Rheumatische Erkrankungen
PSORIASIS-ARTHRITIS
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Bei einer Psoriasis-Arthritis sind die Patienten nicht gleich an zwei verschiedenen Leiden erkrankt. Sondern es handelt sich bei den Gelenk- und Hautbeschwerden um Manifestationen ein- und derselben Krankheit. Meist beginnt die Psoriasis-Arthritis mit der Hauterkrankung, und die Beteiligung der Gelenke kommt erst – teilweise Jahre – später dazu. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Man geht davon aus, dass etwa 0,1 bis 0,2 Prozent der Bevölkerung betroffen sind – in Deutschland also 80 000 bis 160 000 Menschen.
Die Psoriasis Die Schuppenflechte zeigt sich wie eine typische Psoriasis auf der Haut und/oder an den Nägeln: Besonders an Knien und Ellenbogen, an der behaarten Kopfhaut oder am unteren Rücken bilden sich rote, mit silbrigen Schuppen bedeckte, scharf abgegrenzte, meist juckende Hautareale. Gelegentlich können sie auch an versteckten Körperregionen wie zwischen den Zehen oder in der Analfalte auftreten. An den Finger- und Zehennägeln können Flecken, Vertiefungen, Verfärbungen, Verdickungen und Deformierungen auftreten.
Die Arthritis Bei fünf bis fünfzehn Prozent aller Patienten – manche Wissenschaftler gehen von bis zu 30 Prozent aus – kommen mit der Zeit Manifestationen an den Gelenken dazu: Charakteristisch sind schmerzhafte, entzündliche Schwellungen von einzelnen Finger- oder Zehen(end)gelenken. Wenn alle Gelenke eines Fingers oder eines Zehs betroffen sind, werden sie wegen der quasi durchgehenden Schwellungen als Wurstfinger beziehungsweise Wurstzehen bezeichnet. Aber auch andere Gelenke, beispielsweise Knie, Sprung- oder Ellenbogengelenke oder auch die Gelenke im unteren Rücken können sich entzünden, was sich in einer Morgensteifigkeit äußern kann. Im Röntgenbild zeigen sich zunehmend Verwachsungen, Vorsprünge sowie eine Zerstörung der Gelenke. Ein Zusammenhang zwischen Ausmaß des Haut- und des Gelenkbefalls besteht nicht. Auch die Sehnenansätze können betroffen sein; Augenentzündungen können vorkommen. Darüberhinaus sind Patienten mit Psoriasis-Arthritis häufiger von weiteren Begleiterkrankungen betroffen: Dazu gehören kardiovaskuläre Erkrankungen, gastrointestinale Beschwerden, Depressionen und Angstgefühle sowie Diabetes.
Ursache weitgehend unklar Sicher ist, dass die Psoriasis-Arthritis von einer Fehlsteuerung des Immunsystems verursacht wird. Doch warum diese auftritt, ist weitgehend unklar. Offenbar kann eine genetische Veranlagung vererbt werden. Darüberhinaus sind Triggerfaktoren nötig, die die Krankheit zum Ausbruch bringen oder Schübe auslösen können. Diese scheinen individuell verschieden zu sein und umfassen so unterschiedliche Dinge wie Infektionen, psychische Belastungen, Verletzungen, hormonelle Faktoren und Umwelteinflüsse.
Therapie Die Therapie erfolgt interdisziplinär und sollte an den sehr variablen individuellen Verlauf angepasst werden. Generell setzt sie sich aus medikamentösen und nicht-medikamentösen Bauteilen zusammen. Zu den nicht-medikamentösen Bestandteilen gehören beispielsweise Physiotherapie, Wärme- und Kälteanwendungen, Balneo- oder auch Elektrotherapie. Im Alltag sind ein Rauchstopp, eine ausgewogene Ernährung mit Reduktion von Übergewicht und moderate Bewegung wichtig. Zur medikamentösen Therapie haben im letzten Jahr gleich zwei internationale Expertengremien neue Leitlinien vorgelegt. Die eine stammt von der EULAR (European League Against Rheumatism) und hat ihren Schwerpunkt auf den muskuloskeletalen Manifestationen der Erkrankung. Die andere wurde von der GRAPPA (Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis) erarbeitet und behandelt die dermatologischen Aspekte gleichberechtigt.
Über die Grundzüge der Therapie sind sich aber beide einig: Ziel ist es, durch die Kontrolle der Symptome und die Verhinderung von strukturellen Schäden die gesundheitsbezogene Lebensqualität zu verbessern. Um dies zu erreichen, sollen die körperliche Funktionsfähigkeit und die soziale Teilhabe normalisiert werden. Dafür ist es wichtig, die Entzündung zu beseitigen. Grundsätzlich sollte eine Remission oder zumindest eine möglichst geringe Krankheitsaktivität angestrebt werden. Hierzu ist der Therapieerfolg regelmäßig zu überprüfen. Ärzten und Patienten stehen drei verschiedene Klassen von Medikamenten zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf der Psoriasis-Arthritis positiv beeinflussen können, wobei sie bei den unterschiedlichen Manifestationen unterschiedlich gut wirksam sind.
Zu den sogenannten Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs (DMARDs) gehören die konventionellen DMARDs (cDMARDs; Methotrexat, Sulfasalazin, Leflunomid), biologische DMARDs (bDMARDs; TNF-alpha-Inhibitoren, IL-12/13-Antikörper, IL-17-Antikörper) sowie zielgerichtete synthetische DMARDs (tsDMARDs; PDE-4-Inhibitor). Zur Linderung von muskuloskeletalen Beschwerden werden nicht-steroidale Antirheumatika wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Diclofenac eingesetzt. Sie lindern zwar die Gelenkbeschwerden, sind bei Hautmanifestationen aber nicht wirksam. Bei aktiver Erkrankung sollten laut EULAR frühzeitig cDMARDs zum Einsatz kommen, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen oder vielleicht sogar zu verhindern.
Unterstützend können, vor allem bei wenigen betroffenen Gelenken, lokale Glukokortikoid-Injektionen verabreicht werden. Eventuell können Glukokortikoide in geringen Konzentrationen auch eingenommen werden. Lässt sich dadurch innerhalb von drei bis sechs Monaten kein ausreichendes Therapieansprechen erzielen oder wird das cDMARD nicht vertragen, so ist eine Umstellung auf ein anderes cDMARD zu erwägen. Alternativ kann direkt ein bDMARD in Betracht gezogen werden, in der Regel ein TNF-alpha-Inhibitor (Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab, Infliximab). Kommt ein TNF-alpha-Inhibitor nicht infrage, stehen als Alternativen der IL-12/23-Antikörper Ustekinumab und der IL-17-Antikörper Secukinumab zur Verfügung. Laut GRAPPA können Biologika in schweren Fällen auch ohne vorherige Gabe von cDMARDs eingesetzt werden. Unterschiedlich wird auch der PDE-4-Hemmer Apremilast bewertet: Während die GRAPPA durchaus Einsatzmöglichkeiten sieht, empfiehlt die EULAR seine Anwendung nur, wenn alle anderen Therapieoptionen ausgeschöpft sind.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/17 ab Seite 90.
Dr. rer. nat. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin