Rheumatische Erkrankungen
MISCHKOLLAGENOSE
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Ganz überwiegend sind junge Frauen von Mischkollagenosen betroffen – rund zehnmal häufiger als Männer. Es handelt sich dabei um eine inhomogene Gruppe von Autoimmunerkrankungen, die dadurch charakterisiert ist, dass Hauptsymptome von mindestens zwei verschiedenen klassischen Kollagenosen auftreten, ohne dass deren Klassifikationskriterien erfüllt sind. Diese umfassen den systemischen Lupus erythematodes, die systemische Sklerose, die Polymyositis und die rheumatoide Arthritis. Im Labor lassen sich fast immer spezifische Autoantikörper gegen das U1 small nuclear ribonucleoprotein autoantigen (U1nRNP) nachweisen.
Weil diese aber bei anderen Erkrankungen ebenfalls vorkommen und die Symptome auch zeitlich versetzt auftreten können, kann die Diagnose eine Herausforderung darstellen. Mischkollagenosen werden nach ihrem Erstbeschreiber auch Sharp-Syndrom genannt; im Englischen werden der Begriff Mixed Connective Tissue Disease und seine Abkürzung MCTD verwendet. Auch die Bezeichnung Overlap- beziehungsweise Überlappungssyndrom findet sich, wobei aber der Gebrauch nicht immer einheitlich ist. Wie häufig Mischkollagenosen auftreten, ist nicht genau bekannt.
Ursache unbekannt Klar ist, dass es sich bei den Mischkollagenosen um Autoimmunerkrankungen handelt, bei der sich das Immunsystem irrtümlich gegen Bestandteile des eigenen Körpers richtet. Warum dies geschieht, weiß man jedoch nicht. Vermutlich existiert eine genetische Prädisposition – wenn dann gewisse weitere Faktoren dazukommen, bricht die Erkrankung aus. Da starke Sonnenstrahlung die Erkrankung auslösen oder verschlimmern kann, spielt offenbar UV-Strahlung eine Rolle. Nicht selten tritt sie erstmals nach einer Entbindung auf. Dies zusammen mit der Tatsache, dass Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer, lässt vermuten, dass weibliche Geschlechtshormone auf eine bislang unbekannte Weise beteiligt sind.
Vielfältige Symptome Meist brechen Mischkollagenosen im Alter zwischen 15 und 35 Jahren erstmals aus. Bei vielen Patienten tritt ein Raynaud-Syndrom auf, bei dem die Hände bei Kälte durch eine Durchblutungsstörung zunächst weiß und später blau werden, bevor sie sich wieder erwärmen; zum Teil können hier Nekrosen zurückbleiben. Die Hände und Finger können bei Mischkollagenosen – unabhängig von der Temperatur – auch anschwellen und schmerzen (Arthralgie, Arthritis, Wurstfinger). Eine Sklerodaktylie, also eine Verhärtung der Haut an den Fingern, kann ebenfalls vorkommen.
Möglich ist auch eine Myositis. Häufig ist eine Einschränkung der Beweglichkeit des Ösophagus zu beobachten. Mitunter treten Lupus- oder Dermatomyositis-ähnliche Hautausschläge auf. Eine Beteiligung von inneren Organen ist selten, aber möglich. Vor allem die Lunge, Niere, das Herz und der Gastrointestinaltrakt können betroffen sein. Zu den Lungenveränderungen gehören die interstitielle Lungenerkrankung und Fibrose, die zu Atemschwierigkeiten beziehungsweise einer potenziell lebensbedrohlichen pulmonalen Hypertonie führen können.
Diese stellt die Haupttodesursache bei Patienten mit Mischkollagenosen dar. Eine Nierenbeteiligung kann bis zur Niereninsuffizienz reichen. Mögliche Veränderungen am Herzen sind eine Hypertrophie sowie eine Perikarditis. Schließlich können auch Entzündungen der Nerven (Neuritis) sowie der Gefäße (Vaskulitis) auftreten. Zu den Allgemeinsymptomen bei Mischkollagenosen gehören Unwohlsein, subfebrile Temperaturen und Erschöpfung. Die Erkrankung verläuft schubförmig.
Diagnose und Therapie In die Diagnose fließen die Anamnese, die klinischen und die Laborbefunde ein. Gleichzeitig müssen die klassischen Kollagenosen sowie weitere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Bei fast allen Patienten lassen sich hohe Titer von U1nRNP-Auto-Antikörpern sowie vielfach auch weitere sogenannte ENA (extrahierte nukleäre Antigene)-Antikörper nachweisen. Die Behandlung richtet sich nach dem individuellen Krankheitsverlauf sowie nach der Schwere der Erkrankung. Sie erfolgt ähnlich wie bei den Kollagenosen, deren Symptome vorherrschen.
Im akuten Schub werden nicht-steroidale Antirheumatika sowie Glucocorticoide eingesetzt. Bei leichten Verläufen kommen nicht-steroidale Antirheumatika, Antimalariamittel oder niedrig dosierte Corticosteroide zum Einsatz. Bei moderaten bis schweren Verläufen wird die Cortisondosis entsprechend gesteigert und außerdem Immunsuppressiva eingesetzt. Daneben ist eine symptomatische Behandlung der Organbeteiligungen sowie des Raynaud-Syndroms erforderlich.
Hier empfehlen sich zur Prävention Handschuhe und warme Socken beziehungsweise Schuhe sowie gegebenenfalls eine medikamentöse Therapie mit Acetylsalicylsäure oder gefäßerweiternden Medikamenten wie Calciumantagonisten. Je nach Beschwerden können im individuellen Fall Maßnahmen wie Krankengymnastik, Ergotherapie oder physikalische Therapie sinnvoll sein. Manche Patienten benötigen auch psychosoziale Unterstützung. In schweren Fällen kann der Einsatz einer B-Zell-depletierenden Therapie mit Rituximab erwogen werden.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/17 ab Seite 100.
Dr. rer. nat. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin