Gramnegative Stäbchenbakterien unter dem Elektronenmikroskop
Vor allem gramnegative Bakterien wie diese Enterobakterien gehören zu den Problemkeimen. © ktsimage / iStock / Getty Images Plus

Bakterielle Infektionen | Resistenzen

NEUES ANTIBIOTIKUM IN SICHT

Neue Antibiotika werden händeringend gebraucht, denn weltweit entstehen durch zunehmende Resistenzen ernsthafte Probleme. Schweizer Forschern ist nun die Entdeckung einer neuen Antibiotika-Familie gelungen.

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Noch ist das Leitmolekül POL7306 in der präklinischen Phase, aber die Entwicklung gibt Anlass zur Hoffnung. Das meint zumindest Daniel Olbrecht, Chief Scientific Officer beim teilnehmenden Medizin-Startup Polyphor und Co-Studienleiter an der Universität Zürich. Das neue Medikament verfügt über einen einzigartigen Wirkmechanismus: Es blockiert den Aufbau der äußeren Membran und tötet so gramnegative Bakterien effektiv ab.

Schon länger schlägt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Alarm: Insbesondere die oben erwähnten gramnegativen Bakterien sind nämlich zunehmend gegen herkömmliche Carbapenem- und Cephalosporin-Antibiotika resistent. Die Erreger können schwere, teils lebensbedrohliche Infektionen wie Lungen- oder Hirnhautentzündungen, Wundinfekte oder Blutvergiftungen verursachen. Die letzte „passende“ Antibiotikaklasse wurde 1960 entwickelt – neue Arzneistoffe werden daher dringend benötigt. Zumal jetzt auch weltweit die Resistenzen gegen das Reserve-Antibiotikum Colistin zunehmen.

Die Neuentwicklung interagiert mit Proteinen der Bakterien-Außenmembran. Nachdem der Wirkstoff dort andockt, wird die Bakterienmembran zerstört und die Zellen platzen. Denn die Außenmembran ist für Bakterien überlebenswichtig: Sie schützt vor toxischen Umweltfaktoren und damit eigentlich auch vor Antibiotika. „Trotz ihrer Bedeutung zielen keine der bisher klinisch eingesetzten Antibiotika auf Schlüsselproteine, die für die Biogenese der Außenmembran erforderlich sind“, sagt John Robinson vom Institut für Chemie der Universität. Die Wissenschaftler entdeckten eine ganze Antibiotikafamilie, die mit den Proteinen der Bakterien-Außenmembran interagieren. Sie binden einerseits an fettähnliche Membrankomponenten – den Lipopolysacchariden – und andererseits an das Membranprotein BamA, das für den Aufbau der äußeren Hülle von gramnegativen Bakterien essenziell ist. BamA ist nämlich Hauptbestandteil des sogenannten ß-Faltkomplexes, der für die Synthese der Außenmembran benötigt wird. Wird also dieses Schlüsselprotein eliminiert, kann auch das Bakterium nicht weiterbestehen. Eine klinische Phase-I-Studie sei nun in Planung.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Deutsches Gesundheitsportal

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