Diäten
UMDENKEN GEFORDERT
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Einseitig und nicht belegt Ein umstrittenes Programm ist beispielsweise die Atkins-Diät. Dies ist eine fett- und proteinbetonte Ernährung, bei der auf Kohlenhydrate fast vollständig verzichtet wird. Sie ist nicht nur einseitig, denn Ballaststoffe, Vitamine und Mineralien werden teilweise zu wenig aufgenommen. Zudem ist nicht eindeutig geklärt, ob eine längerfristige Stabilisierung des Gewichts erreicht werden kann. Auch wird diskutiert, ob sich das Diätprogramm negativ auf die Gesundheit auswirkt.
Die Glyx-Diät – ein Programm, bei dem Lebensmittel bevorzugt werden, die den Blutzuckerspiegel nur gering steigen lassen – liefert hingegen durch den Verzehr von viel Obst und Gemüse ausreichend Vitamine und Mineralstoffe. Auch die Ballaststoffzufuhr ist gesichert. Kritiker bemängeln aber die fehlende ernährungswissenschaftliche Grundlage für das Konzept. Das Prinzip der Hay‘schen Trennkost gilt inzwischen sogar als wissenschaftlich widerlegt. Diese Diätform geht von der Annahme aus, dass der menschliche Körper Eiweiß und Kohlenhydrate bei gleichzeitiger Aufnahme nicht optimal verwerten kann.
Eine Variante ist die Insulin-Trennkost-Diät, die aus dem gleichen Grund kritisiert wird. Ihr Ziel ist eine Gewichtsabnahme durch eine möglichst geringe Insulinausschüttung. Dafür werden tagsüber auch nur Mahlzeiten verzehrt, die entweder Kohlenhydrate oder Proteine enthalten. Abends kommen kohlenhydratarme Lebensmittel auf den Teller, um die nächtliche Insulinausschüttung zu drosseln. Aber auch letzterer Aspekt gilt hinsichtlich einer dauerhaften Gewichtsreduktion als nicht belegt.
Ebenso fehlt der Paleo- oder Steinzeitkost der wissenschaftliche Nachweis für das Wirkprinzip. Anhänger dieser Kostform glauben, dass sich der menschliche Organismus genetisch an die Nahrung der Altsteinzeit angepasst hat und propagieren daher eine Ernährung mit Wildpflanzen und Wildfleisch. Auf verarbeitete Lebensmittel wie Getreide- und Milchprodukte wird verzichtet, ebenso auf Hülsenfrüchte und Kartoffeln. Ernährungsexperten merken allerdings an, dass sich der Mensch seit vielen Generationen genetisch an die veränderten Lebensumstände und Nahrung angepasst hat und werten die Diätform als zu einseitig.
Vielseitig und gesund Als gesundheitsförderndes Konzept gilt die Mediterrane Diät. Sie ist gekennzeichnet durch den Verzehr von frischem Gemüse und Obst, wenig rotem Fleisch, Vollkornprodukten und dem Verzicht auf sogenanntes prozessiertes Essen, das durch Verarbeitungsprozesse an Nährstoffen verloren hat und durch künstliche Zusatzstoffe „optimiert“ wurde. Eine mediterrane Ernährungsweise trägt zu einer mäßigen Gewichtsreduktion bei und scheint präventiv in Bezug auf ernährungsbedingte Erkrankungen zu wirken.
Auch die seit vielen Jahren immer wieder aktualisierte Brigitte-Diät bekommt durchweg positive Kritiken. Das Programm ist ausgewogen und abwechslungsreich und strebt einen langsamen, kontinuierlichen Gewichtsverlust an. Schließlich ist auch das Diät- Programm „Leichter leben in Deutschland“, abgekürzt als LliD, eine empfehlenswerte Maßnahme. Das Diätprogramm ist durch eine kalorienund fettreduzierte Ernährung in Kombination mit Bewegung gekennzeichnet.
Erlernt werden soll eine gesunde Lebensweise, bei der man ohne zu Hungern langfristig sein Wohlfühlgewicht erreichen kann. Besonderes Merkmal ist, dass es die Apotheke mit einbezieht, denn die Teilnehmer werden von ihrer Apotheke informiert und während der Durchführung des Programms betreut.
