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Tiere in der Apotheke

STRESS IM KATZENKLO

Erkrankungen der unteren Harnwege bei Katzen werden unabhängig von der Ursache unter dem Begriff FLUTD – Feline Lower Urinary Tract Disease – zusammengefasst. Sie kommen häufiger vor als man denkt.

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Die typischen Symptome sind häufiges Aufsuchen der Katzentoilette, vermehrtes Scharren, Schmerzäußerungen beim Urinabsatz, Urinabsetzen mit aufgekrümmtem Rücken oder vermehrtes Urinieren neben die Katzenkiste, Dysurie, Hämaturie und Harnröhrenobstruktion. FLUTD kann verschiedene Ursachen haben, wie bakterielle Harnwegsinfektionen, kristalline oder nicht kristalline Entzündungspfröpfe in der Harnröhre, Harnsteine oder Polypen. Seltener sind angeborene oder erworbene anatomische Besonderheiten, Verhaltensstörungen und Tumoren des Harntrakts. Am häufigsten ist die idiopathische Zystitis, die etwa 55 bis 69 Prozent der Blasenprobleme bei der Katze bedingt. Das bedeutet, dass auch nach intensiver Abklärung die genaue Ursache nicht herausgefunden werden kann. Risikofaktoren sind vor allem Übergewicht, Kastration und eine zu geringe Anzahl an Katzentoiletten.

Idiopathische ZystitisMännliche und weibliche Katzen sind etwa gleich häufig betroffen. Die Diagnosestellung erfolgt durch Ausschluss anderer Ursachen mittels Urinanalyse (Sediment, bakteriologische Untersuchung), Serum- chemie und durch bildgebende Verfahren wie Kontrastmitteldarstellung der Harnröhre und Sonografie. Therapeutische Maßnahmen umfassen Veränderungen des Umfeldes zur Reduktion von Stress, diätetische Maßnahmen, die Gabe von Pheromonen und die medikamentöse Therapie. Zur Behandlung der akuten idiopathischen Zystitis sind Analgetika (NSAR) indiziert, und bei über 80 Prozent der Katzen verschwinden die Symptome nach zwei bis drei Tagen unabhängig von der durchgeführten Behandlung.

Bei circa der Hälfte der Katzen kommt es jedoch innerhalb eines Jahres zu Rezidiven. Wichtig für eine erfolgreiche Therapie ist daher, die idiopathische Zystitis nicht als eine reine Problematik der Harnblase zu betrachten. Die Behandlung sollte auch Maßnahmen zur Stressreduzierung umfassen, wie beispielsweise die ausreichende Anzahl an Katzentoiletten (Anzahl der Katzen plus eine Kiste ist die minimale Anzahl der Katzentoiletten), die regelmäßig gereinigt werden müssen, ruhige Plätze zur Futter- und Wasseraufnahme und Rückzugsmöglichkeiten, insbesondere dann, wenn mehrere Katzen im gleichen Haushalt leben. Um Stress auszuschalten oder zumindest zu verringern, haben sich vielfach Pheromone bewährt. Pheromone scheinen einen Einfluss auf das limbische System und den Hypothalamus zu haben. Bei Katzen kann der Einsatz von synthetischen, felinen Pheromonen angstinduziertes Verhalten reduzieren, sodass deren Anwendung als ergänzende Maßnahme entsprechend empfohlen wird.

Bei rezidivierenden Episoden und wenn anderweitige Therapien keine Wirkung zeigen, können trizyklische Antidepressiva indiziert sein. Orale Glykosaminoglykane (GAG) kommen ebenfalls zum Einsatz, da angenommen wird, dass GAG die Schleimauskleidung der Blasenwand verstärken, sodass diese gegen Reizungen besser geschützt ist. Ein analgetischer und entzündungshemmender Effekt wird diskutiert. Auch Spasmolytika für die glatte und quergestreifte Muskulatur sowie entzündungshemmende Medikamente (NSAR, Glucocorticoide) werden zur Behandlung der idiopathischen FLUTD verwendet. Entscheidend für den Krankheitsverlauf und die Senkung des Rezidivrisikos ist eine Steigerung der Wasseraufnahme, zum Beispiel durch Anbieten anderer Wasserquellen, wie ein Trinkbrunnen, Umstellung auf ein anderes Futter oder die geschmackliche Veränderung des Trinkwassers.

