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Apothekenpraxis

WAS HEISST DENN UNKOMPLIZIERT?

Eine Blasenentzündung ist ein typischer Fall für die Selbstmedikation. Aber nur so lange sie unkompliziert ist. Dazu muss man allerdings wissen, wann so ein Harnwegsinfekt als kompliziert eingestuft wird.

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Die neue Leitlinie sieht nicht mehr die Antibiotika-​Therapie als einzige Behandlung für akute unkomplizierte Harnwegsinfekte. Die steigende Zahl der Antibiotikaresistenzen hat zum Umdenken geführt und ruft zum kritischeren Umgang mit Antibiotika auf. Auch pflanzliche Strategien und solche, die rein symptomatisch die Schmerzen behandeln, werden in der aktuellen Leitlinie empfohlen. Man weiß auch, dass unkomplizierte Harnwegsinfekte in 30 bis 50 Prozent der Fälle nach etwa einer Woche sogar von alleine wieder abheilen. Allerdings sollte man sich darauf nicht verlassen, die Infektion kann auch in Richtung Nieren aufsteigen. Noch dazu ist die Erkrankung unangenehm und mit einem hohen Leidensdruck verbunden. Helfen Sie Ihren Kunden, die Schmerzen und den häufigen Harndrang rasch zum Abklingen zu bringen.

Grenze erreicht Um nun zu beurteilen, ob es sich tatsächlich um eine unkomplizierte Blasenentzündung handelt, für die nicht unbedingt ein Arzt aufgesucht werden muss, geht es vor allem darum, wer betroffen ist – ob also bestimmte Risikofaktoren für einen schweren Verlauf oder für Folgeschäden zu befürchten sind. Handelt es sich beispielsweise um eine schwangere Frau, so ist die Grenze der Selbstmedikation bereits erreicht. Sie muss ihren Gynäkologen aufsuchen. Auch eine Blasenentzündung bei einer nicht schwangeren Frau in oder nach den Wechseljahren, bei Männern und bei Diabetikern – egal ob Mann oder Frau – gilt nicht mehr als unkompliziert. Bei Schwangeren besteht ein erhöhtes Risiko für eine Nierenbeckenentzündung. Bei Männern sind Harnwegsinfekte wegen einer möglichen Mitbeteiligung der Prostata immer als kompliziert einzustufen und vom Arzt abzuklären.

Bei gut eingestellten Diabetikern sind unkomplizierte Harnwegsinfekte wie bei Stoffwechselgesunden ebenfalls als un- kompliziert anzusehen. Bei instabilem Stoffwechsel dagegen können auch simple Infekte problematisch werden. Dies einzuschätzen, ist aber nicht Ihre Aufgabe. Auch Kinder mit den typischen Symptomen eines Harnwegsinfektes müssen vom Arzt untersucht werden, ebenso Kunden mit anatomischen oder funktionellen Störungen im Bereich der unteren Harnwege, zum Beispiel mit einer neurogenen Blasenentleerungsstörung. Als kompliziert gilt auch automatisch jeder Harnwegsinfekt, der bei immunsupprimierten Kunden oder solchen mit einem Dauerkatheter auftritt. Und natürlich, wenn gleichzeitig Blut im Urin zu finden ist oder bei Fieber. Dann besteht die Gefahr, dass bereits die oberen Harnwege bis hin ins Nierenbecken betroffen sind.

Bleibt die junge Frau Es ist tatsächlich komplizierter als man denkt. Um eine wirklich unkomplizierte Harnwegsinfektion handelt sich nur bei jungen Frauen vor den Wechseljahren ohne sonstige Begleiterkrankungen. Dies ist aber auch mit Abstand die größte Gruppe, die wegen einer Blasenentzündung zu Ihnen kommen wird. Die meisten haben es nicht zum ersten Mal und kennen die Symptome sehr genau. Schließen Sie im Gespräch alles aus, was sie wissen müssen. Und wenn sich der Infekt tatsächlich als unkompliziert herausstellt, können Sie der Kundin mit einem der zahlreichen pflanzlichen Arzneimittel und dem Rat viel zu trinken und sich warm zu halten, leitliniengerecht weiterhelfen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER SCHULE 2019 auf Seite 34.

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