© Gilitukha / iStock / Getty Images
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Ayurveda

VATA – DIE WINDENERGIE

Die leichteste der drei Energietypen nennt sich Vata, was soviel bedeutet wie Wind. Sie wird geprägt von den Elementen Luft und Raum. Was macht einen Vata-Menschen aus und wie kommt er aus ayurvedischer Sicht in die persönliche Balance?

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Vata-Menschen haben einen zierlichen, leichten Körperbau, sind entweder besonders klein oder besonders groß gewachsen. Sie nehmen nur schwer zu und leicht ab, besonders wenn sie Stress haben. Die Haut ist eher trocken und kühl, die Haare trocken und dünn. Die Finger sind schlank und länglich, die Fingernägel eher trocken und brüchig, die Lippen schmal, die Augen klein. Vata- Menschen sind von Natur aus aktiv, ständig in Bewegung und sprechen sehr schnell. Sie verbreiten daher auch leicht etwas Unruhe, wenn sie selbst nicht genug geerdet sind. Genauso können sie durch ihre Art schnell begeistern und Enthusiasmus verbreiten.

Die Stärken Ein Vata-Geist ist aktiv, kreativ, flexibel, kommunikativ, voller Ideen, liebt Neues und die Abwechslung. Ein Mensch mit hohem Vata-Anteil liebt es zu reisen, braucht immer wieder neue Herausforderungen und strahlt eine Leichtigkeit aus. Er ist spontan, frei wie ein Vogel und unbeschwert wie ein Schmetterling. Häufige Berufe sind zum Beispiel Künstler, Lehrer oder Außendienstmitarbeiter. Alles wo Kreativität, Flexibilität und Kommunikation gefordert sind. Die Vata-Energie strebt danach und braucht dies zum „Überleben“. Wenn es jedoch zu viel davon wird, schlägt dies ins Gegenteil um und der Vata-Typ gerät außer Balance

Die Schwachstellen Der Vata-Typ leidet unter Trockenheit. So können Haut, Schleimhäute oder Augen schneller austrocknen. Auch kalte Hände und Füße sind ein typisches Vata-Problem. Wenn das Luftelement zu sehr ansteigt, sind Verstopfung und Blähungen die Folge. Da der Hauptsitz von Vata im Darm ist, reagiert der Vata-Typ bei Unwohlsein meist als erstes mit dem Darm als Warnsignal. Bei zu viel Stress ist der Vata-Typ schnell gereizt und wird hektisch, macht sich schneller Sorgen und hat Ängste. Wie auch der Wind sich drehen kann, kann sich die Meinung eines Vata-Menschen schnell mal ändern, was bei Pitta- und Kapha-Menschen eher auf Unverständnis stößt.

Prakriti und Vikriti Die Prakriti ist die Grundkonstitution, die uns von Natur aus gegeben ist und sich ein Leben lang nicht ändert. Die Vikriti ist hingegen der momentane Zustand. Dieser kann sich durch äußere Einflüsse, wie zum Beispiel Jahreszeit oder Tagesablauf, sowie durch die innere Einstellung verändern. Sich diesen Unterschied bewusst zu machen, ist sehr wichtig. Im Ayurveda geht es darum, immer wieder die Energie zu besänftigen, die jetzt gerade zu hoch ist und somit wieder eine Balance herzustellen, die der eigenen Grundkonstitution möglichst nahe kommt. Das heißt auch ein Pitta-Kapha-Typ kann einen Vata-Überschuss haben, wenn er zu viele Vata erhöhende Umstände in seinem Leben hat. Es dauert meist nur länger, bis dies passiert, da sie durch ihren Kapha-Anteil von Geburt an mehr Erde und Struktur mitbringen und kompensieren können.

Der Vata-Aspekt Damit wir wissen, wie wir ein zu hohes Vata ausgleichen können, schauen wir uns die Vata-Eigenschaften noch einmal genau an. Diese sind: trocken, rau, kalt, klar, beweglich, fein, leicht zerbrechlich, spontan, sprunghaft, aktiv, unregelmäßig. Wenn ich also Vata senken möchte, führe ich genau das Gegenteil zu. Wärme, Ruhe, Feuchtigkeit, Regelmäßigkeit und so weiter. Auf diese Weise lassen sich die Symptome, die durch ein zu hohes Vata ausgelöst wurden wieder senken. Wie auch in der Schulmedizin gilt hier, je länger die Beschwerden bereits bestehen, desto länger und intensiver ist die Behandlung.

