Finale
WER STECKT EIGENTLICH HINTER …
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Berlin, Februar 1993: Es ist kalt in der Stadt. Sabine Werth und die anderen Mitglieder der Initiativgruppe Berliner Frauen entschließen sich, obdachlosen Menschen zu helfen. Als „Berliner Tafel“ unterstützen sie fortan Bedürftige einer Notunterkunft und bringen ihnen zweimal pro Woche sechzig warme Mahlzeiten aus den Küchen verschiedener Hotels und Restaurants. Diese Hilfsaktion ist eigentlich nur für einen Winter geplant, doch viele soziale Einrichtungen bitten um weitere Unterstützung.
Sabine Werth ist Sozialarbeiterin; sie überlegt nicht lange und sagt zu, denn Lebensmittel gibt es im Überfluss und Armut auch. Und gerade weil es so viele bedürftige Menschen in der Stadt gibt, entscheidet sich Sabine Werth von Anfang an gegen eine staatliche Unterstützung. Die Etats anderer Hilfsprojekte sollen nicht beschnitten werden und die Berliner Tafel e.V. bleibt unabhängig. Die Vereinsarbeit finanziert sich ausschließlich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.
In der ganzen Stadt sammelt die Berliner Tafel nun die Lebensmittel ein, die noch völlig in Ordnung sind, aber von den Supermärkten nicht mehr verkauft werden: Äpfel mit kleinen Druckstellen, krumme Gurken, Backwaren und Joghurts am Mindesthaltbarkeitsdatum. Diese Idee entwickelt eine Dynamik, mit der niemand gerechnet hat. Bereits im ersten Jahr gründen sich weitere Tafeln im Bundesgebiet. Viele Menschen kommen aus dem In- und Ausland zur Berliner Tafel und suchen nach Impulsen für ähnliche Projekte in ihrer Heimat. Mittlerweile unterstützt die Berliner Tafel rund 125 000 bedürftige Menschen im Monat mit Lebensmitteln.
75 000 Menschen erreicht der Verein über die Belieferung sozialer Einrichtungen wie Obdachlosenunterkünfte, Drogennotdienste, Kinder- und Jugendeinrichtungen; etwa 50 000 weitere Menschen kommen jeden Monat in die 45 Ausgabestellen von LAIB und SEELE und erhalten dort Lebensmittel für zuhause. LAIB und SEELE ist eine Aktion der Berliner Tafel, der Kirchen und des rbb. Die Corona-Situation in 2020 hat auch die Berliner Tafel vor große Herausforderungen gestellt. Der Verein musste innerhalb kürzester Zeit eine zweite Halle auf dem Berliner Großmarkt in Betrieb nehmen, um coronagerecht weiterarbeiten zu können.
Und weil im Frühjahr nahezu alle Ausgabestellen vorübergehend schließen mussten, hat sich der Verein für eine Belieferung der bedürftigen Menschen mit Lebensmitteln an der Wohnungstür entschieden. Insgesamt wurden weit mehr als 150 000 Tüten gepackt. Die sozialen Einrichtungen werden unverändert beliefert. Allerdings packt der Verein für Obdachlose zusätzliche Tüten, die coronagerecht ausgegeben werden können. Auch wenn sie befürchtet, dass die Zahl armer Menschen steigen wird, bleibt Sabine Werth optimistisch: „Wir haben immer gesagt, dass wir an der Seite der Bedürftigen stehen und dabei bleibt es.“
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2021 auf Seite 154.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.berliner-tafel.de