Repetitorium

PILZERKRANKUNGEN – TEIL 2 –

Zu den häufigen Pilzinfektionen zählt auch der Nagelpilz, der heute effektiv im Rahmen der Selbstmedikation behandelt werden kann. Allerdings ist dabei sehr viel Geduld gefragt.

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Jeder sechste Deutsche und jeder Zweite über 60 Jahre leidet an einer Nagelpilzinfektion. Eine Onychomykose (griech. onyx = Nagel), so der medizinische Fachbegriff, ist die häufigste Erkrankung des Nagels und macht bis zu 50 Prozent aller Nagelerkrankungen aus. Vor allem sind die Fußnägel betroffen, hier siedeln sich Pilze viermal häufiger als an den Nägeln der Finger an. Die Haupterreger sind bei beiden Mykosen die gleichen, also Dermatophyten, vor allem T. rubrum. Viel seltener lässt sich eine Onychomykose auf Hefen oder Schimmelpilze zurückführen.

Angriff auf den NagelPrinzipiell bilden neben einem intakten Immunsystem eine unverletzte Nagelplatte und ein gut durchblutetes Nagelbett eine effiziente Barriere vor einem Pilzangriff. Aufgequollene Nägel oder kleinste Mikrotraumen ermöglichen dem Pilz hingegen den Zugang. Wird ein bereits vorhandener Fußpilz nicht oder nur unzureichend behandelt, nutzen die Erreger solche Eintrittspforten. Darüber hinaus stellen die typischen Ansteckungsorte eines Fußpilzes auch charakteristische Infektionsquellen für einen Nagelpilz dar (z. B. Schwimmbäder, Saunen, Umkleideräume, Fitnessstudios, Böden in Hotelzimmern, häusliches Badezimmer, Leihschuhe). Ebenso sind die Personengruppen, die für Nagelpilzinfektionen prädestiniert sind, bei beiden Mykosen die gleichen. Allerdings entwickeln besonders ältere Menschen und Diabetiker eine Onychomykose.

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Zum einem vermag ihr geschwächtes Immunsystem dem Pilzangriff weniger Gegenwehr entgegenzusetzen. Zum anderen ermöglicht ihre oftmals geschädigte Hautbarriere den Erregern leichter einzudringen. Zudem ist vielfach die Durchblutung gestört und damit das Nagelwachstum verlangsamt, was mit einer erhöhten Infektionsgefahr einhergeht. Schließlich lösen im Alter häufig auftretende Fußanomalien und dadurch schlechtsitzende Schuhe kleine Verletzungen aus, die den Erregern den Weg in den Nagel bahnen. Unter Mikrotraumen und damit unter Nagelpilz leiden typischerweise auch sportlich aktive Menschen, da ihre Füße und Nägel in Sportschuhen extremen Druckbelastungen ausgesetzt sind. Vor allem sind die Nägel der großen und kleinen Zehen betroffen.

Vier Formen Abhängig von der Eintrittspforte des Pilzes in den Nagel unterscheidet man vier verschiedene Formen der Nagelpilzinfektion, die unterschiedlich gut behandelbar sind:

  • Distal subunguale Onychomykose (DSO): Bei dem am häufigsten vorkommenden Typus dringt der Erreger von vorne in den Nagel ein. Voraussetzung ist eine kleine Läsion, die dem Pilz ermöglicht, die schützende Hautbarriere zu überwinden. Er wandert unter der Nagelplatte in das Nagelbett ein. Im weiteren Verlauf der Infektion wird die Unterseite der Nagelplatte angegriffen, wodurch es als sichtbares Zeichen der Erkrankung zu Verfärbungen und brüchigen Stellen in der Nagelplatte kommen kann.
  • Proximal subunguale Onychomykose (PSO): Hier dringt der Erreger an der Unterseite des Nagelwalls, also zwischen dem nicht intakten Nagelhäutchen und der Nageloberfläche im Bereich des Halbmondes in das Nagelbett ein. Da die Pilze durch den wachsenden Nagel eingeschlossen werden, sind sie nur schwer behandelbar und lösen die schwerste, aber auch seltenste Erkrankungsform aus.
  • Weiße oberflächliche Onychomykose (WOO): Bei dieser Erscheinungsform befallen die Pilze lediglich die schon vorgeschädigte Nagelplatte. Sie dringen nicht in den Nagel ein, sondern bilden ein weißliches Schlierenmuster, das einfacher als die beiden anderen Verlaufsformen der Nagelmykose zu bekämpfen ist.
  • Candida-Onychomykose oder – Paronchie: Aufgrund einer chronischen Entzündung des Nagelwalls gelingt es Hefen, über die Nagelwälle unter den Nagelfalz einzudringen und schließlich die gesamte Nagelplatte zu befallen.