10 REGELN DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR ERNÄHRUNG (DGE)
1. Die Lebensmittelvielfalt genießen
2. Reichlich Getreideprodukte sowie Kartoffeln
3. Gemüse und Obst – Nimm „5 am Tag“
4. Milch und Milchprodukte täglich, Fisch ein- bis zweimal in der Woche, Fleisch, Wurstwaren sowie Eier in Maßen
5. Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel
6. Zucker und Salz in Maßen
7. Reichlich Flüssigkeit
8. Schonend zubereiten
9. Sich Zeit nehmen und genießen
10. Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben
Arzneimittel zum Abnehmen Erst wenn eine Lebensstiländerung nicht zur gewünschten Gewichtsabnahme führt, sind Antiadiposita indiziert. Die Adipositas-Leitlinie empfiehlt eine medikamentöse Abnehmhilfe für Patienten mit einem BMI ab 30. Für Personen mit Begleiterkrankungen wie beispielsweise Bluthochdruck oder Diabetes mellitus hält sie eine Pharmakotherapie schon ab einem BMI von 27 für sinnvoll. Während die Verfasser der Leitlinie ausschließlich für den Lipasehemmer Orlistat eine ausreichende Evidenz sehen, stehen in der Apotheke noch weitere Schlankheitsmittel wie Fettbinder, Kohlenhydratblocker oder Quellmittel rezeptfrei zur Verfügung.
Lipasehemmer Orlistat kann nachweislich helfen, mehr an Körpergewicht zu verlieren als mit einer Diät allein möglich ist. Der Wirkstoff ist in einer verschreibungspflichtigen Dosierung (120 mg) und einer apothekenpflichtigen Version (60 mg) erhältlich. Die niedrige Dosierung soll Übergewichtige beim Abnehmen wirkungsvoll unterstützen, dabei aber weniger unerwünschte gastrointestinale Nebenwirkungen erzeugen als das doppelt so hoch dosierte verschreibungspflichtige Präparat.
Das freiverkäufliche Medikament ist zur Behandlung von Erwachsenen mit einem BMI von 28 oder darüber zugelassen und sollte in Verbindung mit einer leicht hypokalorischen, fettreduzierten Ernährung angewendet werden. Orlistat wirkt nicht zentral und ist somit kein Appetitzügler mit unerwünschten zentralen Nebeneffekten. Die Substanz entfaltet ihre Wirkung vielmehr lokal im Magen- Darm-Trakt und verhindert dort die Resorption aufgenommener Nahrungsfette. Dafür bindet Orlistat kovalent an den aktiven Serin-Rest des für die Fettverdauung notwendigen Enzyms Lipase.
Somit wird die Lipase spezifisch und lang anhaltend gehemmt und Triglyceride und Cholesterinester aus der Nahrung können nicht mehr zu resorbierbaren freien Fettsäuren und Monoglyceriden hydrolisiert beziehungsweise aufgespalten werden. Mit einer dreimal täglichen Einnahme von 60 Milligramm Orlistat unmittelbar vor, während oder bis zu einer Stunde nach jeder Hauptmahlzeit werden etwa 25 Prozent der zugeführten Nahrungsfette ungespalten und damit unverdaut mit dem Stuhl ausgeschieden. Die doppelte, verschreibungspflichtige Dosierung erhöht diesen Anteil lediglich auf etwa 30 Prozent.
Achtung Fett Die nicht resorbierten Fette führen zu einem fettigen, öligen Stuhl (Fettstuhl). Außerdem entwickeln sich durch den Abbau der Fette durch die Darmflora Gase, die sich in Form von Blähungen und Bauchschmerzen bemerkbar machen. Diese typischen Nebenwirkungen sind umso unangenehmer, je höher die zeitgleich mit Orlistat zugeführte Fettmenge ist. Daher wird den Verwendern angeraten keine Kapsel einzunehmen, wenn sehr üppig und fettreich gegessen wird.
Bei einer hohen Fettzufuhr rücken ansonsten die gastrointestinalen Nebenwirkungen in den Vordergrund und Durchfälle sind möglich. Generell sollte zur Begrenzung der unerwünschten Wirkungen fettarm gegessen werden. Anzuraten ist, die Fettaufnahme auf circa 15 Gramm pro Mahlzeit zu beschränken. Allerdings ist eine fetthaltige Nahrung aber auch Voraussetzung für die Wirkung des Lipasehemmers. Daher kann und sollte auf die Einnahme von Orlistat verzichtet werden, wenn eine Mahlzeit ausgelassen wird oder das Essen fettfrei ist.
