Mann bestellt seine Tabletten im Internet
Der Versandhandel soll auch weiterhin dazu beitragen, die Versorgung mit Arzneimitteln zu gewährleisten. © photovs / iStock / Getty Images Plus

Gesundheitspolitik | Rx-Versandverbot

UND DER ONLINE-HANDEL GEHT WEITER

Es wurde groß im Koalitionsvertrag angekündigt und wird nun doch nicht umgesetzt: das Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Die Apotheke vor Ort soll dennoch gestärkt werden – ein Kompromiss für beide Seiten?

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„Um die Apotheken vor Ort zu stärken, setzen wir uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ein“, hatten CDU/CSU und SPD zu Jahresbeginn in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen. Beim Deutschen Apothekertag klang Gesundheitsminister Jens Spahn schon nicht mehr so überzeugt und, als erstmalig gestern bei der Mitgliederversammlung der ABDA konkret über das Thema diskutiert wurde, war nach knapp zwei Stunden klar: Das Versandhandelsverbot ist vom Tisch.

Auf der anschließenden Pressekonferenz machte Spahn klar, dass für ihn die flächendeckende Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Arzneimitteln im Mittelpunkt steht – auf Basis der Apotheke vor Ort. Den Versandhandel zu verbieten, wie die Apotheker sich das wünschen, stellt für ihn allerdings keine Alternative dar. Es sei europarechtlich unwägbar, ob und wie ein solches Verbot umgesetzt werden könne, erklärte der Gesundheitsminister. Beim Koalitionspartner SPD stoßen Spahns Vorschläge auf offene Ohren. „Das geht klar in die richtige Richtung“, sagte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach. Gerade der Verzicht auf ein Verbot des Versandhandels war den Sozialdemokraten wichtig. In ländlichen Regionen sei eine flächendeckende Versorgung mit Medikamenten ohne Online-Apotheken nicht sicherzustellen, erklärte Lauterbach.
Zustimmung erhielt der Gesundheitsminister auch von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Diese hatte bereits im Vorfeld vor einem pauschalen Verbot gewarnt. „Versandapotheken ersetzen die Apotheke vor Ort nicht, sondern bieten ein zusätzliches Versorgungsangebot“, erklärte vzbv-Chef Klaus Müller. Auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung bezeichnete es als gutes Signal, dass das Verbot vom Tisch sei. Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, betonte: „Es geht nicht um eine Konkurrenz des Versandhandels mit den Apotheken, sondern um die bestmögliche Versorgung der Patienten.“

Dennoch soll ein ungleicher Wettbewerb vermieden werden. Dazu kann sich der Gesundheitsminister auch vorstellen, einiges an Geld in die Hand zu nehmen, zum Beispiel um die Vergütung von Nacht- und Notdiensten zu verdoppeln (sozusagen eine Verdopplung des Nacht- und Notdienstfonds von aktuell rund 120 Millionen auf 240 Millionen Euro) oder zusätzliche Dienstleistungen wie etwa zur Arzneimitteltherapiesicherheit oder in Form von Präventionsangeboten entsprechend zu honorieren. Dies könnte ein im Gesetz verankerter Fond in Höhe von 240 Millionen Euro gewährleisten. Weitere 15 Millionen Euro wären für die Versorgung mit Betäubungsmitteln drin. Zusätzlich sollen die Rabatte der Versandapotheken gedeckelt, Boni auf 2,50 Euro je Packung begrenzt und der Marktanteil der Versandapotheken im Auge behalten werden. Ab einer Grenze von fünf Prozent wäre es vorstellbar, mit weiteren Boni-Beschränkungen einzugreifen.

Beide Seiten beraten sich jetzt. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zeigte sich während der Pressekonferenz zwar reserviert aber zuversichtlich, zu einer konstruktiven Lösung zu kommen. Wenn schon Versandhandel, dann mit den geeigneten regulatorischen Bedingungen, damit der Versandhandel lediglich eine Ergänzung zur Versorgung durch die Apotheke vor Ort darstelle, betont Schmidt. Im Januar sollen weitere Treffen stattfinden, man könne dann „gesetzgeberisch aktiv werden“ nach Spahns Ansicht. Ob die Union geschlossen hinter ihm steht? „Ich finde es gut, dass Minister Spahn Vorschläge für die Stärkung der Apotheken vor Ort vorgelegt hat, das Versandhandelsverbot ist damit aber nicht vom Tisch“, sagte Gesundheitsexperte Alexander Krauß von der CDU zum Beispiel. Der Koalitionsvertrag besteht ja weiter. Und darin sei das Verbot nun mal festgeschrieben, so Krauß weiter. Zudem wäre laut der Gutachten, die die ABDA in Auftrag gegeben hatte, ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel europarechtlich zulässig. Dürfen sich die Apotheker also doch weiter Hoffnung machen?

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quellen: dpa
             pharmazeutische Zeitung
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             ABDA

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