Die Vata-Zeit im Biorhythmus Auf das Jahr betrachtet ist die Vata-Zeit den Monaten Oktober bis Februar zugeordnet, im Biorhythmus des Tages ist Vata am höchsten zwischen 2 und 6 Uhr sowie 14 und 18 Uhr. Und auf das Leben betrachtet beginnt die Vata-Zeit ab 50 Jahre. Das bedeutet, dass in diesen Zeiten bei jedem Menschen das Vata ansteigt. Wenn mehrere Dinge zusammenkommen, addiert sich Vata, egal ob jemand Vata in seiner Grundkonstitution hat oder nicht. Es ist nur so, dass Vata-Menschen generell anfälliger für diese Beschwerden sind, da sie diese Eigenschaften von Natur aus bereits mitbringen.

Wie erkenne ich nun eine Vata-Disbalance bei meinem Kunden? Folgende Beschwerden sind meist die Folge von zu viel Vata im Leben. Alle Störungen des Nervensystems, Nervosität, Schlafstörungen, Depressionen, Angstzustände, Konzentrationsmangel, Schwindel, Tinnitus, unregelmäßige Verdauung, Verstopfung, Blähungen, Schmerzen in Muskeln und Gelenken, Muskelzittern, Gewichtsverlust, trockene Augen, Haut und Schleimhäute. Verstärkt ist die Symptomatik bei Personen ab 50 Jahren, im Herbst und Winter, wenn es kalt und trocken ist und wenn die Person besonders viel Stress hat. In der Zeit von 2 bis 6 Uhr und 14 bis 18 Uhr treten die Beschwerden am häufigsten und stärksten auf. Das heißt zum Beispiel der Vata-Kopfschmerz ist in dieser Tageszeit am schlimmsten.

Was tun? Nach dem Motto: „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!“ heißt es zu schauen, welche Disposition, sprich Grundkonstitution bringe ich von Geburt an mit? Das heißt, ein Vata-Mensch weiß nun, dass er besonders gut auf seine Knochen, Gelenke, Trockenheit sowie sein Nervensystem aufpassen sollte, um keine Beschwerden zu bekommen. Wärme zuzuführen ist hier ein ganz wichtiges Thema. Konkret heißt das, warmes Wasser oder Vata senkende Tees zu trinken. Aber auch alle Nahrungsmittel, die im Körper wärmend wirken, wie zum Beispiel Möhren oder Süßkartoffel. Eine Faustregel ist, dass alles was unter der Erde wächst Vata senkt. Auch hier gibt es Ausnahmen, wie zum Beispiel die Kartoffel. Sie erhöht Vata und sollte daher abends nicht mehr gegessen werden.

Jedes Nahrungsmittel bringt gewissen Eigenschaften mit und wirkt somit entweder erhöhend oder besänftigend auf einen Energietyp. Im Ayurveda heißt es: „Lasst eure Lebensmittel eure Arzneimittel sein.“ Generell werden die Geschmacksrichtungen süß, sauer und salzig empfohlen. Wärme kann und sollte aber auch von außen zugeführt werden, zum Beispiel durch ein warmes Dampfbad oder eine Wärmflasche. Außerdem ist es sehr wichtig, nach Reisen wieder zu Hause zu sein, nach einem langen Tag mit viel Sprechen bewusst die Ruhe zu suchen und nach der Hektik des Alltags einen Spaziergang im Wald zu unternehmen. Denn Erde gleicht das Element Luft am besten aus. Meditation und entspanntes Yoga bringen Körper und Geist zur Ruhe und halten das Gedankenkarussel einfach mal an.

Fazit – Wärme, Ruhe und Regelmäßigkeit Natürlich trägt ein Mensch nicht alle Vata-Aspekte in sich, denn sonst müssten auch alle Vata-Menschen identisch sein. Aber wenn der Vata-Anteil von Geburt an (Prakriti) einen sehr hohen Anteil ausmacht, findet man viele dieser Eigenschaften, sei es körperlich oder geistig bei diesem Menschen wieder. Die wichtigste Aufgabe eines Menschen mit hohem Vata-Anteil ist es, Ruhe, Erdung und Ausgeglichenheit in sein Leben zu bringen, gepaart mit ganz viel Wärme und Regelmäßigkeit! Regelmäßig essen, schlafen und Pausen machen. Auf diese Weise können die Eigenschaften, die Vata ausmachen, voll und ganz entfaltet werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/2020 ab Seite 64.

Stefanie Berhausen, Apothekerin, Ayurveda-Gesundheitsberaterin, Meditations- und Yogalehrerin

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