Vermehrte körperliche Aktivität unterstützt das Abnehmen und das Halten des Gewichts.
Beratungsintensiv Weiterhin sollte der Verwender darauf aufmerksam gemacht werden, dass bei eventuell auftretenden Durchfällen die Wirksamkeit von hormonellen Verhütungspräparaten herabgesetzt sein kann. Der Hersteller rät daher, zusätzliche schwangerschaftsverhütende Maßnahmen zu treffen, um dem möglichen Versagen der oralen Kontrazeptiva vorzubeugen. Zusätzlich sollten auch Vitamin-Präparate mit fettlöslichen Vitaminen empfohlen werden, da es aufgrund des Wirkungsmechanismus zu einer Einschränkung der Resorption der Vitamine A,D, E und K kommt.
Ratsam ist es, die Vitamin-Präparate vor dem Schlafengehen einzunehmen, damit sie während der Nachtruhe resorbiert werden können. Zudem sollte die Blutgerinnung bei Patienten, die Phenprocoumon und andere Vitamin-K-Antagonisten einnehmen, verstärkt kontrolliert werden, da die Wirkung der oralen Antikoagulanzien unter Orlistat verstärkt sein kann. Die Verfügbarkeit von lipophilen Arzneimitteln ist hingegen vermindert, weshalb zum Beispiel nicht die gleichzeitige Anwendung von Orlistat und Ciclosporin geraten wird.
Dem Medikament sind Informationsbroschüren mit Bewegungstipps, Ernährungsvorschlägen und Rezeptideen sowie ein Ernährungstagebuch beigefügt. Der Verwender soll damit zu einer langfristigen Lebensstilveränderung, die dauerhafte Erfolge beim Abnehmen und das Halten des Gewichts anstrebt, motiviert werden. Zudem empfiehlt der Hersteller, bereits vor Beginn der Orlistat- Behandlung mit einer fettarmen und hypokalorischen Kost sowie einem Bewegungsprogramm zu beginnen und diese Lebensgewohnheiten auch nach der Therapie mit dem Lipasehemmer fortzuführen.
Weitere Abnehmhilfen Weniger erklärungsbedürftig sind Präparate, die Nahrungsfette im Magen-Darm-Trakt binden und damit zu einer verringerten Resorption der Lipide führen sollen. Diese Fettbinder enthalten pflanzliche oder tierische Faserstoffe wie beispielsweise Chitosan aus Krebstierpanzern oder einen Faserkomplex, der aus den Blättern des Feigenkaktus gewonnen wird. Kohlenhydratblocker bestehen aus einem Glykoproteinkomplex aus Bohnen und sollen die Aktivität des Verdauungsenzyms alpha- Amylase blockieren und somit die Kohlenhydrataufnahme verringern.
Schließlich existieren noch Quellmittel (z. B. mit Konjakwurzel, Natrium-Alginat), die für ein Sättigungsgefühl sorgen sollen, indem sie im Magen bis zum 15-fachen ihres Ursprungsvolumens aufquellen und damit den Magen füllen. Auch Formuladiäten können die Gewichtsreduktion erleichtern. Unter einer Formuladiät werden sehr niedrigkalorische Kostformen mit einer Energiezufuhr von 800 bis 1200 Kilokalorien pro Tag verstanden.
Sie liegen meist in Pulverform vor und enthalten Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate in ausgewogenem Verhältnis. Zudem sind noch ausreichend Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt. Durch Zugabe von Wasser oder Magermilch unter Zusatz von Öl werden Shakes hergestellt, die abhängig von der individuellen Situation des Patienten entweder zeitlich begrenzt komplett alle oder nur einige Mahlzeiten ersetzen.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/16 ab Seite 34.
Gode Meyer-Chlond, Apothekerin
10 REGELN DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR ERNÄHRUNG (DGE) 1. Die Lebensmittelvielfalt genießen 2. Reichlich Getreideprodukte sowie Kartoffeln 3. Gemüse und Obst – Nimm „5 am Tag“ 4. Milch und Milchprodukte täglich, Fisch ein- bis zweimal in der Woche, Fleisch, Wurstwaren sowie Eier in Maßen 5. Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel 6. Zucker und Salz in Maßen 7. Reichlich Flüssigkeit 8. Schonend zubereiten 9. Sich Zeit nehmen und genießen 10. Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben
„Umdenken gefordert”