Schilddrüsenhormone sollten morgens, nüchtern mit Leitungswasser eingenommen werden – nicht mit Saft oder Tee. © nensuria / iStock / Getty Images Plus

Beratung | Schilddrüsenerkrankungen

WAS IHRE BERATUNG BRINGEN KANN!

Ihre Kundin hat vor einiger Zeit die Schilddrüse entfernt bekommen. Jetzt nimmt Sie L-Thyroxin. Doch irgendwie hat sie das Gefühl, dass etwas nicht stimmt: Müdigkeit, Gewichtszunahme, Zyklusbeschwerden. Jetzt ist Ihr detektivisches Können gefragt.

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Der Arzt hat bei der Beschreibung der Symptome eine Blutuntersuchung mit TSH-Bestimmung (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) angeordnet und festgestellt, dass der Wert zu hoch ist – Zeichen einer Schilddrüsenunterfunktion. Das Hormon ist aber korrekt dosiert (abgestimmt auf das Körpergewicht), die Patientin erklärte, dass sie nichts an der Einnahme geändert habe und sich die Probleme auch nicht anders erklären könne. Zur Sicherheit stellt der Hausarzt eine Überweisung zum Endokrinologen aus, der Schilddrüsenexperte soll die Patientin noch einmal gründlich durchchecken. Soweit, so gut. Doch jetzt steht eben diese Frau als Kundin in Ihrer Apotheke und erklärt nebenbei von der Problematik und dass sie bald einen Termin habe. Ob sie in der Zwischenzeit auch Koffein-Tabletten gegen Ihre andauernde Müdigkeit einnehmen könne.

Dr. Laura J. McNally vom Peterborough City Hospital und ihre Kollegen raten in ihrer letzten Veröffentlichung die Frage zu klären, ob die Hypothyreose tatsächlich trotz Therapie besteht oder ob die Hormon-Therapie vielleicht überhaupt nicht ankommt. Dabei handelt es sich letztlich um Fragen, die auch in der Arztpraxis gestellt werden. Trotz allem ist das oben beschriebene Szenario nicht ungewöhnlich, im Apothekenalltag wenden sich häufig Kunden mit derartigen Fragen an das pharmazeutische Personal. Und manchmal kommen im Gespräch Details zutage, die die Kundin vielleicht beim Arzt vergessen hat zu sagen…

Ist die Einnahme klar?
Schilddrüsenhormone werden morgens nüchtern, eine halbe Stunde bis Stunde vor dem Frühstück mit Leitungswasser eingenommen. Auf Milchprodukte, wie Käse, Quark oder den morgendlichen Milchkaffee, muss im Anschluss zwei Stunden verzichtet werden. Die enthaltenen Calcium-Ionen komplexieren das Hormon und die Resorption im Dünndarm bleibt aus. Coffein aus Kaffee oder Tee bremsen die Aufnahme ebenfalls. Vielleicht trinkt die Kundin auch morgens gerne Grapefruitsaft? Sollte sie lieber sein lassen. Besonders kritisch ist es, wenn die Tablette mal korrekt nach Beipackzettel, mal mit Saft und Milchkaffee geschluckt wird – Spiegelschwankungen sind schwerer zu handhaben als eine Umstellung der Dosis auf die Gewohnheiten der Kundin.

Wie oft wird die Tablette vergessen?
Hand aufs Herz: Die tägliche Einnahme kann man schon einmal vergessen. Stress, Hektik oder Polymedikation können eine regelmäßige Anwendung erschweren; passiert und ist menschlich. Vielleicht ist die Einnahme in letzter Zeit einfach häufiger vergessen worden?

Welche Medikamente werden noch eingenommen?
In der Regel hat der Hausarzt den Überblick über den Medikationsplan. So können Carbamazepin und Rifampicin den Abbau von L-Thyroxin beschleunigen, Cholestyramin die Resorption im Darm reduzieren. Doch wie sieht es mit OTC-Präparaten oder freiverkäuflichen Produkten aus? Die zweiwertigen Kationen aus den Magnesium-Tabletten oder dem Eisensaft für die Blutbildung komplexieren den Wirkstoff ebenfalls. Ähnliches geschieht auch bei der gleichzeitigen Einnahme aluminiumhaltiger Antazida. Protonenpumpeninhibitoren wie Omeprazol können die Resorption ebenfalls herabsetzen.

Sind neue Krankheiten dazu gekommen?
Bestimmte Darmerkrankungen beeinträchtigen die Resorption von Arzneistoffen. Dazu zählen zum Beispiel chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder eine Infektion mit Gardien. Kommt die Kundin gerade von einer Auslandsreise und klagt seither über Übelkeit oder Durchfall?

Könnte eine Schwangerschaft vorliegen?
Während der Schwangerschaft ist der Bedarf erhöht. Sollte dies der Fall sein, kann mit dem Arzt eine vorübergehende Dosiserhöhung besprochen werden.

Farina Haase,
Apothekerin/Redaktion

Quelle: McNally LJ et al. BMJ 2019; 364: 1579 aus Medical Tribune, 54. Jahrgang, Nr. 15, 12. April 2019: 9

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