depressiven Episode, aber nicht ganz so gut wie zuvor. Eine gewisse Symptomatik (Residualsymptomatik) bleibt bestehen, die wiederum das Risiko für eine erneute depressive Phase erhöht. Zudem steigt mit jeder neuen depressiven Phase die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls an.

Unipolar, bipolar, Dysthymie

Fachleute sprechen auch von einer unipolaren Depression, wenn einer oder mehreren depressiven Phasen immer beschwerdefreie Intervalle folgen. Damit grenzen sie diese Form der Depression von einer bipolaren affektiven Störung ab, bei der einzelne depressive Episoden mit manischen Gefühlszuständen abwechseln (manisch-depressive Erkrankung). Während einer manischen Phase ist die Stimmung der betreffoffenen Person übermäßig stark gehoben. Zudem ist sie oft durch

  • starken Tatendrang,
  • Ruhelosigkeit,
  • übersteigertes Selbstwertgefühl,
  • fehlendes Schlafbedürfnis und
  • eine unvernünftige Risikobereitschaft gekennzeichnet.

Weiteres Charakteristikum ist, dass manische Phasen schnell, quasi über Nacht, wieder in depressive Phasen übergehen können. Bei der Dysthymie sind die depressiven Symptome schwächer ausgeprägt (subsyndromale depressive Symptomatik), bleiben dafür aber mindestens zwei Jahre bestehen. Dieser Gemütszustand ist auch als langanhaltende depressive Verstimmung bekannt. Entwickelt sich daraus eine zusätzliche depressive Episode, liegt definitionsgemäß eine doppelte Depression vor.

Ein Burn-out ist keine Depression

Von der Depression ist das Burn-out-Syndrom zu unterscheiden. Während bei der Depression die Traurigkeit im Vordergrund steht, ist das Burn-out-Syndrom durch Erschöpfung, Unzufriedenheit und Gleichgültigkeit gekennzeichnet. Man spricht auch vom Ausgebranntsein sowie einem Zustand der totalen oder krankhaften Erschöpfung. Auch wenn das Burn-out-Syndrom viele Facetten hat, ist es primär als ein reversibles Phänomen zu sehen. In Ruhezeiten und im Urlaub kann es zu einer Besserung kommen. Im Gegensatz zu einer Depression zählt das Burn-out nicht zu den psychischen Erkrankungen, es kann aber in eine Depression münden.

Sonderformen der Depression

Bei der Saisonal abhängige Depression (SAD) handelt es sich um Stimmungsschwankungen, die in Abhängigkeit mit den Jahreszeiten auftreten. Am häufigsten wird die Depression beobachtet, die mit Winteranbruch beginnt und mit dem Ende der dunklen Jahreszeit aufhört. Sie ist auch unter dem Begriff „Winterdepression“ bekannt. Als Auslöser wird das mangelnde Tageslicht angenommen. Betroffene fühlen sich im Allgemeinen energielos, schlafen viel, haben Heißhunger auf Kohlenhydrate mit verbundener Gewichtszunahme. Die Winterdepression kommt häufiger in Ländern mit kürzeren Tagen und längerer Dunkelheit vor, wie in den kalten Klimazonen auf der nördlichen Halbkugel.

In den ersten Tagen nach der Geburt erleben viele Frauen den sogenannten “Babyblues”, ein emotionales Stimmungstief, das durch die hormonellen Umstellungen hervorgerufen wird. Halten die Stimmungsschwankungen länger an, kann sich aus dem „Babyblues“ eine Postnatale Depression entwickeln, die auch Wochenbettdepression genannt wird. Betroffene Mütter können sich so schlecht fühlen, dass es ihnen schwerfällt, sich um ihr Kind zu kümmern.

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