Säuglinge und Kleinkinder
PUSTELN, PILZE, PLAQUES
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In den ersten Lebensmonaten bereiten vor allem Hautausschläge auf der Kopfhaut und im Windelbereich vielen Säuglingen Probleme. Oft sind sie harmlos und können im Rahmen der Selbstmedikation erfolgreich behandelt werden. Andere erfordern eine Therapie, die in die Hand des Arztes gehört. Raten Sie den besorgten Eltern unter Ihren Kunden im Zweifelsfall einen Kinderarzt aufzusuchen.
Windeldermatitis – Windelsoor Eine der häufigsten Hauterkrankungen im ersten Lebensjahr ist die Windeldermatitis. Durch das feuchtwarme Klima unter der Windel quillt die Haut auf und wird äußerst empfindlich gegen Reiben und Scheuern sowie Urin und Stuhl. Der Harnstoff aus dem Urin wird zu beißendem Ammoniak gespalten, Verdauungsenzyme aus dem Stuhl greifen die Hautbarriere an. Vor allem bei Durchfallerkrankungen, nach dem Verzehr saurer und scharfer Lebensmittel oder während einer banalen Erkältung, die das Immunsystem schwächt, stellt sich ein wunder Po ein. Sehr selten sind Unverträglichkeiten oder Allergien (z. B. auf die Windelmaterialien) für die entzündete Haut verantwortlich.
Die Windeldermatitis macht sich durch entzündliche Hautrötungen (Erytheme) und nässende Bläschen bemerkbar, die nicht nur unangenehm sein können, sondern gelegentlich auch mit tiefen, schmerzhaften Schädigungen der Haut (Ulzera) einhergehen. Die Hauterscheinungen beginnen in der Regel in der Genitalregion und können sich auf den gesamten Windelbereich beziehungsweise darüber hinaus auf den Unterbauch und die Oberschenkel ausdehnen. Die Hautfalten bleiben häufig ausgespart. Eine derart lädierte Haut bietet Pilzen, die mit dem Stuhl aus dem Darm ausgeschieden werden, einen idealen Nährboden. Das feuchtwarme Klima unter der Windel fördert ihr Wachstum, sodass sich leicht ein Befall mit dem Hefepilz Candida albicans entwickelt.
Diese als Windelsoor bezeichnete Infektion ist gekennzeichnet durch scharf abgegrenzte Hautveränderungen. Typisch sind kleine, nässende Pusteln auf gerötetem Grund. Ein weißer Saum grenzt die infektiösen Bereiche zur nicht befallenen Haut ab. Für die Eltern sind die Hautveränderungen leicht erkennbar. Die Frage allerdings, ob es sich wirklich um eine Pilzinfektion handelt, kann mit Sicherheit nur der Kinder- oder Hautarzt beantworten. Möglich ist auch ein Befall mit Bakterien (meist Staphylococcus aureus), der ähnliche schmerzhafte Ausschläge hervorruft. Ebenso sind andere Hauterkrankungen (z. B. eine Schuppenflechte) auszuschließen.
Damit sich erst gar nicht Hautveränderungen einstellen, sollte die empfindliche Säuglingshaut nach jedem Windelwechsel mit lauwarmem Wasser gereinigt und sorgfältig abgetrocknet – am besten trockengetupft – werden. Feuchttücher sind zu vermeiden, da sie eine Windeldermatitis zu fördern scheinen. Zudem hilft häufiges Wickeln. Eine frische Windel ist immer nach jeder Stuhlausscheidung erforderlich. Ansonsten benötigen die ganz Kleinen alle zwei Stunden und größere Kinder alle drei bis vier Stunden eine neue Windel. Diese sollte gut sitzen, um unnötige Reibung zu vermeiden. Zwischendurch sollte auf die Windel verzichtet werden, damit viel Luft an den Po gelangt. Um die Haut zu schützen und ihre Regeneration zu fördern, sind Zinkpasten erste Wahl. Zinkoxid wirkt austrocknend und leicht desinfizierend.
Zugleich bilden Zinkzubereitungen eine Barriere, unter der die Haut abheilen kann. Bewährt haben sich auch Kombinationen mit Lebertran, der zur Hautregeneration beiträgt. Alternativ sind Dexpanthenol-haltige Zubereitungen geeignet. Zudem sind Bäder und Umschläge mit gerbstoffhaltigen Zusätzen empfehlenswert. Auch sie wirken adstringierend und austrocknend. Bäder mit Kamillenextrakt haben eine entzündungshemmende Wirkung. Puder ist nicht geeignet, da er verklumpen kann und dann auf der Haut scheuert. Hat sich eine Candida-Besiedlung eingestellt, helfen antimykotische Zubereitungen mit Nystatin, die rezeptfrei sind. Sie sollten bis zu fünfmal täglich nach jedem Windelwechsel über einen Zeitraum von circa drei bis vier Wochen aufgetragen werden. Sollten Bakterien eine Rolle spielen, sind verschreibungspflichtige antibiotische Cremes erforderlich.
