Venengesundheit
WENN DIE KLAPPEN NICHT MEHR SCHLIESSEN
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Wer viel steht, kennt schwere Beine am Abend. Sie dann hochzulegen, schafft Erleichterung. Für die Venen bedeutet ständiges Stehen oder Sitzen Schwerstarbeit. In unserer bewegungsarmen Gesellschaft nimmt deshalb die Zahl derer, die unter Venenschwäche leiden, mehr und mehr zu. Mit etwa 13 Millionen Betroffenen zählen die chronischen Venenerkrankungen zu den Volkskrankheiten in Deutschland. Jede dritte Frau und jeder fünfte Mann zwischen 18 und 79 Jahren leidet an sichtbaren Krampfadern. Bei 0,1 Prozent der deutschen Bevölkerung liegt ein Unterschenkelgeschwür vor.
Schleichender Verlauf Eine Veneninsuffizienz äußert sich als Funktionsstörung im Venensystem der Beine. Sie entwickelt sich allmählich und kündigt sich zunächst sehr harmlos an. Die Beine schwellen nach langem Stehen leicht an, kleine Venen treten aus der Haut hervor, sogenannte Besenreiser bilden sich. Diese ersten Symptome sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden, denn die chronische Veneninsuffizienz begünstigt Thrombosen und Lungenembolien. Wird therapeutisch nicht gegengesteuert, kommt es zu einem krankheitsbedingten Bindegewebsumbau, der nicht selten in einem Ulcus cruris venosum, dem so genannten „offenen Bein“ endet.
Physiologisch ausgeklügelt Arterielle und venöse Gefäße sorgen für die Versorgung der Organe mit Nährstoffen und Sauerstoff. Dabei umfasst das venöse System alle Blutgefäße im menschlichen Körper, die das sauerstoffarme, verbrauchte Blut zur rechten Herzkammer zurücktransportieren, das sind pro Tag immerhin 7000 Liter Blut. Bis zu 85 Prozent des gesamten Blutes befindet sich in den Venen. Neben der Funktion der „Entsorgung“ verbrauchten Blutes ist das venöse System auch an der Wärmeregulation beteiligt. Das venöse System wird in ein oberflächliches (epifasziales) und tiefes Venensystem unterschieden.
Die Venen des oberflächlichen Teils befinden sich netzartig direkt unter der Haut und werden nach unten durch eine Muskelschicht abgegrenzt. Der Übergang vom oberflächlichen hin in das tiefe Venensystem erfolgt durch das perforierende venöse System. Ähnlich wie ein großer Fluss, in dem sich kleine Rinnsale und Bäche vereinigen, kann das Venensystem erklärt werden. Zunächst gelangt das sauerstoffarme Blut über Kapillaren aus der Peripherie in die Venolen – kleinen Venen. Diese vereinigen sich zu größeren oberflächlichen Venen, die außerhalb der Muskulatur liegen und münden schließlich in die zwei großen Stammvenen, die Vena saphena magna (große Rosenader) und die Vena saphena parva (kleine Rosenader). Von hier aus gelangt das Blut zurück zum Herzen und wird dort wieder mit Sauerstoff angereichert, bevor es erneut zurück über das arterielle System zu den Geweben und Organen fließt.
TYPISCHE SYMPTOME EINER VENENSCHWÄCHE
+ Beinschwellung (Ödembildung)
+ Hautjucken, Hautspannung
+ Beinschmerzen
+ Wadenkrämpfe
+ Missempfindungen, Kribbeln
+ Besenreiser
Die Beschwerden sind in der Regel abends schlimmer und bessern sich durch Hochlagern und Liegen.
Gegen die Schwerkraft Dieses fein abgestimmte System stammt ursprünglich noch aus der Zeit, als der Mensch sich nicht wie heute in aufrechter Haltung vorwärts bewegte, wenig saß und sich sehr viel bewegte. Die Meisterleistung der Venen ist heute, das Blut gegen die Schwerkraft aus den Beinen immer wieder hoch bis zum Herzen zu pumpen. Um das zu schaffen, sind die Venen mit Venenklappen – vergleichbar mit Rückschlagventilen – ausgestattet. Sie verhindern den Rückfluss des bereits nach oben transportierten Blutes. Sie öffnen sich, wenn ein bestimmter Druck von unten erreicht wird, bei Druck von oben schließen sie sich sofort.
Jedes Bein hat zwischen acht und achtzehn Venenklappen, die dafür sorgen, dass der Blutstrom eine „Einbahnstraße“ zum Herzen ist. Gibt es Defekte und Funktionsstörungen im Bereich einer Venenklappe, staut sich das Blut in den vorgelagerten Gefäßabschnitten. Diese Stauungen üben auf Dauer einen vermehrten Druck auf die Gefäßwände aus, die Venen weiten sich. Zunächst werden sie an der Hautoberfläche sichtbar, wenn sie bläulich geschlängelt hervortreten – als Besenreiser oder umgangssprachlich Krampfader. Je weniger funktionierende Klappen, desto höher ist das Risiko für die Entstehung einer Veneninsuffizienz.
Neben den Klappen ist noch ein weiterer Faktor für die Funktion des Venensystems wichtig, nämlich die Wadenmuskelpumpe, die der Antrieb für den Bluttransport aus den Beinen heraus ist. Wird die Wadenmuskulatur, in die die tiefen Beinvenen eingebettet sind, kontrahiert, wird das Blut zurück in Richtung Herz gepumpt. In der Entspannungsphase des Muskels lässt der Druck auf die tiefen Venen nach und es entsteht ein Sog, der Blut aus den oberflächlichen Venen in die Tiefe saugt.