Therapie unerlässlichNagelpilz macht sich in der Regel durch eine Verdickung der Nagelplatte bemerkbar. Sie verfärbt sich gelblich bis bräunlich, wird brüchig und bröckelt schließlich beim Nagelschneiden ab. Nicht immer wird die Nagelveränderung als Pilzerkrankung wahrgenommen. Allerdings kann es auch schwierig sein, eine Onychomykose eindeutig zu erkennen. Beim ersten Auftreten oder in Zweifelsfällen bei ungewöhnlichem Erscheinungsbild ist der Gang zum Arzt empfehlenswert, um die Pilzinfektion von anderen Ursachen, die auch zu Veränderungen am Nagel führen können (z. B. Schuppenflechte, Ekzeme), abzugrenzen.

Idealerweise sichert der Arzt seine Diagnose durch Anlegen einer Pilzkultur, wobei das Ergebnis bis zu vier Wochen auf sich warten lassen kann. Wird ein Nagelpilz nicht rechtzeitig behandelt, erhält der Pilz die Chance, sich weiter auszudehnen. Es besteht nicht nur die Gefahr, dass der befallene Nagel vollständig zerstört wird, auch können weitere Hautareale infiziert oder andere Personen angesteckt werden. Eine Therapie ist unbedingt erforderlich, da die Onychomykose eine Infektionskrankheit ist, bei der es keine Spontanheilung gibt. Je länger der Pilz unbehandelt bleibt, desto schwieriger und langwieriger gestaltet sich die Behandlung.

Bei einer rasch eingeleiteten Therapie ist in vielen Fällen die alleinige Anwendung lokal applizierbarer Antimykotika ausreichend. In fortgeschrittenen Krankheitsfällen ist eine Kombination mit systemischen Substanzen erforderlich. Als Faustregel kann man sagen, dass eine Selbstmedikation mit topischen Antimykotika möglich ist, wenn weniger als zwei Drittel der Nagelplatte und maximal drei Nägel infiziert sind. Ist die Nagelmatrix (weißer Halbmond) und damit die Wachstumszone betroffen, muss der Arzt eingeschaltet werden, der zusätzlich innerlich einzunehmende, rezeptpflichtige Antimykotika verordnet.

Zugelassene Wirkstoffe für die systemische Therapie einer Onychomykose sind Terbinafin, Fluconazol, Itraconazol und Griseofulvin. Substanzabhängig existieren unterschiedliche Dosierungsregime (täglich, wöchentlich oder Pulstherapie). Ebenso variiert die Anwendungsdauer (zwischen drei bis zwölf Monaten). Die Heilungsraten lassen sich mit einer topisch-systemischen Kombinationstherapie erheblich steigern, weil die verschiedenen Applikationsformen auf unterschiedlichen Wegen an den Wirkort gelangen. Während die Topika direkt von außen in das Nagelkeratin eindringen, erreichen orale Therapeutika den Nagel von innen über das Nagelbett und über die Matrix durch Diffusion aus den Kapillargefäßen.

Viel Geduld erforderlich Bei einer Nagelpilztherapie ist Ausdauer gefragt. Infizierte Nägel müssen so lange behandelt werden, bis sie vollständig gesund nachgewachsen sind. Und das kann aufgrund des sehr langsamen Nagelwachstums dauern. Je nach Befallsgrad und Geschwindigkeit des Nagelwachstums sind an den Fingern bis zu sechs und an den Füßen neun bis zwölf Monate realistisch. Bei älteren Menschen ist aufgrund des extrem langsamen Nagelwachstums sogar meist noch eine längere Behandlung erforderlich. Hat der Arzt eine systemische Therapie für notwendig erachtet, darf dennoch nicht auf die lokale Applikation verzichtet werden. Sie wird parallel weitergeführt, da eine ausschließliche orale Behandlung keine ausreichenden Heilungsraten erzielt. Zudem ist ein vorliegender Fußpilz immer konsequent mitzubehandeln, damit dieser nicht eine Ansteckungsquelle für die Nägel bleibt.

