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Venenerkrankungen

KRAMPF MIT DEN ADERN

Venenerkrankungen avancieren zu Volkskrankheiten: Bundesweit sind immer mehr Menschen davon betroffen. Doch dem Absacken des Blutes in den Venen der Beine lässt sich einfach und wirksam vorbeugen.

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Dass Venenerkrankungen auf dem Vormarsch sind, hat mehrere Gründe. Unter anderem unsere gestiegene Lebenserwartung: Das Risiko nimmt mit dem Alter deutlich zu. Doch wir haben es hier keineswegs mit einem „Alte-Leute-Zipperlein“ zu tun. Übergewicht und Bewegungsarmut sind weitere bedeutende Risikofaktoren. Von ihnen sind bekanntlich auch die jüngeren Generationen betroffen. Entsprechend sind Erkrankungen der Venen inzwischen laut Dr. Jan-Peter Siegers, Venenexperte und Leiter der Venenpraxis Cuxhaven, „über alle Lebensdekaden verteilt“. Da es sich bei Venenleiden also keineswegs um eine typische Alterserscheinung handelt, kann man gut präventiv dagegen aktiv werden. „Die Gefahr, daran zu erkranken, kann wirksam gesenkt werden“, so Dr. Siegers. Hier eine Übersicht darüber, was Sie Ihren Kunden zum Venenschutz raten sollten.

Tipps zum Venenschutz Ganz oben auf der Liste der vorbeugenden Maßnahmen steht nach den Worten von Dr. Siegers: „Normalgewicht anstreben und halten“. Ebenso sehr wichtig ist ausreichende und regelmäßige sportliche Aktivität. Am besten geeignet sind Ausdauersportarten wie Walken, Joggen, Radfahren oder Schwimmen. Das trainiert das Venensystem und unterstützt die Venenklappen bei ihrer Arbeit. Auch Treppensteigen ist ein gutes Venentraining: Rolltreppe und Lift also ignorieren. Doch das ist noch lange nicht alles, womit sich die Venengesundheit Ihrer Kunden bewahren lässt. Hier noch einiges mehr … Wenig Kohlenhydrate und tierische Fette Bei Venenleiden spielen die gleichen Ernährungsfaktoren eine Rolle wie bei arteriellen Gefäßerkrankungen.

Die Zufuhr an Kohlenhydraten und tierischen Fetten sollte demgemäß eingeschränkt werden. Sehr positiv wirken sich laut Dr. Siegers zudem anti-inflammatorische Diäten auf die Venengesundheit aus, bei denen entzündliche Nahrungskomponenten wie etwa rotes Fleisch gezielt weggelassen werden. Kompressionsstrümpfe tragen Wer in Berufen tätig ist, die langes Stehen oder Sitzen erfordern, der sollte nach den Worten von Dr. Siegers am besten Kompressionsstrümpfe tragen. Dadurch werden die oberflächlichen Venen zusammengedrückt. Das Blut fließt somit vorwiegend durch die tiefen Beinvenen, was den Beschwerden wirksam vorbeugt. Das gilt übrigens auch für lange Reisen im Flugzeug oder Auto. Der Muskelpumpe in den Beinen helfen Kräftige Muskeln in den Unterschenkeln organisieren unablässig den Rücktransport des venösen Blutes zum Herzen.

Diese sogenannte Muskelpumpe kann jede Unterstützung gebrauchen. Unter anderem und am wichtigsten damit, dass beim Sitzen die Beine nicht übereinandergeschlagen werden. Denn das behindert den Blutrückfluss aus den Venen. Tipp für Frauen: Sicher überraschend, aber ebenso gut für die Muskelpumpe ist es, immer mal wieder auf hohen Absätzen zu gehen. Entgegen weitläufiger Meinung sind hochhackige Schuhe gerade bei Neigung zu oder bereits bestehenden Venenbeschwerden angezeigt. Denn das Gehen auf hohen Absätzen trainiert die Wadenmuskeln und erhöht deren Pumpleistung. Beine hoch! So oft wie möglich die Beine hochlegen. Damit kann das Blut aus den Beinvenen leichter zurück in Richtung zum Herz fließen. Das schafft schnell spürbare Erleichterung – zwei bis fünf Minuten genügen dazu meist schon. Tipps von Pfarrer Kneipp Im Repertoire des bekannten heilkundigen Geistlichen findet sich auch einiges gegen Venenbeschwerden: nämlich kalte Wassergüsse, Wassertreten und Tautreten.

