Eine Frau mit Brille reibt sich Stirn und Augen vor Kopfschmerz
Ist die Neigung zu Migräne eine Nebenwirkung der Evolution? Eine Studie des Max-Planck-Institutes legt diese These nahe. © Ion Chiosea / 123rf.com

Evolution | Genforschung

NEBENWIRKUNG: MIGRÄNE

Nein, es gibt immer noch kein ultimatives Heilmittel gegen die Migräne. Aber die Wissenschaft ahnt jetzt jedenfalls, woher die Krankheit stammt.

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Migräniker kennen das: Jener einseitige, glühende Schmerz mitten im Gehirn, bei dem jeder Lichtstrahl schmerzt, der sämtliche Tagesaktivitäten lahmlegt und der einer besonders grausamen Foltermethode ähnelt. Dass Stress, Hormonschwankungen oder bestimmte Lebensmittel einen Anfall triggern können, ist bekannt. Aber so richtig auf die Spur gekommen ist man der neurologischen Erkrankung, der ein Entzündungsprozess im Kopf zugrunde liegt, noch nicht. Warum leidet der eine unter diesen heftigen Attacken, der andere aber bleibt sein Leben lang davon verschont?

Beispielsweise Europa und Amerika: Hier ist die Migräne viel stärker verbreitet als in Afrika oder Asien. Im Fachmagazin „Plos Genetics“ berichten Forscher nun, dass eine genetische Variante, die eine wichtige Rolle bei der Anpassung an kälteres Klima spielt, auch mit Migräne in Verbindung gebracht wird. Die kühne Schlussfolgerung: Als unsere Vorfahren den warmen afrikanischen Kontinent verließen und sich auch in kälteren Gefilden niederließen, half ihnen ein bestimmtes Gen, sich an die neuen Wetterbedingungen anzupassen. Das Gen namens TRPM8 führte aber leider auch dazu, dass die, die in die Kälte gingen, auch anfälliger für Migräne wurden.

Dieses Gen nämlich dient als Bauanleitung für einen Kälterezeptor, der es Menschen erlaubt, mit kälteren Temperaturen besser umzugehen. Demzufolge verbreitete es sich als evolutionärer Vorteil bei Menschen aus dem Norden immer häufiger. Die Forscher stellten fest, dass nur 5 Prozent der Menschen mit nigerianischen Vorfahren über diese Genvariante verfügen, jedoch 88 Prozent der Menschen mit finnischer Abstammung. Insgesamt nimmt der Anteil der Menschen mit dieser Genvariante in höheren Breitengeraden und mit kälterem Klima zu. So vermuten die Autoren der Studie, dass die Anpassung an kalte Temperaturen früherer menschlicher Populationen bis zu einem gewissen Grad bis heute beeinflusst, wie häufig Migräne aktuell in den jeweiligen Regionen vorkommt: Die Evolution bestimmt uns eben immer noch. Was vor 50 000 Jahren mit einer Wanderbewegung von Süd nach Nord begann, in deren Verlauf Menschen aus Afrika in die kälteren Breitengerade Europas und Asiens umsiedelten, fließt nun als Datenlage in das Team um den Evolutionsgenetiker Felix Key vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie ein. Auch die Evolution kennt Nebenwirkungen…

Alexandra Regner,                                                                                                    PTA/Redaktion

Quelle: Spiegel online

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