Damit dieser Mechanismus reibungslos abläuft, ist Gehen und Laufen so wichtig. Das Tragen von High Heels ist kontraproduktiv. Dabei wird die Unterschenkelmuskulatur extrem verkürzt und die Pumpe praktisch stillgelegt. Zur Prophylaxe von Venenerkrankungen sollte deshalb auch auf das richtige, nämlich flache Schuhwerk geachtet werden.
Aufbau der Venen Venen bestehen aus mehreren Schichten: der Tunica intima im Inneren, der Tunica media als mittlere Schicht, bestehend aus glatten Muskelzellen, und der äußeren Tunica adventitia. Im Gegensatz zu den großen Venen besitzen die kleinen Venolen keine vollständig ausgebildete glatte Muskulatur. Sie ähneln eher den Kapillaren, aus denen sie entspringen und sind sehr durchlässig. Im Normalfall schütten Endothelzellen in der Venolenwand Stoffe wie Prostacyclin aus, die antientzündlich wirken und das Blut flüssig halten. Da diese Stoffe nur eine kurze Reichweite haben, gelangen sie nicht an alle Zellen im Gefäßinnern.
Aus diesem Grund ist ein kontinuierlicher Blutstrom zur Durchmischung innerhalb des Gefäßes so wichtig. Kommt es durch Stauungen zu Mikroentzündungsprozessen, lösen Entzündungsmediatoren Zellkontakte in der Gefäßwand und hinterlassen Lücken, durch die Wasser, Plasmaproteine und Leukozyten in das umliegende Gewebe austreten. Ödeme sind die Folge. Die ausgetretene Flüssigkeit im Gewebe übt nun ihrerseits äußerlichen Druck auf die Venolen aus und sorgt für eine Verengung der Gefäße und weitere Verschlechterung der Mikrozirkulation.
Risikofaktoren Bei Betrachtung der Faktoren, die eine primäre Venenerkrankung begünstigen können, gelten eine familiäre Disposition und das zunehmende Lebensalter zu den am besten gesicherten. Entgegen der häufigen Annahme, dass Frauen eher betroffen sind, gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen der Häufigkeit bei Männern und Frauen. Übergewicht mit einem Body- Mass-Index (BMI) höher als 32 und häufiges Stehen und Sitzen sind ebenfalls verstärkende Faktoren. Wärme, zum Beispiel im Sommer, ist vermutlich kein starker Risikofaktor, wird subjektiv aber als Verstärker empfunden. Eine Befragung aus Griechenland unter 1500 zufällig ausgewählten Personen kam zum Ergebnis, dass 50 Prozent der Befragten keine Schwankungen der Beschwerden im jahreszeitlichen Verlauf bemerken.
GUTE RATSCHLÄGE FÜR DEN PATIENTEN
+ Verzichten Sie auf High Heels und tragen Sie besser flache Schuhe. So aktivieren Sie Ihre Wadenmuskelpumpe.
+ Gesunde Ernährung, ausreichendes Trinken und Gewichtsnormalisierung entlasten die Venen.
+ Stellen Sie das Rauchen ein. Rauchen verengt die Gefäße und erhöht das Risiko für Gefäßerkrankungen.
+ Schweres Heben sollten Sie vermeiden.
+ Sportarten, die die Wadenmuskelpumpe aktivieren, sind: Walken, Schwimmen, Radfahren
+ Vermeiden Sie die Beine übereinanderzuschlagen, um den Blutrückfluss nicht zu behindern.
+ Wenn möglich, lagern Sie im Liegen die Beine etwas erhöht, so erleichtern Sie den Rückfluss des Blutes.
Varikosis Letztlich führen mehrere Prozesse in eine venöse Gefäßerkrankung. Mit steigendem Lebensalter setzen Umbauvorgänge in den Venenwänden ein. Die glatte Muskulatur der Tunica media wird durch Bildung von Kollagenfasern teilweise ersetzt. Die Elastizität der Muskelschicht nimmt langsam ab. Zusätzlich lässt im mittleren Lebensalter die Durchblutung nach. Die Verlangsamung des Blutflusses begünstigt eine Druckerhöhung in den oberflächlichen Venen und fördert Mikroentzündungsprozesse. Unter erhöhtem Druck weiten sich zunächst die oberflächlichen Beinvenen und bilden an einzelnen Stellen die ersten Krampfadern.
Da die oberflächlichen Beinvenen nicht durch Muskeln gestützt werden, kommt es zu einer Überdehnung mit der Folge, dass die Venenklappen nicht mehr richtig schließen. Das Blut wird zwar weiterhin durch die tiefen Venen hoch transportiert, ein Teil versackt jedoch gleich wieder durch die defekten oberflächlichen Venen in den Beinen. Bei einer fortgeschrittenen Venenerkrankung sind auch die tiefen Venen oder deren Verbindungsgefäße zum oberflächlichen System betroffen. Die Muskelpumpe ist dann nicht mehr in der Lage, ihre Aufgabe zu erfüllen.
Es entsteht ein erhöhter Druck auf die Kapillargefäße, Flüssigkeit gelangt in das umgebende Gewebe und es entstehen Ödeme. Abzugrenzen ist von dieser primären Varikosis die sekundäre Varikosis, die aufgrund anderer Erkrankungen entsteht. Beispiele dafür sind Tumorbildung, Erkrankungen des Bindegewebes, Missbildungen der Gefäße oder Thrombosen. Charakteristisch ist, dass der venöse Rückstrom des Blutes zum Herzen nur noch eingeschränkt funktioniert.
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„Wenn die Klappen nicht mehr schließen”