Auf dem Neptungras haben die Forscher besonders viele Planctomyceten gefunden. © Damocean / iStock / Getty Images Plus

Antibiotika | Bakterien

NEUE QUELLE ENTDECKT

Während manche Bakterien große Beachtung finden, leben andere eher im Abseits, bislang. Denn Mikrobiologen der Uni Jena haben nun Bakterien aus dem Meer kultiviert, die das Potenzial haben, als Wirkstoffquelle für neue Antibiotika zu dienen.

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Professor Dr. Christian Jogler und sein Team von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena haben mit Hilfe von Tauchrobotern und wissenschaftlichen Tauchern an zehn Orten Proben genommen, unter anderem im Schwarzen Meer, im Atlantik, im Mittelmeer und in der Nord- und Ostsee. Ziel der Forscher war ganz klar Planctomyceten.

„Wir wissen, dass Planctomyceten in Gemeinschaften mit anderen Mikroorganismen leben und mit diesen um Lebensraum und Nährstoffe konkurrieren“, so Jogler. Aus diesem Grund haben die Forscher die Vermutung, dass diese Bakterien im Laufe der Zeit biochemische Überlebensstrategien entwickelt haben, die auch unter pharmakologischen Aspekten interessant wären. Nicht alle Mikroorganismen haben die gleiche Fähigkeit, um Antibiotika zu produzieren. „Sie ist vor allem in Mikroorganismen mit komplexen Lebensweisen zu finden, einer ungewöhnlichen Zellbiologie und großen Genomen“, erklärt Jogler.

Die Wissenschaftler haben es geschafft, insgesamt 79 neue Planctomyceten in Reinkultur zu bringen. Diese Arbeit ist von unermesslichem Wert, wenn man bedenkt, dass 99 Prozent der bereits bekannten Bakterienarten als unkultivierbar eingestuft sind und somit für die Erforschung und auch Entwicklung neuer Antibiotika nicht verwendet werden können. „Zusammen bilden diese Reinkulturen 31 neue Gattungen und 65 neue Arten“, so Dr. Sandra Wiegand.

Die neu gefundenen Arten wurden im Anschluss von den Forschern charakterisiert. Ebenfalls untersucht wurde das Potenzial der neuen Funde, Antibiotika zu produzieren genauso wie die Prozesse der zellulären Signalverarbeitung. Dies stellt für die Forscher ein Maß für die Komplexität der mikrobiellen Lebensweise dar und ist für die Wissenschaftler ein weiterer Hinweis auf eine Antibiotikaproduktion. „Die Ergebnisse dieser Analysen belegen, dass die neu gewonnenen Planctomyceten außergewöhnlich komplexe Lebensweisen besitzen und über das Potenzial verfügen, neue Antibiotika produzieren zu können“, so Wiegand. Weiterhin spannend bleibt auch die Tatsache, dass sich die Planctomyceten ganz anders teilen als alle anderen kritischen pathogenen Bakterien, erklärt Jogler ergänzend.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Pharmazeutische Zeitung


Originalpublikation: DOI: 10.1038/s41564-019-0588-1

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