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Gesundheitspolitik

NEUES JAHR, NEUE REGELN

Der Gesundheitsminister hat bereits gezeigt, dass er bekannte Probleme anpacken will. Und es gibt einiges zu tun: Zweiklassenmedizin, Pflegenotstand, Digitalisierung, um nur einige Aspekte zu nennen. Was ist für 2019 geplant?

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Im Mittelpunkt der Reformen steht der Beitragszahler. Er soll ab 2019 entlastet, unterstützt und digital vernetzt werden. Außerdem soll er besser vor Arzneimittelfälschungen geschützt werden und schneller einen Termin beim Arzt erhalten. Das bedeutet im Detail:

Deutschland soll im digitalen Zeitalter ankommen. Mit dem 15. SGB V-Änderungsgesetz werden die Krankenkassen zur Ausgabe einer elektronischen Gesundheitskarte mit kontaktloser Schnittstelle verpflichtet. Versicherten wird damit der Zugriff auf die Telematikinfrastruktur ermöglicht. Ab 1.1.19 werden damit nur noch sogenannte G2-Karten akzeptiert.

Skandale um Rückrufe und gefälschte Arzneimittel sollen sich nicht noch einmal in dieser Form wiederholen. „Valsartan“ und „Lunapharm“ sind wohl die Schlagworte des vergangenen Sommers und tragen ihren Teil an den neuen Regelungen zur verbesserten Arzneimittelsicherheit bei. So dürfen zum einen ab dem 9. Februar 2019 EU-weit nur noch verschreibungspflichtige Medikamente mit entsprechenden Sicherheitsmerkmalen in Umlauf gebracht werden (Securpharm-Projekt).

Zum anderen erhält der Bund mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) voraussichtlich ab Juli 2019 mehr Befugnisse in der Überwachung von Arzneimitteln, Transfusionslösungen, Betäubungsmitteln und der Zytostatika-Versorgung. Dazu sind verschiedene Änderungen unter anderem im Grundstoffüberwachungs-, Arzneimittel- oder Medizinproduktegesetz notwendig.

Auf der Liste der guten Vorsätze stehen 2019: Reformen, Reformen, Reformen

Alle Versicherten sollen schneller Arzttermine erhalten. Egal ob privat oder gesetzlich versichert, Land- oder Stadtbewohner: Alle sollen eine qualitativ gute, dabei gleichzeitig gut erreichbare medizinische Versorgung erhalten. Verspricht zumindest das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das ab 1. April 2019 Inkrafttreten soll.

Ein Ende des Fachkräftemangels in Krankenhaus- und Altenpflege. Diesen November ist im Deutschen Bundestag das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) beschlossen worden. Gesundheitsminister Jens Spahn sagte dazu: „Wir halten Wort. Mit der Verabschiedung des Pflege-Sofortprogramms heute im Deutschen Bundestag lösen wir das Versprechen an alle Pflegekräfte in Deutschland ein, ihren Berufsalltag konkret zu verbessern. Ab dem 1. Januar 2019 können Krankenhäuser und stationäre Pflegeeinrichtungen neues Pflegepersonal einstellen. Denn wir stellen sicher, dass die Krankenkassen 13 000 Pflegestellen in der Altenpflege und jede zusätzliche Pflegestelle im Krankenhaus finanzieren.“

Der große Anteil pflegebedürftiger Menschen muss finanziert werden. Es hat alles Vor- und Nachteile. Zwar sind mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs die Leistungen der Pflegeversicherung verbessert worden. Doch da dies mehr Menschen betrifft als zunächst gedacht, müssen jetzt die Mehrausgaben gedeckt werden. Das bedeutet: Ab dem 1. Januar 2019 wird der Beitrag zur Sozialen Pflegeversicherung auf 3,05 Prozent beziehungsweise für Kinderlose ab dem 23. Lebensjahr auf 3,3 Prozent steigen. Das 5. SGB XI-Änderungsgesetz (Beitragssatzanpassung SGB XI) macht es möglich.

Die Parität kommt. Gleichzeitig zum SGB XI-Änderungsgesetz wird der Steuerzahler aber auch wieder entlastet. Denn ab sofort zahlt der Arbeitgeber die Hälfte des kompletten Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung. Bis vor kurzem betraf dies noch nicht den Zusatzbeitrag, der bei durchschnittlich 1,0 Prozent liegt. Die Krankenkassen werden zusätzlich dazu angehalten, den Zusatzbeitrag zu senken, um Finanzpolster abzuschmelzen. Durch das Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) wird eine Entlastung von 6,9 Milliarden Euro prophezeit. Jens Spahn dazu in einem Interview mit der BILD: „Die Krankenkassen horten weiter das Geld der Beitragszahler. Sie haben inzwischen das Vierfache der Mindestreserven auf der hohen Kante. Das ist einfach zu viel.“

Mehr Transparenz bei Medizinprodukten (?) Ende letzten Jahres wurde mit den „Implant Files“ noch einmal für einen richtigen Knall gesorgt (lesen Sie dazu auch den Artikel ab Seite 32). Darauf musste die Politik natürlich reagieren. Ein unabhängiges Register soll mehr Transparenz schaffen. Im Nachgang kam jedoch heraus, dass das Register bereits auf EU-Ebene beschlossen wurde, also keine große Neuerung darstellt. Mehr Sicherheit soll zudem die neue EU-Verordnung bringen, die 2020 voll umgesetzt sein wird, Experten kritisieren jedoch, dass die Verordnung nicht weit genug gehe. Es scheint, dass dieses Jahr voraussichtlich nicht mehr mit konkreten Gesetzesmaßnahmen gerechnet werden kann.

Werden vorgeburtliche Bluttests auf Trisomie 21 Kassenleistung? Es ist keine einfache Frage. Denn dahinter verbirgt sich eine große Ethikdebatte. Grund ist die Diskussion des GBA, bestimmte Bluttests, die mit Hilfe einer mütterlichen Blutprobe das Risiko für Trisomie 21 beim ungeborenen Kind sicher bestimmen können, auch von der Krankenkasse bezahlt werden. Im Mittelpunkt der Diskussion steht das Recht und die Mitbestimmung auf Leben und das Risiko einer möglichen Selektion ungeborenen Lebens. Eine Entscheidung des Bundestages steht derzeit noch aus.

Ist jeder bald von Geburt an Organspender? Im Jahr 2017 ist mit knapp 800 Organspendern in Deutschland ein Tiefstand erreicht worden. Da für viele schwerkranke Menschen nur noch eine Organspende lebensrettend sein kann, soll die Bereitschaft zur Spende bei den Deutschen erhöht werden. Doch was tun, wenn Aufklärung, Informations- und Werbekampagnen die Menschen nicht mehr erreichen? Jens Spahn bringt die Möglichkeit der sogenannten doppelten Widerspruchslösung ins Spiel.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/19 ab Seite 24.

Farina Haase, Apothekerin/Redaktion

Mehr zu den Hintergründen und weitere geplante Neuerungen im Sozialsystem finden Sie online auf www.diepta.de

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