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RACECADOTRIL
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OTC-Switch – Racecadotril hemmt die beim Durchfall erhöhte Flüssigkeitsausschüttung in den Darm. Die basale Sekretion bleibt dabei erhalten, sodass es in der Regel nicht zu anschließender Verstopfung kommt. Auch die Darmmotilität bleibt unbeeinflusst. Dadurch werden die Krankheitserreger, die den Durchfall ausgelöst haben, nicht unnötig lange im Darm zurückgehalten. Die Wirkung setzt rasch ein, Nahrungs- und Arzneimittelinteraktionen sind nicht bekannt.
Racecadotril ist seit 2004 in Deutschland zur Behandlung akuter Durchfälle bei Säuglingen und Kindern zugelassen. Am 1. März 2013 wurde die Substanz für die Anwendung bei Erwachsenen ab 18 Jahre aus der Verschreibungspflicht entlassen. Racecadotril stellt ein Prodrug dar, das nach oraler Applikation im Dünndarm aufgrund seiner Lipophilie rasch resorbiert und dann zum aktiven Metaboliten Tiorphan umgewandelt wird. Beide Substanzen – Racecadotril und Tiorphan – hemmen die im Dünndarmepithel lokalisierte Enkephalinase.
Tiorphan hat eine etwa 1000-fach stärkere inhibitorische Wirkung auf das Enzym. Wegen seiner größeren Hydrophilie kann Tiorphan zudem die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden. Die Enkephalinase ist für den Abbau der Enkephaline zuständig. Dies sind endogene Opioide, die als Neurotransmitter wirken und über delta-Opiatrezeptoren die Sekretion von Wasser und Elektrolyten in das Darmlumen hemmen. Durch Racecadotril und vor allem Tiorphan werden die Enkephaline vor dem Abbau bewahrt. Gleichzeitig kommt es zu einer vermehrten Stimulation der mu-Opioidrezeptoren, wodurch vermehrt Chloridionen und Wasser resorbiert werden. Beide Effekte erklären den antidiarrhoischen Effekt.
Nach Einnahme des Medikaments dauert es etwa 30 Minuten, bis die Enkephalinase gehemmt wird. Nach etwa zwei Stunden wird die maximale Hemmung erreicht. Empfohlen wird eine Gabe von 100 Milligramm bei den ersten Durchfallsymptomen, mit dreimal täglich 100 Milligramm wird die Therapie fortgesetzt. Die Wirkung kann bis zu acht Stunden anhalten. Etwa die Hälfte der so behandelten Patienten erholte sich in Untersuchungen innerhalb von sieben Stunden, nach 24 Stunden waren 80 Prozent beschwerdefrei.
In mehreren Studien konnte zudem gezeigt werden, dass weder Racecadotril noch Tiorphan den gastrointestinalen Transit beeinflussen. Dies erklärt, dass es nach der Gabe von Racecadotril nur sehr selten zu einer überschießenden Obstipation kommt und pathogene Keime nicht zurückgehalten werden. Hält der Durchfall länger als drei Tage an oder kommen Fieber, blutiger Stuhl oder Allgemeinsymptome hinzu, muss ein Arzt aufgesucht werden. Quelle: Presse-Workshop „Magen-Darm-Experten-Runde 2013“. 12. bis 14. April 2013, Burg Schwarzenstein im Rheingau. Veranstalter: Boehringer-Ingelheim.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/13 auf Seite 8.