Der neue Impfstoff ist in der Lage, sowohl die Bildung von „ungesunden" Tauklumpen als auch die Ausbreitung der bereits gebildeten Klumpen zu bekämpfen. © MarianVejcik / iStock / Getty Images Plus

Alzheimer | Impfung

NEUER IMPFSTOFF IN REICHWEITE?

Das Erinnerungs- und Orientierungsvermögen verschlechtert sich und oft sind auch Veränderungen im Verhalten und in der Persönlichkeit des Betroffenen zu erkennen. Die Diagnose: Alzheimer. Die neuen Ergebnisse der Phase-II-Studie für AADvac1 des Biotech-Unternehmens Axon Neuroscience könnten ein Durchbruch hinsichtlich einer Impfmöglichkeit gegen Alzheimer sein. Für eine klinische Entwicklung gilt es nun einen geeigneten Partner zu finden.

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Die randomisierte, doppelblinde und placebokontrollierte Studie wurde mit Patienten bei leichtem Alzheimer erhoben. Innerhalb der Untersuchung lag das primäre Ziel auf der Sicherheit. Sekundäre Ziele waren neben der Immunogenität auch die Wirksamkeit, die mittels klinischer Ergebnisse und wichtiger Biomarker herausgefunden werden sollten. Hierfür wurde bei 196 Probanden aus acht europäischen Ländern über einen Zeitraum von 24 Monaten AADvac1 untersucht, um die krankheitsmodifizierende Wirkung des Impfstoffs zu belegen und die Gestaltung zukünftiger Bestätigungsstudien zu unterstützen.

Wirft man einen Blick auf die Ergebnisse, so wird deutlich, dass der Impfstoff AADvac1 als sicher und gut verträglich eingestuft werden kann. Es konnte kein Unterschied bei der Häufigkeit und Art von unerwünschten Ergebnissen festgestellt werden, weder in der Experimental- noch in der Kontrollgruppe. Es wurde bereits in früheren klinischen Studien das allgemeine gute Sicherheitsprofil von AADvac1 festgestellt und belegt

Bei der Entstehung von Alzheimer spielt das „ungesunde Tau“ eine große Rolle. AADvac1 nutzt das Immunsystem, um gegen dieses „ungesunde Tau“ spezifische Antikörper zu bilden. Die Ergebnisse der Phase-II-Studie zeigten nun, dass die Behandlung mit dem Impfstoff als hochwirksam bei der Induktion einer Immunantwort eingestuft werden kann. 98,2 Prozent der Patienten erzeugten Antikörper gegen pathologisches Tau. Aber noch einmal zurück zu den Tau-Proteinen. Diese sind nämlich für eine gesunde und normale Funktion des Gehirns essentiell. Werden sie durch Trunkation pathologisch, beginnt die Alzheimer-Erkrankung. Die ungesunden Tau-Proteine verändern letztlich die Struktur und die Funktion, indem sie sich aneinander binden und so verklumpen. Diese wiederum breiten sich im Anschluss dann im Gehirn aus. Die Verteilung dieser Klumpen zeigt eine starke Korrelation mit klinischen Symptomen bei Patienten.

Eine signifikante Wirkung wurde vor allem auf die Neurodegeneration und den neuronalen Verlust festgestellt: Um diesen Wert zu ermitteln, wurde im Blut die Neurofilament-Leichtkette (NfL) gemessen. Bei NfL handelt es sich um einen Biomarker, der die Auswirkungen auf die Neurodegeneration bei Patienten mit Alzheimer, Multipler Sklerose und anderen neurologischen Erkrankungen verfolgt und überwacht. Die Ergebnisse zeigen nun, dass der erwartete Anstieg von NfL durch die Behandlung mit dem Impfstoff deutlich verlangsamt ist. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das eine Veränderung von 12,6 Prozent vom Ausgangswert aus gegenüber 27,7 Prozent bei Patienten mit Placebo. Die Ergebnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass der Impfstoff das Fortschreiten des neurodegenerativen Prozesses auf ein Niveau verlangsamt, das in der Regel eher bei gesunden Personen beobachtet wird.

Neben dieser positiven Erkenntnis konnten die Forscher weitere wichtige Aspekte feststellen. Es wurde eine Reduktion von drei für die Cerebrospinalflüssigkeit bei Alzheimer-Patienten spezifischen Biomarkern beobachtet. Darunter befanden sich zwei Varianten von pathologischem Tau. Aufgrund dieser Erkenntnisse lässt sich schlussfolgern, dass AADvac1 das Fortschreiten der Tau-Pathologie verlangsamt. Bei jüngeren Probanden wurden zudem positive Signale für die kognitiven Endpunkte beobachtet. Diese Erkenntnis wurde daraus gezogen, dass die Summe von angekreuzten Kästchen, einer Untersuchung des geistigen Zustands sowie der Aktivitäten des täglichen Lebens bewertet wurden.

Was aber ist jetzt neu an diesem Impfstoff? AADvac1 ist in der Lage, sowohl die Bildung von „ungesunden" Tauklumpen als auch die Ausbreitung der bereits gebildeten Klumpen zu bekämpfen. Außerdem kann der Impfstoff einen Unterschied zwischen normalem und ungesundem Tau ausmachen. Das bietet letztlich die Sicherheit, dass ausschließlich schädliche Tau angegriffen werden. AADvac1 soll in der Lage sein, die Erkrankung auch in ihren präsymptomatischen Stadien bekämpfen zu können, die bereits 10 bis 20 Jahre vor dem Auftreten der ersten klinischen Symptome beginnen.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Apotheke adhoc

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