Lokale Basistherapie Während bei der lokalen Behandlung eines Fußpilzes unter einer Vielzahl an antimykotischen Substanzen und Darreichungsformen gewählt werden kann, sind beim Nagelpilz topisch applizierbare Nagellacke mit Amorolfin oder Ciclopirox Mittel der Wahl. Cremes, Gele, Lösungen oder Sprays vermögen nicht in die Nagelplatte einzudringen und ausreichende Wirkstoffkonzentrationen an den Infektionsherd zu transportieren. Bei wasserlöslichen Lacken ermöglicht eine besondere Galenik den Transport des Wirkstoffs tief in den Nagel, bei wasserunlöslichen Lacken gelingt die Penetration des Antimykotikums durch Okklusion.

Beide Wirkstoffe sind prinzipiell gegen alle in Frage kommenden Erreger wirksam, wobei Ciclopirox das breitere Wirkspektrum umfasst. Amorolfin erzielt fungistatische bis fungizide Effekte, Ciclopirox wirkt fungizid und sporozid. Eine Alternative stellen hochprozentige Harnstoffsalben (mit und ohne Antimykotikum) dar, mit denen der infizierte Nagel atraumatisch aufgelöst und anschließend abgetragen wird. Eine geeignete antimykotische Therapie schließt sich an. Ein Nagelziehen gilt heute als obsolet, da es nicht nur sehr schmerzhaft ist, sondern die nachwachsenden Nägel oftmals mit Wachstumsstörungen reagieren.

Pilzinfektionen vermeiden

Auch nach einer erfolgreichen Behandlung gilt es, verschiedene Verhaltensmaßnahmen zu beachten, um erneuten Infektionen an den Nägeln vorzubeugen:

+ Tragen von Badeschuhen in öffentlichen Bädern, Saunen oder Umkleiden
+ Eigene Handtücher verwenden
+ Tägliches Wechseln der Handtücher und Strümpfe
+ Waschen pilzinfizierter Strümpfe und Handtücher bei mindestens 60° C oderpilzabtötende Spezialwaschmittel verwenden
+ Füße zwischen den Zehenzwischenräumen gut trocknen
+ Sorgfältige Fußpflege, dabei auf Verletzungen oder Pilzbefall kontrollieren und eventuellen Fußpilz sofort therapieren
+ Auch innerhalb der Familie keine gemeinsamen Waschutensilien oder Nagelpflegesets verwenden
+ Einmalfeilen benutzen, Nagelschere/-knipser nach Gebrauch desinfizieren
+ Strümpfe und Schuhe aus atmungsaktiven Materialien tragen (Baumwollstrümpfe, Wollstrümpfe, Lederschuhe)
+ Enges und schlechtsitzendes Schuhwerk vermeiden
+ Durchblutungsfördernde Maßnahmen regelmäßig durchführen (z. B. Fußgymnastik, Massieren der Nägel, Wechselbäder)

Wasserfeste Lacke Während Amorolfin nur als wasserfester Nagellack zur Verfügung steht, existieren mit Ciclopirox sowohl wasserfeste als auch wasserlösliche Formulierungen. Wasserfeste Lacke mit Amorolfin erzeugen so hohe Wirkstoffkonzentrationen im Nagel, dass der Lack nur einmal wöchentlich aufgetragen werden muss. Ciclopirox-haltige wasserfeste Lacke benötigen eine häufigere Applikation. Je nach Präparat variiert diese von einmal täglich über den gesamten Behandlungszeitraum bis zu anfänglich jeden zweiten Tag und später nur noch einmal wöchentlich. Das selten erforderliche Auftragen schätzen insbesondere diejenigen, die zwischendurch ihre Nägel für einige Tage farbig lackieren möchten.

Zudem können die Nägel mit Wasser in Berührung kommen, ohne dass der Lack seine Wirkung verliert, was vor allem bei einem Befall der Fingernägel vorteilhaft sein kann (z. B. Händewaschen). Nachteil der wasserfesten Textur ist aber die Notwendigkeit, Reste der Lackzubereitung während des Behandlungszeitraums regelmäßig mit Alkoholtupfern oder Nagellackentferner zu beseitigen, um ein gutes Haften des Lacks und Eindringen des Wirkstoffes in die Nagelplatte zu ermöglichen. Zudem erfordern die meisten Präparate ein Anrauen der Nagelplatte beziehungsweise ein Abfeilen zerstörten Nagelmaterials (Einmalfeile).