Insgesamt tritt FLUTD überwiegend bei Katern auf.

Urolithiasis Harnsteine zählen ebenfalls zu den häufigen Erkrankungen des unteren Harntrakts. Über 90 Prozent der Harnsteine bei Katzen sind Magnesium-Ammonium-Phosphat-Steine (MAP, Struvit) oder Calcium-Oxalat-Steine (CaOx), seltener sind Urat- oder Cystinsteine. Sind einmal Calcium-​Oxalat-Steine diagnostiziert worden, muss damit gerechnet werden, dass die betroffene Katze nach Entfernung der Steine erneut Harnsteine bildet, sofern nicht vorgebeugt wird. Harnsteine reizen die Blasenwand, und die daraus entstehende Blasenentzündung fördert wiederum das Wachstum der Harnsteine.

Harnsteine können zudem in die Harnröhre abgeschwemmt werden und diese mit lebensbedrohlichen Folgen blockieren. Deshalb sind präventive Maßnahmen wichtig, um eine erneute Oxalatsteinbildung zu verhindern. MAP-Steine können durch Ansäuern des Urins aufgelöst werden, bei CaOx-​Steinen ist das nicht möglich. Weibliche Tiere setzen kleinere Steine unter drei bis fünf Millimeter manchmal spontan ab. Größere Steine, die klinische Probleme hervorrufen, müssen chirurgisch entfernt werden; auch die endoskopische Entfernung ist bei Katzen möglich. Zur Prävention erneuter Steinbildung ist neben der Fütterung von speziellem Diätfutter die erhöhte Aufnahme von Flüssigkeit von wesentlicher Bedeutung.

Notfall: Die Harnröhrenobstruktion Wenn sich ein Blasenstein oder ein Entzündungspfropf in der Harnröhre fest- setzt, kann die Katze keinen Urin mehr absetzen. Zur Harnröhrenobstruktion kommt es fast ausschließlich bei männlichen Tieren, da Kater eine viel engere Harnröhre haben als Kätzinnen. In den meisten Fällen sind die betroffenen Tiere kastriert und übergewichtig. Ein Verdacht auf eine Harnröhrenverstopfung liegt bei jedem Kater vor, der plötzlich vermehrt in der Katzenkiste scharrt, ständig die Position zum Urin- oder Kotabsetzen einnimmt und nur noch tropfenweise Urin absetzen kann. Es kommt zu einem übermäßigen Füllungszustand der Blase, und Harnrückstau in die Niere. Nierengewebeschädigung und eine Anreicherung von harnpflichtigen Substanzen im Blut (Sepsis) sind die Folgen.

Die Katzen zeigen neben den Harnwegssymptomen Appetitlosigkeit, Erbrechen, Schwäche und werden teilnahmslos. Die Obstruktion muss schnellstmöglich behandelt werden, da es sonst zu Organversagen und Tod kommt. Es handelt sich also um einen absoluten Notfall. Das heißt, die Katze muss sofort tierärztlich versorgt werden. Bei obstruierten Tieren ist unabhängig von der zugrundeliegenden Ursache die Stabilisierung des Patienten das primäre Behandlungsziel. Das bedeutet die Wiederherstellung des Urinabflusses durch das Legen eines Katheters, ein Dehydratationsausgleich und die Korrektur von Störungen des Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes. FLUTD ist häufiger bei Katern, bei Rassekatzen, bei Katzen ohne Freilauf, in Mehrkatzenhaushalten, bei übergewichtigen Katzen und bei Katzen, die mit „Discounter-​Trockenfutter“ gefüttert werden.

Durch Prophylaxe gute Prognose FLUTD ist eine häufige Erkrankung in der Katzenpopulation und erfordert zeitaufwendige und umfangreiche Therapiemaßnahmen. Werden die Fütterungs- und Haltungsbedingungen verbessert und strikt eingehalten, kann die Rezidivrate meist gesenkt werden, und die Prognose ist günstig. Das heißt, dass bei Katzen, vor allem nach der Kastration, Übergewicht vermieden und eine ausreichende Anzahl an Katzentoiletten vorhanden sein sollte.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/19 ab Seite 110.

Dr. Astrid Heinl, Tierärztin und Medizinjournalistin

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