Nahaufnahme einer Schulter, auf der mit Sonnencreme ein Fragezeichen gemalt wurde.© Tatiana / iStock / Getty Images Plus
Spuren eines in der EU großteils verboten Weichmachers wurden im Urin zahlreicher Menschen nachgewiesen. Unklar ist, woher der besorgniserregende Stoff stammt. Hinweise deuten auf Sonnenschutzmittel hin.

MnHexP

GEFÄHRLICHER WEICHMACHER IN URINPROBEN – STAMMT ER AUS SONNENCREMES?

Es ist eine Detektivgeschichte: Behörden in Deutschland weisen eine gefährliche Substanz in teils jahrealten Urinproben in ungewöhnlich hoher Menge nach. Der Weichmacher MnHexP ist seit langem großteils verboten – wie kommt es zu der Belastung? Sind womöglich Sonnencremes der Auslöser?

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Das Umweltbundesamt (Uba) hat im Urin zahlreicher Menschen in Deutschland Hinweise auf einen gefährlichen Weichmacher entdeckt, der seit Jahren streng reglementiert und großteils verboten ist.  In der aktuell noch laufenden 6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit sei bislang in 28 Prozent der Proben der Metabolit MnHexP entdeckt worden, sagte Uba-Toxikologin Marika Kolossa.

MnHexP ist ein Abbauprodukt des Weichmachers Di-n-hexyl-Phthalat (DnHexP). Der fortpflanzungsschädigende Metabolit sei erstmals 2023 in Proben entdeckt worden. „So einen Stoff dürfte man nicht im Körper finden und wir finden ihn“, sagte Kolossa. 

Problem größeren Ausmaßes

Kürzlich waren Ergebnisse einer Untersuchung zu Proben in Nordrhein-Westfalen bekannt geworden. „Es ist ein Problem größeren Ausmaßes“, sagte Kolossa nun. Die Herkunft des Weichmachers ist noch nicht abschließend geklärt.

„Das ist eine richtige Detektivgeschichte. Wir suchen jetzt auf voller Ebene in Deutschland.“

Das Umweltbundesamt arbeite auch eng mit EU-Behörden zusammen, um die Quelle ausfindig zu machen. Der Metabolit sei nach Ergebnissen von Tierversuchen ein fortpflanzungsschädigender Stoff, sagte Kolossa. Er wirke vor allem auf die Fortpflanzungsorgane männlicher Föten im Mutterleib. Er könne aber auch für Erwachsene schädlich sein und das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen, was aus weiteren Tierversuchen hervorgehe.  In einzelnen Menschen seien Konzentrationen entdeckt worden, „die so hoch sind, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen ist“.

Deutlich erhöhte Werte in ganz Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen hatten Experten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) rückwirkend alte Urinproben von Kindergartenkindern untersucht. Ergebnis: Im Untersuchungszeitraum habe sich der Anteil der mit MnHeP belasteten Proben von 26 Prozent (2017/18) auf 61 Prozent (2020/21) erhöht, heißt es einer Mitteilung des Lanuv . Die Konzentration bei hochbelasteten Kindern habe sich in etwa verzehnfacht. Die Ursache dafür sei völlig unklar. 

Die Ergebnisse hingen nicht mit den Wohnorten der Kinder zusammen, sagte eine Lanuv-Sprecherin. Deutlich erhöhte Werte gebe es im ganzen Bundesland.  

Seit dem Jahr 2013 steht der Weichmacher DnHexP in der Europäischen Union auf der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe. Als Weichmacher ist dieses Phthalat in kosmetischen Mitteln, Lebensmittelkontaktmaterialien und in Spielzeug deshalb nicht mehr zugelassen. Nicht auszuschließen sei, dass er in Altlasten oder DnHexP-haltigen Importerzeugnissen stecke.

Nicht zugelassen und dennoch in Kosmetika enthalten

Da überrascht es doch sehr, dass erste Hinweise darauf, woher der Schadstoff stammen könnte, auf Sonnenschutzmittel hindeuten. „In unseren ersten, sondierenden Analysen sehen wir einen Zusammenhang zwischen der Belastung mit MnHexP und Kosmetika, darunter insbesondere Sonnenschutzmitteln“, sagte Kolossa.

Auch viele Cremes, darunter Nachtcremes, enthalten laut Kolossa Sonnenschutzmittel. „Man sollte nun aber auf gar keinen Fall auf Sonnenschutzmittel verzichten“, warnte sie zugleich. Die Krebsgefahr durch Sonnenstrahlen sei zu hoch. „Unsere Erkenntnisse reichen zu diesem Zeitpunkt nicht für eine Maßnahmenempfehlung“, sagte sie.

Spurensuche geht weiter

„Wir haben den Fragebogen in der noch laufenden 6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit so aufgesetzt, dass wir aufgrund von Hypothesen Fragen stellen“, so Kolossa. Aufgrund von Erkenntnissen zu anderen Phthalaten sei unter anderem gefragt worden: „Wie häufig benutzen Sie Sonnenschutzmittel?“ Das UBA arbeite eng mit EU-Behörden zusammen, um das Ausmaß des Problems in Europa zu erfassen und Maßnahmen zu ergreifen.  

Endergebnisse der aktuellen deutschlandweiten Studie werden für 2025 erwartet.

Quelle: dpa

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