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Der größte Teil der Arzneipflanzen wird auch heute noch an natürlichen Standorten gesammelt. © kazakovmaksim / iStock / Thinkstock

Top im Job

QUALITATIV GLEICHWERTIG

Ein pflanzliches Arzneimittel herzustellen ist nicht schwer. Dauerhaft ein stets gleiches, also standardisiertes Phytopharmakon zu produzieren, allerdings schon. Was ist dabei alles zu beachten?

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Phytopharmaka genießen beim Verbraucher große Akzeptanz. Allerdings erwartet man von ihnen wie von jedem anderen Arzneimittel auch stets gleiche Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit. Dies sicherzustellen ist wesentlich schwieriger als bei Arzneimitteln mit chemisch definierten Wirkstoffen. Pflanzen sind Vielstoffgemische mit einer natürlichen Variabilität.

Welche Stoffe sie enthalten und in welchem Verhältnis, das hängt nicht nur von der jeweiligen Pflanze und dem verwendeten Pflanzenteil ab, sondern auch vom Standort, der Erntezeit und verschiedenen Umweltbedingungen, wie beispielsweise dem Wetter. Prof. Dr. Martin Tegtmeier, Herstellungsleiter bei Schaper & Brümmer, erklärt dazu: „Es ist so ähnlich wie beim Weinbau, wo Nord- und Südhang auch eine wichtige Rolle für den richtigen Erntezeitpunkt spielen. Wir richten uns mit dem Erntetermin nicht nach dem Kalender, sondern immer nach dem vegetativen Zustand der Pflanze.“

Wildsammlung oder Anbau Der größte Teil der Arzneipflanzen wird auch heute noch an natürlichen Standorten gesammelt. Sinnvoll ist dies vor allem bei Pflanzen mit geringem Mengenbedarf und bei Pflanzen, bei denen ein Anbau durch ihre speziellen Ansprüche nicht möglich ist. Üblich ist heute eine nachhaltige Wildsammlung. Dabei wird nur ein vorgegebener Anteil der Pflanzen geerntet und nur in genehmigten und kontrollierten Sammelgebieten, sodass der Bestand nicht gefährdet wird.

Ernten dürfen nur geschulte Personen. Sie müssen genau dokumentieren, wo sie welche Pflanze in welcher Menge entnommen haben. Natürlich müssen sie auch Verwechslungen mit anderen Pflanzen ausschließen können. Der Vorteil des Anbaus ist die größere Homogenität des Pflanzenmaterials und die Möglichkeit, Maschinen für die Ernte einzusetzen. Dies ist ökonomischer. Nachteilig ist, dass Monokulturen anfälliger gegenüber Schädlingen sind.

Da bei der Herstellung zugelassener Phytopharmaka die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln verboten ist, muss ein möglicher Befall von Hand beseitigt werden. Beides, Wildsammlung und Anbau, sind an Richtlinien zur Qualitätssicherung gebunden, die Good Agricultural And Collection Practice (GACP). Die Weiterverarbeitung zum Arzneimittel erfolgt dann nach den auch in der Apotheke bekannten GMP-Regeln (Good Manufacturing Practice).

Qualitätskontrolle Dazu zählen – aus dem Arzneibuch bekannt – Identitäts-, Reinheits- und Gehaltsprüfungen, und zwar als Prüfung der Ausgangsstoffe, Inprozesskontrolle und zuletzt als Prüfung am Endprodukt. Zur Charakterisierung der Pflanze dient häufig ein sogenannter Fingerprint. Dabei werden die besonders charakteristischen Inhaltsstoffe mittels DC oder HPLC ermittelt.

Nicht ganz einfach ist auch die Gehaltsbestimmung, schließlich sind viele Stoffe an der Wirkung beteiligt. Die Wirkstoffmenge wird anhand einer Leitsubstanz berechnet. Solche Leitsubstanzen müssen für die zu prüfende Pflanze spezifisch sein, in ausreichender Menge vorkommen und gut zu bestimmen sein.

Verschiedene Herstellungsweisen Es spielt eine große Rolle, ob man die Frischpflanzen verarbeitet oder die Pflanzen zunächst trocknet. Aus den getrockneten Pflanzen oder Pflanzenteilen werden dann Extrakte oder Pulver hergestellt. Diese beiden Endprodukte unterscheiden sich stark voneinander. Für die Herstellung von Pulvern werden die getrockneten Pflanzen zerkleinert. Sie enthalten alle Inhaltsstoffe der Ausgangspflanze und zwar im gleichen Verhältnis wie in der Ausgangspflanze. Die Pulvermischungen können dann beispielsweise in Kapseln abgefüllt werden.

Extrakte dagegen sind Auszüge bestimmter Inhaltsstoffe. Je nach Lösungsmittel werden unterschiedliche Stoffe extrahiert. Man muss also genau wissen, welche Inhaltsstoffe wirksamkeitsbestimmend sind. Auch das Droge-Extrakt-Verhältnis spielt eine Rolle. Es gibt an, welche Ausgangsmasse an Droge zur Herstellung einer bestimmten Menge des Extraktes eingesetzt wurde. Durch das Mischen verschiedener Chargen werden die Extrakte auf einen bestimmten Gehalt eingestellt.

Prof. Tegtmeier sieht die Zukunft der Phytotherapie positiv: „Die Behandlung mit pflanzlichen Arzneimitteln wird auch in den nächsten Jahrzehnten eine große Rolle spielen. Möglicherweise wird sich der Schwerpunkt von der ärztlichen Verordnung beziehungsweise Empfehlung noch mehr in den Verkauf in der Apotheke verlagern. Hier werden die Kosten eine Rolle spielen. Ich denke, dass die Monographien der Europäischen Zulassungsbehörde dafür sorgen werden, dass die wichtigen Heilpflanzen nach wie vor Arzneimittel in Europa bleiben werden. Die Chance für die nächsten Jahrzehnte ist also sehr groß.“

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/18 auf Seite 90.

Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion

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