Weder Kopfgneis noch Milchschorf beeinträchtigen das Haarwachstum. Die „Liegeglatze“ entsteht, wenn das Baby viel auf der gleichen Stelle liegt.
Kopfgneis – Milchschorf Bei vielen Säuglingen zeigen sich gleich in den ersten Lebenswochen gelbe bis bräunliche, fest anhaftende, weiche Schuppen auf dem Kopf. Sie sind volkstümlich unter der Bezeichnung Gneis bekannt und Zeichen eines seborrhoischen Säuglingsekzems, das sich aus einer erhöhten Talgproduktion (Seborrhoe) an talgdrüsenreichen Arealen wie dem behaarten Kopf entwickelt. Ursache sind Rückstände mütterlicher Hormone (Androgene), die noch in den ersten Lebensmonaten im Körper des Säuglings nachweisbar sind und zu einer verstärkten Talgproduktion beitragen. Gleichzeitig spielt der Hefepilz Malassezia furfur bei der Entstehung des Ekzems eine Rolle.
Da die schuppigen Auflagerungen in der Regel zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr spontan von selbst abheilen, besteht beim Gneis kein Behandlungsbedarf. Möchten die Eltern ihn dennoch entfernen, eignen sich Speise-, Haut- oder Babyöle (z. B. Oliven-, Mandelöl) zum Aufweichen der Krusten. Die Öle werden mehrmals über Nacht aufgetragen und morgens mit einem milden Shampoo aus dem Haar ausgewaschen. Dabei lösen sich die Beläge nach und nach. Vorsichtiges Abtupfen der Haare und Kopfhaut mit einem Handtuch unterstützt den Ablöseprozess. Tabu sind salicylsäurehaltige Zubereitungen. Davon abzugrenzen ist der Milchschorf. Hierbei handelt es sich um einen entzündlichen Prozess, der zu eher harten Schuppen und Krusten führt.
Die Kopfhaut ist gerötet und juckt zudem stark. Neben der Kopfhaut können auch Stirn und Wangen, in seltenen Fällen auch Arme und Beine, betroffen sein. Da der Milchschorf von einem starken Jucken begleitet wird, kratzen sich die Säuglinge die schuppenden Stellen häufig auf, sodass sich nässende Krusten bilden. Zudem schlafen die Kleinen wegen des ausgeprägten Juckreizes schlecht, weinen viel und sind unruhig. Die Bezeichnung Milchschorf rührt vom Aussehen der gelblichen Plaques, die an angebrannte Milch erinnern. Mit einer Allergie gegen Kuhmilch haben die Krusten aber nichts zu tun, obgleich Kinder, die Milchschorf entwickeln, eine erhöhte Neigung zur Ausbildung von Allergien haben.
Milchschorf gilt als eine Frühmanifestation der Neurodermitis (atopische Dermatitis), die sich aber nicht zwangsläufig entwickeln muss. Häufig ist es schwierig, Gneis vom Milchschorf zu unterscheiden. Während sich der harmlose Gneis gleich in den ersten Lebenswochen zeigt, entwickelt sich Milchschorf in der Regel erst ab dem dritten Lebensmonat oder bei der Umstellung auf feste Nahrung. In der Regel klingt der Milchschorf nach mehreren Monaten von selbst ab. Er kann aber auch über Jahre bestehen bleiben. Bei Verdacht auf Milchschorf sollte der Kinderarzt eingeschaltet werden, der den Juckreiz adäquat (z. B. mit cortisonhaltigen Cremes) behandelt. Bereits aufgekratzte Stellen erfordern eventuell auch eine antibiotische Behandlung. Damit sich der Säugling nicht kratzt, sollten ihm die Eltern die Fingernägel kurz schneiden und kleine Fäustlinge aus Baumwolle über die Händchen ziehen. Anders als beim Gneis wird beim Milchschorf prinzipiell auch ein vorsichtiges Entfernen der Schuppen angeraten, um ein Abkratzen der juckenden Plaques vom Säugling von vorneherein zu verhindern.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 09/2020 ab Seite 98.
Gode Chlond, Apothekerin