Junger Mann kauert am Ende einer Treppe© RyanKing999 / iStock / Getty Images Plus
Wie können Ersthelfer auf psychische Krisen wie eine Schockreaktion oder Suizidgedanken reagieren?

Seelische Notlagen

ERSTE HILFE FÜR DIE PSYCHE

Außer körperlichen Notfällen kann auch eine akute psychische Krise auftreten, die Handlungsbedarf eines Ersthelfers erfordert. Wie ist im Falle einer Schockreaktion oder bei Suizidgedanken zu handeln?

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Jeder Mensch kann von psychischen Krisen getroffen werden. Sie können sich entweder als kurzfristig auftretende Schockreaktionen oder als Folge länger andauernder Belastungen bemerkbar machen. Seelische Notlagen können die unterschiedlichsten Ursachen haben, wie beispielsweise traumatische Erlebnisse, Verluste oder lebensverändernde Ereignisse. 
Auch Depressionen oder Angststörungen können akute Krisen hervorrufen und Notfallinterventionen erfordern. Grundsätzlich sind Menschen mit psychischen Vorerkrankungen deutlich anfälliger für psychische Krisen als psychisch stabile Personen.

Angemessen auf eine akute Krise reagieren 

Für Ersthelfer ist es wichtig zu wissen, dass Menschen in akuten Krisen ihre innere Balance verlieren, da sie mit der entsprechenden Situation nicht umgehen können. Das Denken und die Emotionen sind gestört und Betroffene wirken oft zerstreut. In einigen Fällen sind Betroffene nicht in der Lage, ihre Gefühle zu kontrollieren, sodass Symptome wie Angstgefühle, Aggressivität oder sogar Wahnvorstellungen auftreten. 

Anwesende sollten den Rettungsdienst, die Polizei oder einen psychiatrischen Notdienst verständigen, wenn eine Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt.

Hilfe für Suizidgefährdete

Der Wunsch, sich das Leben zu nehmen, entsteht in der Regel nicht plötzlich, sondern entwickelt sich. Für Angehörige ist es eine sehr schwierige Situation, wenn eine Person davon spricht, dass sie sich das Leben nehmen möchte. Zunächst ist es wichtig, Betroffenen zuzuhören und Einfühlungsvermögen zu zeigen, sodass sie das Gefühl haben, nicht alleine zu sein. 
Vermuten Anwesende eine Suizidgefahr, sollten sie die Person darauf ansprechen, denn das kann ein erster wichtiger Schritt bei der Krisenbewältigung sein. Manchmal befürchten Helfer, dass sie mit dem Ansprechen des Themas einen Suizid auslösen könnten, doch keine Sorge: 

Fast immer fällt eine Last vom Betroffenen, wenn er über seine negativen Gedanken mit einer anderen Person sprechen kann, ohne verurteilt zu werden.

Suizidgedanken ernst nehmen

Die geäußerten Selbstmordgedanken müssen stets ernst genommen werden. Es ist wichtig, dass ein Mensch mit Suizidwünschen professionelle Hilfe (zum Beispiel durch einen Arzt und/oder Psychologen) erhält. Anwesende sollten dies vorschlagen und eventuell gemeinsam mit der Person einen Arzt oder eine Hilfseinrichtung aufsuchen. Es ist außerdem zu beachten, dass man einen selbstmordgefährdeten Menschen nicht allein lassen darf. 
Bei Suizidankündigungen ist stets die Polizei zu verständigen. Manchmal kommt es vor, dass Betroffene ihre Suizidwünsche indirekt formulieren, beispielsweise: „Mein Leben ist sinnlos.“ Auch in diesem Fall sollten Ersthelfer das Thema offen ansprechen und Hilfemaßnahmen einleiten.

Bei Panikattacken Beistand leisten

Bei einer Panikattacke leidet der Betroffene unter Todesangst, Entfremdungs- und Unwirklichkeitsgefühlen sowie unter körperlichen Symptomen, wie etwa Herzrasen, Atemnot, Schweißausbrüchen, Schwindel, Engegefühlen im Brustraum, Zittern oder Übelkeit. 
Ersthelfer sollten eine Person mit einer möglichen Panikattacke am besten darauf ansprechen und ihre Hilfe anbieten. Bleiben Sie in solche einem Fall selbst ruhig und wirken Sie beruhigend auf die Person ein. Erklären Sie, dass die Panikattacke gleich vorbei ist. Zudem können Ersthelfer der Person versichern, dass die Angstgefühle nicht lebensbedrohlich sind und nichts passieren wird. Nach der Panikattacke können Anwesende mit der Person über das Panikereignis sprechen und ihr aufzeigen, dass es effektive Behandlungsmethoden gibt und professionelle Hilfe angebracht ist.
Da die Symptome einer Panikattacke beispielsweise den Beschwerden eines Herzinfarktes ähneln und man nicht ausschließen kann, dass ein körperlicher Notfall vorliegt, sollten Anwesende im Zweifelsfall die klassischen Erste-Hilfe-Maßnahmen anwenden. Ist die Person bewusstlos, sind Puls und Atmung zu überprüfen und der Rettungsdienst ist zu verständigen.

Bei psychischem Schock aus der Situation herausholen

Auch bei einem psychischen Schock sind Erste-Hilfe-Maßnahmen wichtig. Das traumatische Ereignis wird beispielsweise durch einen Unfall, eine lebensbedrohliche Diagnose, durch den plötzlichen Verlust von Angehörigen, durch eine Naturkatastrophe, nach einem Überfall oder nach einer Vergewaltigung ausgelöst. Es kann auch sein, dass Augenzeugen eines Unfalls Erste Hilfe benötigen. Anwesende sollten selbst ruhig bleiben und sich durch starke emotionale Ausbrüche nicht verunsichern lassen – schließlich reagieren Menschen in Ausnahmesituationen unterschiedlich: Manche sind still, andere verwirrt und desorientiert, wieder andere haben starke emotionale Reaktionen, während es auch Personen gibt, die klar und strukturiert bleiben.
Kurz nach dem Trauma ist es wichtig, dass Ersthelfer in erster Linie Beistand leisten und ihre Zuwendung und Anteilnahme ausdrücken. Die Opfer sollten aus der belastenden Situation herausgeholt werden und vor Schaulustigen geschützt werden. Anwendende sollten ihre Hilfe anbieten, ohne sich jedoch aufzudrängen. Manchmal können Berührungen und Umarmungen helfen, in anderen Fällen werden sie als unangenehm empfunden. Wenn Betroffene das Bedürfnis haben zu reden, sollten Ersthelfer geduldig zuhören, sich selbst im Gespräch zurücknehmen und stattdessen weitere Unterstützung anbieten. Oft ist es gewünscht, dass der Kontakt zur Familie oder zu Freunden hergestellt wird.

×