Venengymnastik

+ Mit den Füßen wippen und auf den Zehenspitzen gehen; mehrmals täglich.
+ Im Sitzen mit dem großen Zeh eine liegende Acht auf den Boden schreiben. Dann die Seiten wechseln und mit dem anderen Fuß schreiben. Fünfmal pro Fuß wiederholen.
+ Auf die Zehenspitzen stellen und die Fersen nach rechts drehen. Dann die Fersen absetzen, wieder anheben und nach links drehen. Pro Richtung zehnmal wiederholen.

Für die Güsse einfach die Brause vom Duschschlauch drehen, in die Badewanne stellen und mit dem kalten Wasserstrahl an den Unterschenkeln auf- und abwärts wandern. Wassertreten geht ebenso einfach zuhause: Kühles Wasser (ca. 22 bis 25° C) in die Wanne bis in Höhe der Mitte der Unterschenkel einlaufen lassen. Dann darin im Storchengang, eines der Beine abwechselnd aus dem Wasser heben, herumgehen. Simpel ist auch das Tautreten. Schuhe und Socken ausziehen und morgens barfuß im taufeuchten Gras herumlaufen. Venenschutz bei Hitze Hohe Temperaturen fordern den Venen noch mehr Arbeit ab. Denn um die Wärme besser abgeben zu können, dehnen sie sich aus. Das kann dazu führen, dass die Venenklappen nicht mehr richtig schließen und das Blut sich in den Beinen staut. Das schützt davor: Abbrausen der Waden mit kühlem Wasser von unten nach oben ist eine wahre Wohltat für die Venen.

Dadurch ziehen sich die erweiterten Blutgefäße wieder zusammen und zudem kommen Kreislauf und Blutfluss in Schwung. Kühlende Gels mit Extrakt aus dem Samen der Rosskastanie wirken ebenso unterstützend. Der leichte Massageeffekt beim Einreiben fördert dies zusätzlich. Auch direkte Sonneneinstrahlung ist schlecht für die Beinvenen. Schließlich entwickelt sich dabei lokal einiges an Wärme. Zu langes und intensives Sonnenbaden der Beine sollte also besser vermieden werden. Ausreichend trinken, denn bei zu wenig Flüssigkeit verdickt das Blut. Das kann seinen Rückfluss zum Herzen über die Venen behindern. Venenschutz auf Reisen Wenn durch langes Sitzen das Blut in den Beinen „versackt“, hilft der „Unterdruck-Trick“. Er geht wie folgt: Tief ausatmen und halten dann mit beiden Daumen für eine Weile die Nase zu.

Dann so tun, als wollte man einatmen – dadurch entsteht eine Art Unterdruck, der dabei hilft, das Blut wieder aus den Beinen in Richtung Herz zu befördern. Regelmäßig aufstehen und die Gänge in Bus, Bahn oder Flugzeug auf und abgehen. Dabei auf den Fußballen wippen, um die Wadenmuskeln zu beanspruchen. Weite Kleidung und Schuhe tragen, die nicht abschnüren. Auf alkoholische Getränke besser verzichten. Zum einen wirkt Alkohol wegen des anderen Drucks über den Wolken wesentlich stärker, zum anderen belastet er den Kreislauf zusätzlich. Medikamentös vorbeugen Rezeptfreie Präparate, die Sie empfehlen können, sind Salben mit dem Wirkstoff Heparin. Denn er fördert den Blutfluss und beugt Blutgerinnseln, den Thrombosen, vor. Aus der Naturapotheke empfehlen sich Präparate mit Extrakt aus den Samen der Rosskastanie oder mit Extrakt aus rotem Weinlaub.

Kehren Krampfadern zurück? Nach den Worten von Dr. Siegers gehört „dieses Ammenmärchen zu den medizinischen Akten gelegt“. Denn wenn Krampfadern vernünftig entfernt werden, kommen sie an der betreffenden Gefäßstelle nicht mehr wieder. „Nur in weniger als drei Prozent der Fälle treten die Varizen an der behandelten Region erneut auf“.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2020 ab Seite 90.

Birgit Frohn, Diplom-Biologin

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