Dabei schlagen die Präparate etwas voneinander abweichende Prozedere vor. Bei wasserfesten Lacken mit Amorolfin ist vor jedem Neuauftrag (also einmal wöchentlich) eine Entfernung der alten Lackschicht mit Alkoholtupfern notwendig. Zudem müssen die Nägel vor der ersten Anwendung und dann bei Bedarf wieder vor erneutem Lackieren angefeilt werden. Wasserfeste Lacke mit Ciclopirox sehen ebenfalls die wöchentliche Entfernung von Lackresten mit Alkoholtupfern beziehungsweise Nagellackentferner vor, während ein Anfeilen mal als wöchentlich erforderlich und mal als nicht zwingend erachtet wird.

Allerdings wird dann ein Abtragen des erkrankten Nagelgewebes mit Schere oder Knipser angeraten. Auf jeden Fall ist dabei darauf zu achten, das pilzinfizierte Nagelmaterial nicht im ganzen Bad zu verstreuen (Ansteckungsgefahr). Auch wenn die Behandlung etwas umständlich ist, bewerten einige Experten das Abtragen von Nagelmaterial als besonders erfolgsversprechend. Durch die Prozedur können gelbe Streifen innerhalb eines befallenden Nagels, in denen sich Sporen angesammelt haben, geöffnet und einer Therapie zugänglich gemacht werden.

Wasserlösliche Lacke Da die Behandlung mit wasserfesten Lacken zeitraubend ist und zudem eine gewisse Geschicklichkeit bedarf, die ältere Menschen oft nicht mehr aufweisen, können wasserlösliche Lacke mit Ciclopirox eine gute Alternative sein. Bei diesen entfallen ein vorheriges Feilen und Reinigen des Nagels. Überschüssiger Lack wird beim Duschen einfach abgewaschen. Damit ist die Anwendung unkompliziert und bequem, was die Compliance steigert. Den Betroffenen fällt es leichter, die Therapie konsequent in ihre tägliche Routine zu übernehmen und somit die lange erforderliche Behandlungsdauer durchzuhalten.

Der Lack wird einmal täglich aufgetragen, vorzugsweise vor dem Schlafengehen, damit der Wirkstoff über Nacht die Gelegenheit bekommt, gut in den Nagel einzudringen und seinen Wirkort zu erreichen. Zudem wird empfohlen, auch den Nagelfalz zu bepinseln, um so auch potenzielle Eintrittspforten zu behandeln. Eine patentierte Lacktechnologie mit Hydroxypropylchitosan (HPCH) ermöglicht nicht nur die tiefe Penetration des Wirkstoffs in den Nagel, sie stabilisiert darüber hinaus die brüchige und unebene Nagelstruktur. Ciclopirox ist zudem aufgrund seines Wirkmechanismus in der Lage Sporen abzutöten.

Hochprozentige Harnstoffsalben Sie werden täglich dick auf den Nagel aufgetragen und mit einem Pflaster abgeklebt. Unter dem Okklusivverband weichen infizierte Nagelbereiche auf, während die gesunde Hornsubstanz erhalten bleibt. Abhängig von der Dicke des Nagels und dem Ausmaß des Pilzbefalls löst sich der erkrankte Nagelteil nach ein bis drei Wochen vom Nagelbett ab und kann entfernt werden.

Im Anschluss wird mit antimykotischen Nagellacken oder Cremes weiterbehandelt, um die Pilzinfektion nachhaltig zu bekämpfen und das Nachwachsen gesunder Nagelsubstanz zu garantieren. Es existieren auch Harnstoffsalben, die gleichzeitig Bifonazol als Antimykotikum enthalten. Hier weicht der Harnstoff den Nagel auf, sodass der fungizide Wirkstoff zugleich gut eindringen kann. Vorteil ist, dass damit das abgelöste Nagelmaterial nicht mehr infektiös ist. Das Abschilfern der infizierten Nagelsubstanz sollte durch Feilen unterstützt werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2021 ab Seite 86.

Gode Chlond, Apothekerin

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