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SCHUTZ VOR SCHWEREM VERLAUF: MACHT DIE MASKE ES MÖGLICH?
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Professor Dr. Monica Gandhi, Infektiologin, und Professor Dr. George Rutherford, Epidemiologe, sind überzeugt, dass das Masketragen nicht nur vor einer Ansteckung schützt, sondern sogar zur Immunisierung gegen SARS-CoV-2 beiträgt. In einem Meinungsbeitrag im „New England Journal of Medicine“ begründen sie ihre Ansicht mit der Historie der Pockenimpfung: In den Anfangszeiten brachten Ärzte das Pustelsekret genesener Patienten in die Haut von Gesunden ein – die Variolation, eine attenuierte Lebendimpfung. Damit lösten sie eine schwache Infektion aus, die zu Immunität führte. Die Methode brachte allerdings auch das Risiko eines schweren Pockenverlaufs mit sich, weshalb sie mit der Entwicklung des tatsächlichen Pockenimpfstoffs aufgegeben wurde.
Nach der Meinung der Experten folgen Alltagsmasken dem gleichen Prinzip: Sie schützen den Träger nicht immer vor einer Infektion, reduzieren aber die aufgenommene Virusmenge in einem Maße, dass man nur leicht erkranke und anschließend immun sei. (Ob eine leichte Infektion nach aktuellen Erkenntnissen vor einer erneuten Ansteckung schützt, erfahren Sie hier.) Die beiden finden für ihre Theorie zahlreiche Belege:
- Die Rate symptomfreier Covid-19-Erkrankungen sei nach Einführung der Maskenpflicht in den USA schätzungsweise von 40 auf 80 Prozent gestiegen.
- Staaten, die die Maskenpflicht früher und konsequenter etablierten als die USA, wiesen weniger schwere Verläufe auf, auch wenn andere Maßnahmen bereits wieder aufgehoben waren.
- Auf einem Kreuzfahrtschiff, auf dem nach einem Corona-Ausbruch eine Maskenpflicht eingeführt wurde, seien 81 Prozent der Infizierten beschwerdefrei gewesen, auf einem anderen Schiff ohne Masken lediglich 20 Prozent.
- Experimente an Hamstern wiesen auf einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der aufgenommenen Coronaviren mit der Heftigkeit des Verlaufs hin.
Zwar seien diese Erkenntnisse noch nicht studienbelegt in Zusammenhang mit dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gebracht worden. Doch sehen Rutherford und Gandhi Alltagsmasken als wichtige Maßnahme, der Pandemie Einhalt zu gebieten, solange keine effektiven Arzneimittel und Impfstoffe zur Verfügung stehen. Ihre Theorie könnte auch der Grund dafür sein, warum hierzulande zwar die Fallzahlen steigen, die Anzahl der intensivmedizinisch betreuten Betroffenen jedoch nicht.
Was meinen andere Experten?
Professor Dr. Maria Vehreschild von der Universitätsklinik in Frankfurt am Main weist darauf hin, dass es sich um einen Meinungsbeitrag handelt. „Die Hypothese an sich ist aus meiner Sicht plausibel, allerdings gibt es bisher keine Studien, die diesbezüglich ganz eindeutige Evidenz für eine Ursache-Wirkungs-Beziehung liefern würden“, gibt sie zu bedenken.
Die Frage, ob man in Risikosituationen eine Maske tragen sollte oder nicht, ist längst beantwortet und sollte jetzt nicht neu gestellt werden.
Da schon bekannt sei, dass eine Maske das Infektionsrisiko des Trägers reduziert, fragt sie nach dem Sinn des Beitrags: „Es ist bereits belegt, dass Masken schützen, und aus diesem Grunde sind sie Teil weltweiter Hygienekonzepte. Bei Einhaltung dieses grundsätzlich sinnvollen Hygienekonzepts entsteht nun potenziell ein weiterer positiver Effekt. Die Frage, ob man in Risikosituationen eine Maske tragen sollte oder nicht, ist aber längst beantwortet und sollte jetzt nicht neu gestellt werden.“
Gandhi und Rutherford halten dagegen, dass dies nicht ihre Absicht sei, sondern sie ein weiteres Argument für den Mundschutz liefern wollten. Sie wollen das Masketragen in der gesamten Bevölkerung stützen.
Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin
Quelle: Pharmazeutische Zeitung