Die Tataren-Aster enthält den Arzneistoff Astin nur, wenn sie den Pilz Cyanodermella asteris beherbergt. © Christiane Henno

Symbiose | Arzneipflanze

OHNE PILZ KEIN WIRKSTOFF

Die Tatarenaster enthält den Wirkstoff Astin, der in der traditionellen chinesischen Medizin zum Einsatz kommt und ein potenzieller Kandidat für die Krebsforschung darstellt. Forscher fanden jetzt heraus, dass die Pflanze den Stoff gar nicht selbst herstellt, sondern ein winzig-kleiner Bewohner ihrer Blüten

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Cyanodermella asteris heißt der Pilz, der im Gewebe der Blütenstände von Aster tataricus, der Tataren-Aster lebt und den Wirkstoff Astin produziert. Lange Zeit schrieb man die Produktion der Pflanze selbst zu. Das internationale Team um Dr. Thomas Schafhauser und Professor Wolfgang Wohlleben von der Universität Tübingen, sowie Dr. Linda Jahn, Professorin Jutta Ludwig-Müller und Professor Karl-Heinz van Pée von der Technischen Universität Dresden haben nun allerdings herausgefunden, dass der Inhaltsstoff Astin lediglich dann in der Pflanze nachzuweisen ist, wenn sie vom Cyanodermella-Pilz besiedelt ist. Diesen Bewohner konnten die Forscher isolieren und in einer Studie zeigen, dass er sogar unabhängig von seiner Wirtspflanze in einer Nährlösung gezüchtet werden kann. Diese Entdeckung könnte einiges in der Nutzung von Astin ändern.

Denn die Nutzung von Arzneipflanzen birgt einige Risiken. Zum einen gefährdet Wildsammlung den Bestand und greift in das empfindliche Ökosystem ein. Andererseits können geerntete angebaute Pflanzen unterschiedliche Anteile an Inhaltsstoffen aufweisen, trotz standardisierter Anbauverfahren. Dazu kommen die lange Wachstumsphase und der Ressourcenverbrauch. „Ziel ist daher vielfach, wie auch bei den Astinen, eine kostengünstige biotechnologische Produktion“, sagt Dr. Thomas Schafhauser. Und das könnte nun großindustriell umsetzbar sein. „Für die Entwicklung eines biotechnologischen Verfahrens muss man die beteiligten Gene und den Stoffwechselweg kennen, über den ein Naturstoff gebildet wird“, sagt der Wissenschaftler. Es zeigte sich, dass die chemische Struktur von Astin ungewöhnlich komplex ist, wie es bei von Pilzen produzierten Stoffen häufiger der Fall ist.

Der isolierte Pilz Cyanodermella asteris zeigte sich ungemein produktionsfreudig in seinem Nährmedium. Zudem konnten die Wissenschaftler sein Genom entschlüsseln und damit auch die Abschnitte, die für den Aufbau von Astin zuständig sind. Damit seien alle wichtigen Voraussetzungen gegeben, entsprechende biotechnologische Verfahren für die kommerzielle Nutzung zu entwickeln.
Doch im Zusammenspiel mit der Pflanze konnte der Pilz auch die Variante Astin A produzieren, was er in der Nährlösung nicht konnte. „Wir gehen davon aus, dass Pilz und Pflanze hier im Sinne einer Symbiose zu beiderseitigem Vorteil zusammenarbeiten und die Pflanze ein Signal zur Herstellung des Astins A gibt oder selbst das Astin aus dem Pilz weiterverarbeitet“, erklärt Dr. Linda Hahn. Welchen Zweck beide Symbiosepartner daraus ziehen, sei noch unklar. Auch inwieweit andere Arten solche Stoffwechselwege nutzten, sei noch nicht ausreichend erforscht. „Möglicherweise sind sie stark verbreitet, aber darüber wissen wir bisher zu wenig“, sagt die Wissenschaftlerin.

Farina Haase,
Apothekerin/Redaktion

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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