Wer dreht sich nicht gerne am Wochenende im warmen Bett noch einmal um? © millann / iStock / Getty Images Plus

Innere Uhr | Schlafrhythmus

SCHLAF KANN MAN NICHT NACHHOLEN

Spätestens am Donnerstag sehnen sich wohl die meisten Menschen dem Wochenende entgegen: Endlich mal wieder ausschlafen, den verpassten Schlaf nachholen. Ist ja auch gesund. Falsch – sagen jetzt US-amerikanische Forscher.

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Wie wichtig Schlaf ist, ist hinlänglich bekannt. Und die Auswirkungen, die ein anhaltender Schlafmangel mit sich bringt, auch. Während des Schlafens finden wichtige Regenerationsprozesse statt, das Immunsystem nutzt die Zeit, um Erreger intensiv zu bekämpfen, unser Gehirn trennt sich von unnötigem Ballast, sogar Wunden heilen schneller im Schlaf. Zahlreiche Studien bestätigten daher nicht grundlos den Zusammenhang zwischen Schlafmangel und Adipositas, Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen. Aber was will man machen? Morgens muss man für die Arbeit oder Schule früh aufstehen und direkt danach ins Bett gehen möchte man schließlich auch nicht: Familie oder Freunde will man ja auch regelmäßig sehen und seinen Hobbies nachgehen ebenso. Daher schlafen viele Menschen wochentags zu wenig und wollen dann den Schlaf am Wochenende nachholen. Christopher Depner von der University of Colorado in Boulder und seine Kollegen gingen nun der Frage nach, ob das wirklich möglich ist.

Dafür mussten 36 junge, gesunde Probanden für zwei Wochen ins Schlaflabor. Während der ersten drei Tage schliefen alle rund neun Stunden pro Nacht, dann wurden sie in drei Gruppen aufgeteilt: Während die Kontrollgruppe bei neun Stunden Schlaf pro Nacht blieb, schlief Gruppe zwei jede Nacht nur fünf Stunden, Gruppe drei folgte einem „typischen“ Wochenrhythmus mit fünf Tagen fünf Stunden Schlaf und zwei Tagen so viel sie wollten. Körpergewicht, Kalorienzufuhr, Essensmenge, Insulinsensibilität und der Melatonin-Spiegel wurden in allen drei Gruppen überwacht.

Dauerkurzschläfer und Werktags-Kurzschläfer nahmen im Schnitt 1,3 bis 1,4 Kilogramm Körpergewicht zu, anscheinend durch abendliche Nasch-Attacken. Die innere Uhr verschob sich und der Zuckerstoffwechsel reagierte ebenfalls. Und zwar mit durchschnittlich dreizehn Prozent sinkender Insulinsensitivität. Das eingeschobene Wochenende konnte daran nichts ändern, an den beiden Tagen waren die Werte zwar besser, langfristig besserten sie sich allerdings nicht. Es fiel sogar auf, dass die Werte der Wochenendschläfer sich im Vergleich zu den dauerhaften Kurzschläfern noch weiter verschlechterten, wenn sie wieder in den Werktags-Rhythmus starteten. So sank die Insulinsensitivität in dieser Gruppe um bis zu 27 Prozent. „Das hatten wir so nicht erwartet – und es zeigt, dass das Ausschlafen am Wochenende offenbar keine effektive Gegenmaßnahme gegen die Auswirkungen des chronischen Schlafmangels ist“, erklärt Depner. Das Team vermutet eine verwirrte innere Uhr hinter der Problematik. „Es ist wie ein Jojo-Effekt: Am Wochenende verändern wir unsere Essenszeiten und unsere innere Uhr und kehren dann montags zum alten Schlafmangel-Rhythmus zurück – das ist extrem disruptiv“, erklärt Co-Autor Kenneth Wright von der University of Colorado.

Die Message der Forscher lautet wohl daher: Nicht versuchen Schlaf nachzuholen, lieber regelmäßig mindestens sieben Stunden schlafen. Der Gesundheit zuliebe.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: www.wissenschaft.de

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