Der Duft von Sandelholz erinnert viele an den Orient. Die Inhaltsstoffe des Sandelholzöls aktivieren aber auch einen speziellen Geruchsrezeptor in der Harnblase. © Madeleine_Steinbach / iStock / Getty Images Plus

Onkologie | Diagnostik und Therapie

RIECHREZEPTOR ALS NEUER BIOMARKER FÜR BLASENKREBS

Ein Riechrezeptor in der menschlichen Harnblase? Durch welche Duftstoffe werden diese wohl angeregt? Auch wenn sich eine pharmazeutische Nutzung in diese Richtung wohl nicht lohnen wird, stellt der Rezeptor doch eine interessante Andockstelle als Biomarker für Blasenkrebs dar.

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Geruchsrezeptoren, oder genauer olfaktorische Rezeptoren (OR) gehören zu den Chemorezeptoren, sie reagieren also auf chemische Reize und sind insbesondere an der Wahrnehmung von Gerüchen beteiligt. Trotzdem finden sie sich auch in Geweben, die überhaupt nichts mit der Geruchswahrnehmung zu tun haben. Dort haben sie zum Beispiel Einfluss auf physiologische Prozesse wie Zellmigration, Proliferation oder Sekretion. Auch in Krebsgeweben sind OR exprimiert und an zahlreichen pathophysiologischen Prozessen beteiligt. Daher eignen sie sich gut als Biomarker und kommen bereits bei der Identifizierung von Prostata- oder Lungenkarzinom zum Einsatz.

Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum haben nun auch einen speziellen Geruchsrezeptor, den OR10H1 in der Harnblase gefunden. In Blasenkrebsgewebe wird er sogar noch deutlich öfter exprimiert. Ein spezifischer Agonist des Rezeptors ist Sandranol, eine Sandelholz-verwandte Verbindung. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Hanns Hatt und Dr. Lea Weber untersuchte nun, wie sich der Rezeptor und die von ihm ausgelöste Signalkette bei der Zugabe dieser Verbindung, aber auch nach der Zugabe von Santanol, dem Hauptbestandteil des natürlichen Sandelholzöls, auf die Blasenkrebszellen auswirkt. Tatsächlich veränderten sich die Zellen, sie wurden runder und teilten sich seltener. „In unseren Zellkulturstudien konnten wir das Tumorwachstum mit Sandelholzduft signifikant hemmen“, berichtet Hatt. Zusätzlich wird über die Rezeptoraktivierung das Immunsystem in Gang gesetzt und Interleukine und natürliche Killerzellen aktiviert.

Wie eignet sich dieser Riechrezeptor nun als Biomarker? Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich bei Blasenkrebspatienten vermehrt RNA-Bestandteile des Rezeptors im Urin nachweisen ließen. Somit wäre es theoretisch möglich, Blasenkrebs anhand einer Urinprobe zu identifizieren. Den Duftrezeptoren käme damit eine weitere große Bedeutung zu, weitere Rezeptoren konnten bereits in Brustkrebsgewebe nachgewiesen werden. „Sie werden in der Zukunft nicht nur für die Diagnose von Erkrankungen eine wichtige Rolle spielen, sondern vor allem für neuartige Ansätze in der Tumortherapie“, sagt Hatt.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Apotheke adhoc

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