Eine Mauer bröckelt an einer Stelle auf, darunter liegt ein Stahlzaun© mofles / iStock / Getty Images Plus
Grenzen, wie diese bröckelnde Mauer, interessieren resistente Keime nicht.

Typhus

INDIEN ALS HOTSPOT FÜR DIE ENTSTEHUNG VON ANTIBIOTIKA-RESISTENZEN

Beispiel Typhus: Allein in den letzten dreißig Jahren wurden resistente Varianten dieser Erreger 197-mal über Ländergrenzen hinweg übertragen. Ausgangspunkt war dabei meist Indien. Mehrere Typhus-Stämme sind mittlerweile gegen alle gängigen oralen Antibiotika immun.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Vor allem unter schlechten hygienischen Bedingungen kommt die Krankheit häufig vor: Salmonella enterica serovar Typhi wird meist über kontaminiertes Wasser oder Nahrung übertragen. Eine Infektion löst hohes Fieber, Kopf- und Bauchschmerzen sowie Bewusstseinstrübungen aus, kann in schweren Fällen zu Darmblutungen und zum Tod führen. Elf Millionen Menschen erkranken jährlich daran, 100 000 sterben.

Am stärksten verbreitet ist Typhus in Südasien, Südostasien und Afrika südlich der Sahara. Bisher ist die Infektion durch Antibiotika gut behandelbar – allerdings breiten sich schon seit längerem gegen ältere Antibiotika resistente Stämme aus. Mit den „neueren“ Cephalosporinen, Fluorchinolonen und Makrolid-Antibiotika ließen sie sich allerdings meist noch bekämpfen.

Gewünscht: Ein exaktes Abbild der Resistenzen

Forschende der Stanford University wollten wissen, wie der Stand der Dinge ist: Wie hoch sind die Resistenzen gegen Typhus weltweit? Für ihre Studie analysierten sie Bakterien-DNA aus knapp 8 000 Proben aus den letzten hundert Jahren. Ein Viertel davon wies breite Resistenzen gegen die klassischen Antibiotika auf – mit Schwerpunkt in Indien. Von dort aus wurden die Erreger, wie oben erwähnt, in andere Länder und Regionen eingeschleppt. In Südasien ist der Anteil klassischer Resistenzen mittlerweile wieder leicht gesunken.

Dafür gibt es aber bereits neue, die sich rasant ausbreiten. Schon in den 1990ern entwickelten die Bakterien Abwehrmechanismen gegen Fluorchinolone. Und diese Resistenzen machten schon im Jahr 2010 95 Prozent der Typhusproben aus Indien, Pakistan und Nepal aus. Seit dieser Zeit kommen in den Proben auch zunehmend Varianten mit einer Dreifach-Mutation vor, die Bakterien noch auf Chinolon-Antibiotika ansprechen lässt. Auch gegen Azithromycin sind bereits mindestens sieben Bakterienlinien mit Resistenzen entstanden, ebenso wie gegen Cephalosporine – wiederum kamen fast alle diese Linien aus Indien.

 

„Schlaue“ Bakterien tauschen sich aus

„Das Tempo, mit dem sich hochgradig resistente Stämme von Salmonella-Typhi verbreitet haben, ist ein echter Grund zur Sorge“, betont Seniorautor Jason Andrews. „Dies unterstreicht die dringende Notwendigkeit, die Präventionsmaßnahmen auszuweiten und zu intensivieren, vor allem in den am stärksten gefährdeten Ländern. Die Ergebnisse seien zudem ein klarer Indikator, dass Indien weiterhin einen wichtigen Hotspot für die Entstehung von Antibiotika-Resistenzen darstelle. Resistenzen und die Kontrolle der Krankheit sei kein lokales Problem mehr, sondern ein globales.

Besonders gravierend finden die Forschenden, dass die Typhuserreger die neu erworbenen Resistenz-Gene untereinander austauschen und so Stämme entstehen, die sowohl gegen gängige Wirkstoffe wie auch gegen die moderneren unempfindlich sind. Da Silva ist weiterhin besorgt: „Solche Organismen würden jeder Behandlung durch etablierte orale antimikrobielle Wirkstoffe ausweichen. Und das würde zu vermehrten Krankenhauseinweisungen und erhöhter Morbidität und Mortalität führen.“

Quelle: wissenschaft.de

×